laut.de-Biographie
Raekwon
"That get on the mic then, throw your cliche / Half the east coast soundin' just like Rae / If you a Gambino give credit to the flow / If you not a part of this kid act like you know."
Wu-Tang-Role Player Cappadonna fasst es 1997 auf dem Clan-Track "Little Ghetto Boys" zusammen: Raekwon ist der Erfinder der Mafioso-Styles. Ein "Wu-Gambino", benannt nach der berühmt-berüchtigten Crime-Family aus New York.
Sein Debüt "Only Built 4 Cuban Linx" von 1995 macht Gangsta-Synonyme hoffähig. Raekwon ist Lex Diamond, eine ehemalige New Yorker Verbecherlegende. Irv Gotti, Capone, Nas Escobar und Frank White (Notorious B.I.G.) folgen seinem Beispiel.
Raekwon, der mit bürgerlichen Namen Corey Woods heißt und am 11. Januar 1968 in Staten Island in New York geboren wird, tritt mit dem Ghostface Killah-Duett "Can It All Be Simple" vom legendären Clan-Debüt "Enter The Wu-Tang (36 Chambers)" aus dem Schatten des Wu-Verbundes. Ghostface wird im Laufe der Jahre zu Raekwons Partner Nummer eins. Eine Zusammenarbeit, die Jay-Z zur Zeile "Me and Missy be the new tag team. Whoomp! There it is. We like, Rae and Ghost, A.G. and Showbiz" auf Missy Elliotts "Back In The Day" veranlasst. Nach Method Man und Ol' Dirty Bastard droppt Rae als dritter Shaolin-Emcee sein Soloalbum, wo er auf fast jedem Song Homie Ghostface als Gast begrüßt.
Raes Platin-Erstling bringt jedoch nicht nur das Drogenmilieu ins Rap-Game, es gilt zudem dank seinem slangbehafteten Storytelling und RZAs bildhaften Beats als eines der besten Hip Hop-Alben ever.
Method Man erklärt Raekwons Liebe zum umstrittenen Thema: "Er rappt eben über das, was er damals erlebt hat. Ghetto-Nigga sind ja keine Unschuldslämmer." "Only Built 4 ..." stellt die Geschichten jedoch nicht platt und prollig, sondern auf kunstvolle, greifbare Weise dar, einer Ästhetik ähnelnd, die der auf diesem Album oft gesamplete Regisseur John Woo seinen Gewalt-Filmen verleiht.
Diese Ästhetik steht ganz im Gegensatz zu Thug-Rappern wie 50 Cent, der mit seinen Gangsta-Lyrics und der Hardcore-Attitüde nur provozieren und schockieren will. Mit dem Rap-Superstar des jungen Jahrtausends gerät Raekwon dann auch aneinander. 50 Cent disst (oder verarscht) in seinem 2000er Rundumschlag "How To Rob A Industry Nigga" unter anderem Raekwon: "I hit the studios take shit and leave. Catch Rae, Ghost and RZA for them funny ass rings."
Raekwon schlägt daraufhin etwas dünnhäutig und humorlos im "Clyde Smith Skit" von Ghostfaces "Supreme Clientel"-Album in Spoken Word-Manier zurück: "Straight up, yo that nigga 50 Cent? That's yo, I don't even know why he try to do that little dumb ass shit. Right there. But I'mma tell you somethin. You could say all them other niggas name. But niggas, niggas gon see them based on that big daddy. I know why they ain't bark on you. Cuz they ain't try to let your new broke ass trying to come out in the game. And act like they lettin you live off they scruff. Okay, you ain't even that big, dick, and if I see you up in here I'mma have about 500 wolves on you. You just fucked up, you fucked up bad. I don't even know man. Matter fact, I'mma kick you in ya ass and all that shit. Faggot ass nigga."
Dem folgen kleinere Scharmützel und Freestyle-Disses von beiden Seiten ("Staten Island", "Message From Ghost" und "Who's 50 Cent"). Da jedoch niemand ein zweites, tödliches 2Pac/Biggie-Desaster veranstalten möchte, widmen sich alle Beteiligten dann doch lieber der eigenen Karriere. Der Beef verläuft im Sande.
Rae füllt seinen Spitznamen "The Chef" mit Leben, indem er in Staten Island zwei China-Restaurants eröffnet, und veröffentlicht 1999 sein zweites Solowerk "Immobilarity". Trotz 500.000 verkaufter Einheiten gilt das Album ohne Ghostface oder RZA als Enttäuschung. Seine Nachwuchs-Leute vom American Cream Team können dem Clan natürlich nicht das Wasser reichen. Rae überzeugt aber mit Features bei Fat Joe, Mobb Deep, Outkast, Tash, Cocoa Brovaz und Slick Rick und verankert seinen Namen fest im Rapgame.
Im gleichen Jahr debütiert Raekwon im Indie-Film "Black And White", ohne jedoch ernsthaft über eine Laufbahn als Schauspieler nachzudenken. Er kündigt dagegen an, in einigen Jahren vom aktiven Rappen Abstand zu nehmen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends stehen aber noch die Clan-Alben "The W (2001)" und "Iron Flag (2002)" im Vordergrund.
Danach bekommt ein alter Streit im Zuge der 50 Cent/Ja Rule-Fehde neue Nahrung. Rae steht dank alter Drogenverbindungen in engem Kontakt mit der von Fifty attackierten Murder Inc-Posse. Dem Wu-Tanger stinken zudem (genau wie beispielsweise Scarface, Fat Joe und David Banner) 50 Cents Nähkästchenplaudereien über reale Drogengeschäfte und über andere geheime Aktivitäten von Rappern. Auch, wenn er keine körperliche Gewalt anwendet wie Murder Inc, kann er sich auf seinem dritten Soloalbum "The Lex Diamond Story" kleinere Sticheleien gegen den G-Unit-Rapstar nicht verkneifen.
So zielt er in "Clientele Kidd" geradewegs auf 50 Cents kugelsichere Weste. Gast und Irv Gotti-Freund Fat Joe tut sich da besonders hervor: "Nigga get down lay down. We don't play around. I dunno what ya heard but we don't play around. Its the cook coke you. Look broke what the fuck happened. How you leave the dope game to pursue rappen. Already known that your shit was trash." Wenn ein ganz böser Ghostface am Ende die Kinder seines Feindes schlachten geht ("Watch me on the couch having fun with his kids"), sollte jeder wissen: "So now ya words hurt more."
Das Album weist wieder keine RZA-Beteiligung auf, dafür dürfen sich Ice Water Inc präsentieren. Der mit Tori Spellings Bruder gegründeten Firma gehören die Nachwuchs-Rapper Polite, Problem Child, Cigzra und Stumik an, die jedoch wie das alte American Cream Team nicht sonderlich talentiert sind. Folglich erntet die "Lex Diamond Story" zwar gute Kritiken, gerät aber kommerziell ins Hintertreffen. Ein 50 Cent verkauft eben mittlerweile das Zwanzigfache von Raekwon.
Ein "Only Built 4 Cuban Linx" hat Fifty trotzdem noch nicht auf seinem Klassiker-Konto. Deswegen spricht die Straße im Sommer 2006 auch eher von der nahenden Veröffentlichung eines "Cuban Linx"-Nachforgers als von dem dritten Teil im Stile "Get Rich Or Die Tryin'" oder "The Massacre". Chef Raekwon hält jedenfalls den Buzz auf den Straßen am Köcheln, besonders mit seinen Auftritten auf Ghostface Killahs "Fishscale".
Die Gerüchteküche brodelt dann auch ganz schön lange, bis die heiß erwartete Fortsetzung nicht nur fertig gestellt, sondern auch veröffentlicht wird. Raekwon wechselt zu Dr. Dres Aftermath Entertainment, wenig später zum Major EMI. Satte 14 Jahre nach seinem Debüt legt er im September 2009 "Only Built 4 Cuban Linx 2" vor, das sich im langen Schatten seines Vorgängers durchaus behauptet. Schützenhilfe kommt selbstredend von Ghostface und den übrigen Wu-Kollegen sowie einer wahren Flut von Produzenten.
Bei Raekwon wollen die guten Dinge aber gerne einmal Weile haben: Sein Projekt "Shaolin Vs. Wu-Tang", quasi ein Wu-Album ohne Beteiligung des RZAs, schwirrt seit 2007 durch die Gespräche, erscheint dann tatsächlich auch schon 2011. Zwischendurch ließ er sich unter anderem von seiner Kollaboration mit Method Man und Ghostface ablenken, mit einem Ergebnis, das seinen Titel "Wu Massacre" mit voller Berechtigung trägt.
Der EP "Lost Jewelry" von 2013, die unter anderem Gastauftritte von Maino und Freddie Gibbs birgt, folgt zwei Jahre später mit "F.I.L.A." ein Album, das zur Abwechslung einmal auf ein recht gespaltenes Echo trifft. Manch einer nimmt Raekwon die Hinwendung zu opulenterem, wenn man so will "modernerem" Sound nicht ganz ab. "The Wild" dürfte all diese Kritiker dann wieder einigermaßen versöhnen. Raekwon besinnt sich hier wieder voll und ganz auf seine Stärken.
Das Rap-Rad wird Raekwon zwar wohl nicht mehr neu erfinden. Doch warum sollte er auch? Wenn er anrichtet, steht immer noch felsenfest, wer der Chef in der Wu-Tang-Küche ist.
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