laut.de-Biographie
DJ Seinfeld
2016 sorgt die Lo-Fi House-Bewegung für gehörigen Wirbel in der elektronischen Musik. Newcomer mit obskuren Namen wie DJ Boring, Ross From Friends oder DJ Longdick fluten YouTube mit unzähligen Tracks aus blechernen, provokant unsauber klingenden Beatgerüsten, ausufernden Flächen und melancholisch-nachdenklichen Sprachsamples und stoßen damit auf ebenso viel Zuspruch wie Ablehnung.
Zum Inventar zählen Beobachter auch den Schweden DJ Seinfeld, der mit dem emotionsgeschwängerten Hit "U" den Durchbruch schafft. Die Klickzahlen schnellen innerhalb kürzester Zeit in den sechsstelligen Bereich. Der Hype kennt keine Grenzen.
Wie Armand Jakobsson, so DJ Seinfelds bürgerlicher Name, gegenüber der Groove aber offenbart, zielte sein Alias keineswegs darauf ab, die Lo-Fi House-Welle zu reiten: "Vor einem Jahr (2016, Anm. d. Red.) gab es diese riesige Kontroverse und viele Anti-Lo-Fi-Artikel. Ich erinnere mich daran, dass sie auf mich und DJ Boring und Ross From Friends zukamen. In meinen Ohren machen wir alle sehr verschiedene Musik und wurden nur als Lo-Fi-Producer abgetan. Der Name DJ Seinfeld kam nach einer Trennung zustande, die ich nicht gut verkraftet habe, weshalb ich mich in mein Zimmer zurückzog und jede Menge Seinfeld guckte. Ich nahm eine Pause vom Musikmachen, und als ich wieder anfing, wollte ich nur ein bisschen Spaß haben, nichts ernst nehmen außer der Musik. Warum es also nicht DJ Seinfeld nennen?"
Gewollt abstrus wählt Jakobsson seinen Namen also nicht - im Gegenteil. Apropos: Neben dem Seinfeld-Projekt produziert er als Rimbaudian und Birds Of Sweden. Die Musik, die dabei entsteht, lässt sich nicht zwingend nach den einzelnen Projekten trennen. Vorrangig handelt es sich dabei um bedachten House mit Hang zu großen Gefühlen und zum Unperfekten gleichermaßen, allerdings finden sich immer wieder, besonders als Birds Of Sweden, Abstecher in Jungle- und Breakbeat-Gefilde.
Die Diskrepanz zwischen seinem ironisch klingenden DJ-Namen und der oftmals schwermütigen, ernsten Stimmung in seinen Tracks, etwa auf seinem Debütalbum "Time Spent Away From U" von 2017, das die bereits angesprochene Trennung wiederholt aufgreift, stört Jakobsson keineswegs:
"Ich weiß, dass das einen komischen Kontrast aufmacht, einen witzigen DJ-Namen zu haben und dann tiefschürfende und emotionale Titel zu verwenden, aber für mich fühlte sich das einfach richtig an und ich wollte nicht allzu sehr darüber nachdenken. Sondern nur nach meinem Bauchgefühl gehen."
Dieses dient ihm auch bei seinen immer zahlreicher werdenden DJ-Sets, die das Publikum überaus positiv aufnimmt und dafür sorgen, dass sich Jakobsson nach und nach vom fälschlicherweise aufgeklebten Lo-Fi-Etikett emanzipiert. In den Monaten nach dem Album-Release spielt er auf diversen renommierten Festivals, etwa auf dem sagenumwobenen Sleepless Floor des Melt. Außerdem erscheint im Juli 2018 sein Beitrag zur legendären DJ Kicks-Serie von K7-Records.
DJ Seinfeld gibt sich trotzdem bescheiden und betrachtet sich weiterhin als ständig Lernender, was angesichts des bereits Erreichten einer gewissen Komik nicht entbehrt: "Ich möchte wirklich gerne ein richtig guter DJ werden (...) Es macht irre viel Spaß, aufzulegen, aber es ist auch etwas, das ich meistern möchte (...). Ich fühle mich zwar wohl damit im Moment, aber ich denke, dass du dich umso freier fühlst, je besser du bist."