laut.de-Biographie
MC Solaar
"Ich war fast ein zweiter Lothar Matthäus", sagt Frankreichs einst populärster Rapper MC Solaar ohne mit der Wimper zu zucken. Dass Mutti ihm wegen dem Abitur die Fussball-Karriere verdorben hat (Solaar spielte sogar in der Pariser Auswahl), muss ihn heute nicht mehr stören. Denn Claude M'Barali bringt mit ins Rollen, was bald als bedeutendste Hip Hop-Macht außerhalb Amerikas gehandelt wird.
Die Geschichte des Raps beginnt in Frankreich Anfang der Achtziger. Die französische Sprache eignet sich gut für zungenbrecherisch schnelle Wortakrobatik. Umgangssprachliche Abwandlungen (Verlan- und Argot-Slang) bieten einen reichen Fundus an vielfältigen Metaphern. Entscheidend wird, dass die Hip Hop-Kultur in den Banlieues von Paris oder Marseille Fuß fasst. Einwanderer aus aller Welt finden hier ihre Identität und beginnen über Probleme und Erlebnisse i ihrer neuen Heimat zu rappen.
1969 in Dakar (Senegal) geboren, siedelt Claude M'Barali aka MC Solaar als Kleinkind nach Frankreich über. In der Pariser Vorstadt Villeneuve St. Georges wächst er auf und beginnt schon früh zu rappen. Interesse für Literatur, Film und Fernsehen kommt hinzu. Und so gründet Solaar Ende der Achtziger mit anderen Hip Hop-Aktivisten (z.B. Soon E MC) die Posse 501 Special Force, die poetisch statt gewalttätig auf soziale Missstände aufmerksam macht: MC Solaar kämpft lieber mit subtilen denn plumpen Worten. Nach dem Erfolg einer ersten Single schließt MC Solaar einen Vertrag mit Polydor.
Als beginnendes Massenphänomen etabliert sich Hip Hop in der Grande Nation aber erst 1990 mit dem Sampler "Rapattitude". Im selben Jahr erscheint Solaars erste Single "Bouge De là". Internationales Renommee bringt ihm 1991 ein Gang Starr-Remix der Single "Caroline" ein. Der Track ist auf seinem einflussreichen ersten Album "Qui Sème Le Vent Récolte Le Tempo" zu hören. 1993 wirkt Claude MC, wie er sich ebenfalls gerne nennt, an drei internationalen US-Kompilations mit (u.a. auf Gurus Jazzmatazz-Debüt und Tommy Boys "Planet Rap").
1994 ist es so weit. Das von Jimmy Jay und Bomb Bass (Cassius) produzierte Album "Prose Combat" mit Solaars typischen Sound-Basics aus Old School-Flavor, Funk, Jazz-Anleihen und smoothen Flow setzt Maßstäbe und verkauft sich in Europa und den USA über eine Million Mal. Auf dem Hit "Nouveau Western" sampelt er sein Idol Serge Gainsbourg. 1995 steuert Solaar einen Track zum Film "La Haine", einem Streifen über die französichen Vorstädte, bei. Ein Jahr später ist der Rapper, der auch mit A Tribe Called Quest kollaboriert, auf dem Cover des Newsweek Magazines abgebildet.
Solaars einzigartiger Mix aus Groove und Minderheiten-Poesie bleibt, doch mit der Trennung von DJ Jimmy Jay verändert sich der Sound: Laid Back-Feeling und Mellow Beats herrschen vor. Nach zwei weiteren erfolgreichen Alben, vielen Awards und einer Best Of-Platte wird es ruhig um den Rapper, der sich als Rebell und Vater der französischen Hip Hop-Bewegung (zahlreiche etablierte französische Hip Hop-Acts wie IAM folgen) sieht und auch anerkannt wird. Zwischenzeitlich ist aber Kritik zu hören, die ihm vorwirft, er habe sich zu weit von der Realität der Straße entfernt und sei nicht mehr 'real'.
"Je erfolgreicher du wirst, desto lauter werden die kritischen Stimmen. Lauryn Hill würde in Amerika niemand Verrat an ihrer Sache vorwerfen. Alles was ich will, ist ein wenig Respekt", kommentiert er 2001 genervt im Spiegel-Interview. MC Solaar hat inzwischen mit Missy Elliott zusammen gearbeitet, ein Buch veröffentlicht und antwortet seinen Kritikern mit einem frischen, überwiegend vom Duo Black Rose Corporation produzierten Album. Auf "Cinquième As" kollaboriert er mit eher unbekannten Hip Hop-Künstlern und macht mit der Single "Hasta La Vista" Ausflüge in spanisch/mexikanische Sound-Gefilde.
2003 heiratet Claude Mc Chloé Bensemoun, mit der er zwei Kinder hat. 2004 wird in den französischen Medien an seinen Meilenstein "Prose Combat" erinnert. Zwei weitere Alben ("Mach 6" und "Chapitre 7") sowie eine Albumcompilation (2010) folgen. Außerhalb des französischen Sprachraums wird Solaar gleichwohl kaum mehr registriert. 2015 liest man, er habe die Musikkarriere zugunsten seiner Frau an den Nagel gehängt.
Im Februar 2017 postet Jimmy Jay dann via Facebook einen unveröffentlichten und nicht völlig durchproduzierten Song namens "Sentinel Nord", der noch aus den "Prose Combat"-Sessions stammt. Er habe den Stift wieder in der Hand, wird Claude kurze Zeit später zitiert: Im November desselben Jahres erblickt das achte, 19 Tracks starke Studioalbum "Géopoétique" das Licht der Welt, das sich in Frankreich gut verkauft. Ein Tour im französischsprachigen Raum schließt sich an.
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