Favorite & Jason - " Rappen Kann Tödlich Sein"

Da ist sie also: Favorite, des Ruhrpotts neueste Geheimwaffe, frisch aus dem Schmiedeofen von Flipstars Label Selfmade Records. Das erste Lebenszeichen des Jungen auf "Schwarzes Gold" ging derart gut nach vorne, dass die Erwartung recht hoch ist. Auch "Aim Aufs Biz" von Partner Jason hinterließ, mit Ausnahme des Titels, einen guten Eindruck.

Man bleibt unter sich. Featuregast Nelson fungiert als Ruhrpott-Pendant zu J-Luv, Lakman ist Flipstars Partner bei Creutzfeld Und Jakob. Unter dem Pseudonym Shawn Geil wirft er seinen Style komplett über den Haufen. Keine minutenlangen, anstrengenden Wortsalven, sondern ungewohnt sauber im Rhythmus fließend. Mehr davon! Für die Beats ist Labelproduzent Rizbo verantwortlich, auf dessen Konto unter anderem auch die Bushido-Single "Endgegner" geht.

Um so erstaunlicher, dass der Ex-Aggro gleich in mehreren Tracks subtil gedisst wird. Über den direkten Bezug der Zeile "du hast recht, wenn du sagst, dass du nie ein Rapper warst" lässt sich vielleicht noch streiten, bei "komm in deiner Cordon Sport, ich mach' aus dir ein Cordon Bleu" liegt der Fall schon eindeutiger. Auch seine früheren Kollegen kriegen ihre Sticheleien ab. Jason scheißt auf die Neue Deutsche Welle und kommt mit dem Surfbrett, schmeißt statt Fuffies gleich Granaten durch den Club, denn er braucht auch keine Maske, um am Türsteher vorbeizukommen.

Gut gebrüllt. Aber hinter der "großen Fresse und langem Schwanz, als wäre ich ein Tiger" fahren die zwei Rapper auch weniger plakative, jedoch ungleich überzeugendere Geschütze auf: Sie verbinden ordentliche Technik und einen Flow, der Spaß macht, mit perfektem Zusammenspiel. Wo beispielsweise bei den Beginnern der extreme Unterschied zwischen den MCs die Suppe würzt, sorgt gerade die Ähnlichkeit im Style bei Jason und Favorite für einen homogenen Anstrich.

Auch textlich nehmen sich die beiden nicht viel. Als Themen hätten wir da Sex, Gewalt, Sex, Drogen, und Sex. Das erinnert in mehr als einer Hinsicht an Großmeister Savas vor fünf Jahren: Ebenso wie dieser lassen die Newcomer sich von Nebensächlichkeiten wie Political Correctness nicht beeindrucken. Sie grasen den gesamte Wortschatz der deutschen Sprache, speziell im Fäkalbereich, gewissenhaft ab. So weit, so gewöhnlich, doch es gibt einen Unterschied zur x-beliebigen Hip Hop-Kapelle der Jetztzeit: Die beiden nehmen es mit Humor. Sie versuchen nicht ernsthaft, sich als die härtesten Blümchen im Rapgarten zu verkaufen, sondern verarschen mit ihren Texten gekonnt augenzwinkernd die ganze Szene. Komisch, aber wahr: Übertriebenes Übertreiben überzeugt.

Einem richtig realen Ruhrpott-Rapper darf man so etwas vermutlich gar nicht sagen, will man Drive-By Shootings vermeiden. "Ganz Normaler Tag" ähnelt doch verdammt den Raps eines Eko Fresh zu goldenen Optik-Zeiten. Und das ist sicher nicht negativ gemeint: Auf keinsten, sozusagen. Die beiden Rapper befinden sich auf einem guten Weg. Für ein Debütalbum ist "Rappen Kann Tödlich Sein" nicht nur technisch on top, sondern auch ziemlich vielseitig. Zumal mit Rizbo ein Produzent am Start ist, der nicht nur die staubtrockene Schiene eines Ilan ordentlich mitfährt, sondern auch jugoslawische Folklore gekonnt verwurstet, wie in einem plötzlichen Anfall von Genialität Europes "Carrie".