Porträt

laut.de-Biographie

Lucio101

Repräsentier mal einer für Berlin-Mitte. Das ist doch eigentlich schon die Wucht, dass der große, organische Berlin-Hype der Zwanzigerjahre den vermutlich beschissensten Bezirk der Stadt repräsentiert. Immer wieder dreht er seine Musik um den Rosenthaler-Platz. Eine Gegend, in der das größte Risiko ist, schlechtes Gebäck zu essen oder für einen Hafermilch-Machiato abgezogen zu werden.

Aber vielleicht ist es gerade der Kontrast zur poschen Gegend, die die Musik von Lucio101 so interessant macht. Seit seinem Come-Up über den Soundcloud-Zirkus ist der elusive junge Mann mit den brasilianischen Wurzeln der Favorit von Berlins Straßen. Google-Treffer bekommt man zu ihm kaum welche, aber hock dich einmal in die Ringbahn und zähl das Merchandise - und die 1019-Gruppierung hat locker im Moment die Nase vorn. Die Trikots der Gruppe sieht man an jeder Ecke.

Damit sind wir auch direkt im Anbeginn des Mythos: Lucio ist wie viele coole Berliner Kids mit einem sehr Hip Hop-interessierten Freundeskreis aufgewachsen. Das bedeutet, dass in seinem direkten Umfeld direkt ein paar andere MCs gelandet sind, mit denen man über den Soundcloud-Turn-Up ordentlich Welle machen könnte. Nizi19 ist so einer - mit der 19 im Namen das nicht weniger gentrifizierte Charlottenburg repräsentiert. Dazu kommt noch der Londoner Omar und fertig ist eine Crew, die mit dem Mixtape "1019" 2019 ordentlich Fahrt im Untergrund aufnimmt.

Aber es soll nicht lange im Untergrund bleiben. Die Geschichte von Lucio erzählt sich wenig über große Ereignisse oder Social Media-Beefs. Der Junge droppt und droppt und droppt, und jede Single bahnt sich ein bisschen mehr den Weg in den Nexus der coolen TikTok-Kids der Hauptstadt. Soundmäßig weiß er, was die Amis gerade hören und transportiert die Klänge gekonnter als die Konkurrenz ins Deutsche. Hier ein bisschen Drill, hier ein bisschen melodischer Trap: Er ist nicht gerade ein Monster der Innovation, aber ein absolut herausragender Styler. Und das kommt an.

Singles wie "Y-3", "6 Nullen" oder "Tränen" werden zertifizierte Straßenhits und gehen Platin in Bluetooth-Boxen in jedem Berliner Park. Aber auch sonst schläft das Kollektiv nicht. Ein Soloalbum namens "Mittendrin" kommt 2020 und etabliert Lucio und sein Signatur-Adlib "Weh" weiter. Er begleitet Bonez MC auf Tour, die ganze Gang arbeitet an Solo-Alben, lässt sich aber das Crew-Leben und das gemeinsame Fifa-Spielen nicht nehmen.

2024, den Lockdown inzwischen hinter sich gelassen, geht es mit einem weiteren Tape namens "101%" weiter. An diesem Punkt ist Lucio längst ein Star für die Kids. Das sieht man auch, wenn Senkrechtstarter wie Zah1de seinen Approval ganz offensiv in den eigenen Songs sucht. Und das Spannende: Dieser Star ist er geworden, ohne irgendwo bei den altbekannten Gatekeepern mitmachen zu müssen. Er saß in keinem Interview-Format, er hat nirgends ein großes Feature bekommen. Er ist independent im wahrsten Sinne des Wortes. Und seine eigene Zukunftaussicht, so teilt er es mit der Berliner Zeitung: Reich werden und mit vierzig nach Brasilien abhauen. Ein solider Plan.

Alben

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