laut.de-Biographie
Judy Collins
Sie hat die bekanntesten blauen Augen der Musikgeschichte, die sie auf den Covern fast all ihrer 29 Alben (Stand 2022) in Szene setzt. Doch ist es vor allem ihre Stimme, die Judy Collins zu einer der bekanntesten Musikerinnen ihrer Generation macht.
1939 in Seattle geboren, zieht sie mit 10 Jahren nach Denver, Colorado. Schon früh zeigt sich ihre musikalische Begabung: Mit 13 spielt Judy in der Öffentlichkeit Mozarts 10. Klavierkonzert. Zum Bedauern ihrer Lehrerin, der Pianistin und Dirigentin Antonia Brico, greift Collins bald aber lieber zur Gitarre und singt traditionelle Stücke. Collins entschuldigt sich später auf ihre Art - 1974 ist sie an der Dokumentation "Antonia: A Portrait Of the Woman" beteiligt, die eine Oscar-Nominierung erhält.
Zu Beginn der 1960er Jahre zieht Collins nach New York und schließt sich der wachsenden Singer/Songwriter-Szene im Greenwich Village an. Sie ist eine der Ersten, die einen Vertrag erhält, 1961 erscheint bei Elektra das erste Album "A Maid Of Constant Sorrow". Ihre Karriere entwickelt sich parallel zu der von Joan Baez. Beide besitzen mächtige Stimmen, beide sind politisch engagiert, beide interpretieren im Wesentlichen Lieder anderer Künstler. Dabei zeigt Collins ein gutes Gespür für neues Material. Leonard Cohen ist zwar schon ein bekannter Dichter und Schriftsteller, doch ist Collins die Erste, die ein Stück von ihm auf Tape bannt, "Suzanne" (1966). Sie nimmt ihn auch mit aufs Newport Folk Festival, wo Columbia auf ihn aufmerksam wird und Cohen unter Vertrag nimmt.
Ihren größten Hit in den 1960er Jahren feiert Collins jedoch mit "Both Sides Now", einem frühen Stück der noch kaum bekannten Joni Mitchell, eine Singleauskopplung aus "Wildflowers" (1967), Collins' bekanntestem Album, neben weiteren Liedern von Mitchell und Cohen finden sich auch erste eigene Stücke. Cohen soll sie ermutigt haben, es doch mal selbst zu versuchen. Und gleich der erste Wurf, "Since You Asked", wird zum Klassiker.
Zu diesen Zeitpunkt ist sie mit dem Singer/Songwriter Stephen Stills liiert, der über ihre stürmische Beziehung "Suite: Judy Blue Eyes" schreibt, das auf dem ersten Album mit David Crosby und Graham Nash erscheint, später auch im Film über das Woodstock-Festival. "The legendary blue eyes", frotzelt Joan Baez, als sie Collins 2015 bei ihrem Jubiläumskonzert zum 75. Geburtstag in New York auf die Bühne lädt.
In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre feiern beide parallel eine Renaissance, Baez mit dem Stück über Bob Dylan, "Diamonds And Rust", Collins mit ihrem größten Hit, "Send In The Clowns", vom Musical "A Little Night Music". Danach veröffentlicht die Amerikanerin zwar weitere Platten, doch die 1980er und 1990er Jahre sind stilistisch nicht ihre Zeit. Zu den Karriereproblemen gesellen sich persönliche. Zwar kriegt Collins ihre Alkoholsucht in den 1970er Jahren in den Griff, doch schlägt sie sich danach mit Essstörungen herum. Verschiedene Beziehungen gehen in die Brüche (ihre erste Ehe endet bereits 1965), 1992 nimmt sich ihr einziges Kind das Leben. Seit 1978 ist Judy mit dem Künstler Louis Nelson liiert, seit 1996 sind sie verheiratet.
Ihre Lebensfreude hat sich Collins aber nie nehmen lassen. Neben neuen Platten veröffentlicht sie Bücher, darunter die Autobiographien "Singing Lessons: A Memoir Of Love, Loss, Hope and Healing" (1998), "Sweet Judy Blue Eyes: My Life in Music" (2011) und "Cravings: How I Conquered Food"(2018). Das erste Corona-Jahr 2020 nutzt sie, um ihr Leben Revue passieren zu lassen und anschließend wieder ins Studio zu gehen. Das Ergebnis "Spellbound" (2022) ist nach all den Jahrzehnten das erste Album überhaupt, das ausschließlich aus eigenem Material besteht. Die Stimme ist etwas dünner geworden, aber immer noch ausdrucksstark. Eines ist natürlich so geblieben wie zu Beginn ihrer Karriere vor über 60 Jahre: die Tiefe ihrer blauen Augen.
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