laut.de-Biographie
Babyjoy
"Sie erfindet Deutschrap neu", freuen sie sich bei FM4 über Babyjoy. Ganz so weit muss man vielleicht nicht gehen. Kaum leugnen lässt sich jedoch, dass sie mit ihrer smoothen Mixtur aus Rap und Gesang dem Genre jedoch eine neue, bisher unbekannte Facette einschleift.
Genau so mühelos, wie sie R'n'B, Trap und Conscious-Hip Hop der alten Schule ineinander fließen lässt, schaltet Joy 'Babyjoy' Grant zwischen verschiedenen Sprachen hin und her. Ihre Mutter stammt aus Paris, der Vater aus New York, Joy Grant selbst wächst mit vier älteren Geschwistern in Berlin-Schöneberg auf. Deutsch, Französisch und Englisch spricht sie entsprechend gleichermaßen fließend.
Durchaus möglich also, dass sie auch innerhalb eines Songs die Sprache wechselt. Das passiert allerdings mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass man es zunächst zuweilen gar nicht merkt. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich: Sobald es emotional tiefer geht, dominiert das Französische:
"Tatsächlich glaube ich, passiert das ein bisschen unterbewusst", erklärt sie gegenüber FM4. Man könne sich in der französischen Sprache besser verstecken, weil die eben nicht allen geläufig sei. "Dazu muss man aber auch sagen, dass im Deutschen Dinge relativ schnell corny oder kitschig klingen. Im Französischen kannst du Sachen schreiben, die superkitschig sind, aber es klingt nicht kitschig, sondern irgendwie schön."
Der angenehme Klang sollte jedoch keinesfalls über die Schwere von Babyjoys Themen hinwegtäuschen. Sie verarbeitet in ihren Songs unter anderem den frühen Tod ihres Vaters sowie ihre Erfahrungen mit Rassismus und Ausgrenzung. "Ich weiß nicht, inwiefern ich das immer zum Thema machen will", sagt sie selbst dazu: "Aber ich bin ja eine Schwarze Frau. Das heißt, es wird zwangsläufig zum Thema, weil das zu ignorieren, geht ja auch nicht." Sie wolle ein Bewusstsein für die Nachteile schaffen, mit denen sich Minderheiten in einem strukturell rassistischen System Tag für Tag konfrontiert sehen. Unangenehme Erfahrungen, die auch ihr eigenes mentales Gleichgewicht stark ins Wanken gebracht haben.
Als ihr Vater stirbt, ist Joy gerade 13 Jahre alt, das Verhältnis zur Mutter bezeichnet sie als "brüchig". Familiären Rückhalt findet Babyjoy bei ihren Geschwistern. Insbesondere ihr Bruder Pablo, unter dem Namen Dead Dawg bei der Rap-Formation BHZ involviert, steht ihr sehr nahe und beeinflusst auch ihren musikalischen Werdegang.
Schon als Kind spielt Joy Klavier, erste eigene Songs schreibt sie aber erst mit 18. Den allerersten, "Fancy You", produziert ihr gleich KazOnDaBeat, den sie via Instagram kennengelernt hat. Aus dem Austausch von Nachrichten entspinnt sich bald eine jahrelang andauernde Zusammenarbeit.
Als Babyjoy irgendwann in Erwägung zieht, einen Song zu veröffentlichen, rät ihr ihr Bruder, doch gleich eine EP draus zu machen: Mit "Troubadour" setzen Babyjoy und KazOnDaBeat 2021 eine erste Duftmarke. Die kommt gut an. In der Folge kooperiert Babyjoy zum Beispiel mit Ahzumjot, Badchieff und - natürlich - immer wieder mit BHZ.
Ein Jazz-Studium hat Joy inzwischen aufgenommen und gleich wieder an den Nagel gehängt. Statt dessen entdeckt sie ihr Talent vor der Kamera, sammelt erste Erfahrungen als Darstellerin und beginnt eine Ausbildung an einer Schauspielschule.
Der Musik bleibt Babyjoy aber trotzdem treu, auch wenn sie ihre Fans auf ihr Debüt in voller Länge weiterhin warten lässt. Statt eines Albums veröffentlicht sie im Sommer 2022 erneut eine EP, "Ophelia". Auch diese produziert KazOnDaBeat, auch diesmal stecken in den Texten wieder private Gedanken und Gefühle.
Musik benutze sie "wie ein Tagebuch", so Babyjoy. Ganz so melancholisch, wie das zuweilen klingt, gerät es am Ende aber doch nicht. Immerhin heißt sie immer noch Joy, und ihre Motivation ist die beste, die man sich vorstellen kann: "Ich mach' Musik, weils mir Spaß macht", sagt sie, "und weil ichs kann."
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