13. Januar 2012

"Ein mittelmäßiges Album braucht niemand!"

Interview geführt von

Beim Bier plauschen die Heartbreak Engines über Zeitmanagement, Zukunftspläne, den Bau eines eigenen Studios und das ewige Problem, den Live-Sound auf CD zu bannen.Im September 2007 kam mit "One Hour Hero" das letzte Heartbreak Engines-Album auf dem Markt. Dank kaum vorhandener Werbung und ausbleibender Unterstützung seitens des Labels war mit der Band nach wenigen Gigs allerdings erst einmal Schicht im Schacht.

Basser Grischa war zu der Zeit bereits als Mitglied von Demented Are Go eifrig unterwegs. Daniel Flamm zog eine Zeit lang als Gitarrist mit der Creepshow-Sängerin Sarah Blackwood durch die Lande, und Sänger Lou und Gitarrist Syd bastelten kurze Zeit später unter der Aufsicht von Drummer Rocco in dessen Heimstudio am Debüt ihrer neuen Band Death Of A Demon. Lange Zeit deutete nichts darauf hin, dass man von den Engines so bald wieder etwas hören würde.

Doch dann gab es doch wieder den ein oder anderen Gig, zum Teil sogar in Finnland. Auf einmal schließen die Ruhrpottler ein weiteres Album zumindest nicht mehr kategorisch aus. Was liegt also näher, als einen Besuch in Essen dazu zu nutzen, sich mit Daniel, Syd und Lou auf ein Bierchen zu verabreden. Auch Drummer Rocco kommt zum gemütlichen Stelldichein dazu gehumpelt. Der Mann hat sich beim Bau eines neuen Studios den Rücken ruiniert und fühlt sich vermutlich so, wie ich tagsüber aussehe. Dennoch genießen alle das sonnige Wetter im Biergarten eines Irish Pubs und man quatscht locker über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Die Herren, als ich letztes Jahr wegen eigener Studioarbeiten gerade in Essen war, bin ich durch Zufall über euch gestolpert, wie ihr im Panic Room einen Gig abgerissen habt. Wie kam es dazu - und warum wusste ich nichts davon?

Lou: Weil das eine sehr kurzfristige Sache war. Wir haben das eigentlich nur gemacht, um dem Laden ein wenig zu helfen. Dem ging es zu der Zeit finanziell nicht sonderlich gut und wir wurden gefragt, ob wir nicht eine Show spielen würden, um ein paar Leute mobil zu machen. Da das ein echt cooler Club ist und wir da auch schon viel und oft abgehangen sind, war das natürlich Ehrensache.

Rocco: Wir kennen den Besitzer sehr gut und haben das quasi als Gefallen getan, da wir im Ruhrpott doch noch einige Leute ziehen. Ein bisschen später haben wir im Nord Open Air nochmal gespielt. Dann kamen halt immer wieder ein, zwei Sachen noch dazu. Auch die Show in Finnland. Jede einzelne Show war eben der Oberhammer, vor allem von Seiten des Publikums. Und da wir alle zusammen doch immer noch einen Riesenspaß haben, kommt man dann schon ein bisschen ins Grübeln. Zumal wir die Band damals ja nicht auf Eis gelegt haben, weil wir uns nicht mehr verstanden hätten, sondern einzig und allein deswegen, weil es eben nirgendwo hin geführt hat. Uns ging das alles einfach zu sehr auf den Sack. Dann geht dir auch der Spaß an der Musik und der Band flöten.

Syd: Einfach ohne Druck und Verpflichtungen drauflos zu spielen, das ist schon 'ne feine Sache. Die Songs sind ja da und nach wie vor auch gut, da kann man schon mal ein paar Shows spielen, wenn die Anfrage da ist und wir nicht noch oben drauf zahlen müssen. Dafür haben wir ja alles jetzt unsere anderen Projekte (alle lachen). Es ist ein bisschen kompliziert. Wir sind uns eigentlich alle darüber einig, dass in Sachen Heartbreak Engines noch nicht alles gesagt ist und auch, dass wir gern ein neues Album machen würden. Aber die Problematik ist nach wie vor die gleiche, wenn nicht noch schlimmer. Wo kommt es raus, wer zahlt dafür, wie können wir auf Tour gehen? Lässt sich das noch mit den anderen Projekten vereinbaren, mit dem Job, der Familie? Wo fängt man da an?

Lou: Syd und ich sind ja beides Sozialarbeiter und haben damit einen sehr zeitintensiven Job. Freizeit ist für uns mittlerweile so kostbar wie nie zuvor. Entsprechend muss man auch schauen, wie viel Energie man wo reinsteckt. Das Songwriting ist ja gar nicht mal so das Problem, es ist viel eher eine Zeitfrage und wie man das alles unter einen Hut bringen kann. Bei fünf Individuen ist das heute noch problematischer als früher. Schon allein, was die Proben angeht. Zumal Dan und Grischa mittlerweile allein von ihrer Musik leben müssen. Da rangieren die Engines eben nicht mehr an erster Stelle.

Syd: Das ist absolut richtig. Wenn, dann wollen wir das auch richtig machen und nochmal richtig Gas geben. Ein mittelmäßiges Album braucht niemand. Das muss dann schon richtig ballern.

"Braucht die Welt ein neues Heartbreak Engines-Album?"

Wie wärs denn mit 'nem Doppelalbum, auf dem ihr die besten Songs der ersten Alben einfach nochmal neu einspielt und abmischt?

Rocco: Die Idee war tatsächlich schon mal im Raum, jetzt wo Dan und ich – und die anderen eigentlich auch – gerade an einem Studio bauen. Da ist dann aber auch noch die ärgerliche Frage mit den Songrechten zu klären. Aber Tatsache ist nun mal, dass wir schon 1000 mal gelesen haben, dass wir live deutlich besser klingen würden als auf CD. Super Songs, aber der Sound auf CD – naja. Und im Grunde genommen haben die Leute ja auch Recht.

Das Gefühl hatte ich auch schon, aber ich denke es ist wohl auch nicht so einfach, die Gitarren wirklich fett braten zu lassen und dennoch den Kontrabass entsprechend in Szene zu setzen.

Syd: Das ist in der Tat ein Problem, aber nichts, was sich nicht zumindest deutlich verbessern ließe. Gerade Love Murder Blues leidet sehr unter dem mittelmäßigen Gitarrensound. Auch die Drums klingen nicht optimal. Ist halt die Frage, wie wir das heute nochmal reproduzieren könnten. Nimm doch nur dieses Anthrax-Album [er meint "The Greater Of Two Evils". d. Red.]. Das hat für mich irgendwie nicht so funktioniert, obwohl es an sich ja besser gemacht wurde. Wir haben das Thema auch noch nicht endgültig abgehakt. Auch ein paar Akustikversionen von einzelnen Songs, das wäre mal eine Idee. Es muss halt einfach passen, aber quasi als Comeback-Album wollen wir schon neue Songs am Start haben. Den anderen Kram kann man eher zwischenschieben oder dann als Download auf die Homepage knallen. Der Status Quo in Sachen neues Album ist im Grunde der: Wir hätten alle Bock, aber weiter sind wir noch nicht (lacht).

Lou: Bevor das in irgendeiner Form in einen Krampf ausartet und wir uns was abbrechen, lassen wir es aber bleiben. Wir sind ja in keiner Weise in irgendeinem Zugzwang, das ist quasi der Vorteil von unserer Erfolglosigkeit. Wenn wir nicht hundertprozentig mit dem Material zufrieden sind und es die vorherigen Scheiben nicht in den Schatten stellt, dann braucht das kein Mensch. Ist ja eh die Frage, ob die Welt noch ein neues Heartbreak Engines-Album braucht.

Hm, das halte ich für 'ne sinnlose Frage. Das kann man sich bei jeder Band und bei jeder Musikrichtung fragen. Die Frage muss eher lauten, ob ihr noch Bock auf ein Album habt und dass ihr das Gefühl habt, dass ihr noch was zu sagen habt.

Rocco: Das denke ich eigentlich auch. Als Kriterium sollte man das nicht nehmen. Wir müssen uns primär erst mal selbst damit zufrieden stellen. Das wird schon schwer genug, glaub' mir. Wirklich zufrieden waren wir mit den bisherigen Alben nämlich nie, gerade in Sachen Sound. Aber man muss da halt immer Kompromisse eingehen, die wir mit dem eigenen Studio jetzt außen vor lassen könnten. Die perfekte Mischung wäre die Rohheit des ersten, die Qualität der Songs von der zweiten und die Eingängigkeit des dritten Albums. Das hat bislang nie auf einem Album stattgefunden und deswegen sind wir auch so dahinter her, eine vierte Scheibe zu machen.

"Ich hab' keine Band, nur 'nen Band-Scheibenvorfall."

Okay, da ist also noch nichts wirklich sicher. Kommen wir also mal zu den Fakten: Danny, was machst du denn jetzt alles?

Daniel: Hallo, mein Name ist Daniel Flamm, ich bin 25 Jahre alt …

… und spielst gern im Schatten mit Muttis alten Kleidern.

Daniel: … (alle lachen) … Ja, genau. Neben den Heartbreaks spiel' ich noch bei Ski's Country Trash und bei den Frantic Flintstones aus Berlin, wo ich gerade mit beiden Bands Alben vorproduziere und aufnehme - und den Stress tu' ich mir nie wieder an! Das war die letzten vier Wochen der absolute Horror. Das ging nur von Essen nach Nürnberg, von Nürnberg kurz nach Essen, Klamotten wechseln, dann nach Berlin, und alles wieder umgekehrt. Im November hab' ich dann endlich mal 'ne Pause und werd' dann irgendwo hinfahren, wo es warm ist. Mallorca oder so.

Jaaa, da isses im November mindestens 40 Grad im Schatten! Fahr' doch nach Wanne-Eickel, da isses im November auch sehr sonnig.

Daniel: Dann eben Marokko oder was in der Art. Auf jeden Fall gibt es im Januar und Februar zwei Veröffentlichungen von und mit mir. Dann bin ich entsprechend auch wieder viel live unterwegs. Bis dahin haben der Rocco und ich dann auch unser Studio fertig. Damit wollen wir dann ja auch andere Bands produzieren.

Wie sieht es bei euch aus, Syd und Lou? Was steht bei Death Of A Demon an?

Syd: Ja, mit Death Of A Demon geht es auf jeden Fall weiter, da wird es mit Sicherheit ein zweites Album geben. Im Moment sammeln wir noch Ideen, aber wir kommen ganz gut voran. Es wird vermutlich noch härter als das erste Album sein und mehr in Richtung Metal gehen. Die Band passt gut zusammen, auch wenn der Jan leider schon wieder aus Zeitgründen ausgeschieden ist und wir nur noch zu viert sind. Momentan sind wir auf Proberaumsuche, aber es arbeitet auch jeder für sich schon an neuen Songs.

Ist bei Death Of A Demon die Labelfrage denn geklärt? Wird das zweite Album auch bei Fiendforce Records erscheinen?

Lou: Puh, das weiß ich auch nicht. Wir haben ein sehr lockeres Verhältnis mit Fiendforce und haben dort auch alle Freiheiten, was im Umkehrschluss auch heißt, dass sie zwar die Option auf ein zweites Album haben, aber natürlich auch ablehnen können. Wir machen letztendlich ja keinen Horrorpunk und auf der nächsten Scheibe noch viel weniger. Auf "Doomsday Euphoria" gab es ein paar Danzig-Anleihen. Wie das auf dem nächsten Album aussieht, muss man sehen. Die Songs werden vom Tempo her auf jeden Fall schneller, und wie Syd schon sagte, auch härter werden. Ob sich Fiendforce für die Scheibe dann auch begeistern können, wird man dann sehen. Da wir aber dann bei Rocco und Danny im Studio aufnehmen werden, wird das ja eh 'ne halbe Heartbreak Engines-Produktion (lacht). Außerdem holen wir dich ja noch für ein paar Backing Vocals dazu, das war ja schon abgesprochen.

So, Rocco, dann schieß mal los.

Rocco: Ich hab' keine Band, nur 'nen Band-Scheibenvorfall …

Brüller!

Rocco: Ja, gebrüllt hab ich da auch schon vor Schmerzen. Ich hab zwar bei 'ner Deutsch Rock-Combo mal ausgeholfen, was auch Spaß gemacht hat, aber das hatte nicht so wirklich das Identifizierungspotenzial, um mich langfristig zu begeistern. Das ging mir musikalisch einfach zu sehr in die Onkelz-Ecke. Mit dem Sound konnte ich noch nie was anfangen. Dabei waren die Texte von dem Sänger etwa 1000 mal besser und hatten auch 'ne korrekte Aussage, aber musikalisch war das einfach nicht meine Welt. Von daher konzentriere ich mich im Moment eigentlich nur darauf, dieses Studio endlich fertig zu bauen, um mit den Engines, Death Of A Demon oder eben auch ein paar Sachen, die Danny und ich zusammen basteln, entsprechend aufzunehmen und zu produzieren. Das wird dann Proberaum und Studio in einem, was die Wege und die Zeit natürlich extrem verkürzt. An dem Bau bin ich mittlerweile seit Mai dran. Das ist halt sehr anstrengend und sehr, sehr viel Arbeit. Und jetzt kommt noch der Bandscheibenvorfall dazu, das macht es natürlich nicht besser.
Aber bis Ende des Jahres wird dann alles fertig sein. Durch die guten Connections von Danny hoffen wir dann, auch ein paar andere Bands zu uns ins Studio zu holen, mit denen wir arbeiten können.

Okay, und was ist mit Grischa?

Lou: Den haben wir quasi freigestellt. Der kann und soll auch mit Demented Are Go machen, was er kann und muss. Da hat er mittlerweile ja auch administrative und operative Tätigkeiten übernommen, sprich: Ohne den Grischa würde der Laden wahrscheinlich gar nicht mehr laufen. Gerade was das Organisatorische angeht, lief Demented Are Go bisher noch nie so gut. Deswegen würden wir vom Grischa jetzt auch nie verlangen, dass er uns da gefälligst zur Verfügung zu stehen hat, wenn wir mit den Engines was machen wollen. Das würden wir einfach alles zu viert vorbereite und vorproduzieren und lassen Grischa dann immer wieder seinen Senf dazu abgeben. Die Grundstrukturen können wir ja definitiv ohne ihn machen. Wenn es aber ein Echtes Heartbreak Engines-Album geben soll, muss Grischa natürlich mit dabei sein.

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