Die irische Sängerin Sinéad O'Connor ist tot. 1990 mit dem Song "Nothing Compares 2 You" berühmt geworden, machte sie später u.a. mit ihrer kritischen Einstellung zur Kirche Schlagzeilen.

Dublin (jmb) - Die irische Sängerin Sinéad O'Connor ist im Alter von 56 Jahren gestorben. O'Connors Familie schreibt in einer Erklärung, aus der u.a. die BBC zitiert: "Mit großer Trauer geben wir den Tod unserer geliebten Sinéad bekannt. Ihre Familie und ihre Freunde sind verzweifelt und bitten darum ihre Privatsphäre zu respektieren." Eine Todesursache wude nicht bekannt gegeben.

Sinéad O'Connor war 1990 mit ihrer Version des Prince-Songs "Nothing Compares 2 You" berühmt geworden. Doch bereits 1987 hatten ihre Single "Mandinka" und das zugehörige Video mit einer glatzköpfigen Frau in der Independent-Szene Wellen geschlagen.

Die Haare trug sie stets raspelkurz, ihre großen Augen blickten fragend in die Welt. Mit einer klaren sozialkritischen Haltung kreidete sie die Missstände der irischen Politik, Gesellschaft und Religion an. Unvergessen bleibt der Moment, als sie bei ihrem Auftritt im amerikanischen Live-Fernsehen ein Porträt Johannes Paul II mit den Worten "Fight the real enemy!" zerriss, um gegen Kindesmissbrauch in der Kirche zu protestieren.

Sinéad O'Connor war der Religion jedoch nicht abgeneigt. 1996 sorgt sie für Aufruhr, als sie sich zur Priesterin der orthodox-katholischen und apostolischen Kirche von Irland weihen lässt. 22 Jahre später konvertiert sie zum Islam und nennt sich fortan Shuhada' Davit ("Märtyrerin").

Sie wehrte sich stets gegen starre Rollenbilder und soziale Konventionen. Dies brachte ihr neben begeisterten Fans auch zahlreiche Kritiker ein. Bei einem Jubiläumskonzert zu Ehren Bob Dylans, nur dreizehn Tage nach dem Papstbild-Zerriss, buhte das Publikum sie von der Bühne.

Als Miley Cyrus 2013 erklärt, dass ihr Nacktvideo zu "Wrecking Ball" von "Nothing Compares 2 U" inspiriert sei und sie die Irin gar als Vorbild ansehe, schreibt O'Connor ihr einen offenen Brief: "Ich bin sehr besorgt, dass dich dein Umfeld dazu verleitet hat zu glauben, dass es auf irgendeine Art 'cool' ist, in deinen Videos nackt zu sein und an Vorschlaghämmern zu lecken", so O'Connor, deren guten Wünsche in dem Satz münden: "Lass dich nicht prostituieren!". Cyrus reagiert beleidigt und macht sich via Twitter über O'Connors psychische Probleme lustig.

Aus diesen hatte O'Connor selbst nie einen Hehl gemacht. Bereits in ihrer Jugend sei sie von ihrer Mutter und von Geistlichen misshandelt worden, erzählte sie. Im Januar 2022 nahm sich ihr Sohn Shane das Leben, worüber sie nach eigener Aussage nie hinweg kam. In ihrem letzten Tweet auf Twitter postete sie: "Lebe seitdem als untotes Nachtgeschöpf. Er war die Liebe meines Lebens, die Lampe meiner Seele. Wir waren eine Seele in zwei Hälften. Er war der einzige Mensch, der mich jemals bedingungslos liebte. Ohne ihn bin ich verloren".

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Falls du selbst mit Suizidgedanken und/oder mit Depressionen kämpfst: Bitte, such' dir Hilfe. Zum Beispiel bei der Telefonseelsorge.

Rund um die Uhr erreichbar sind die kostenlosen Notrufnummern 0800.111-0-111 oder 0800.111-0-222

Weitere Hilfsangebote listet die Website der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

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6 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor einem Jahr

    Hier läuft gerade "Universal Mother" und ich bin unendlich traurig. Für mich eine sehr wichtige Künstlerin.

  • Vor einem Jahr

    Die Stimme Irlands. Einzigartig und unverwechselbar.

    • Vor einem Jahr

      Die Stimme Irlands gehört Dolores O’Riordan.

    • Vor einem Jahr

      +1 für dolores

    • Vor einem Jahr

      Die Klarheit und Entschlossenheit in ihrer Stimme faszinieren mich noch heute. Eine zerbrechliche und dennoch starke Persönlichkeit.
      Dass sie bereits früh sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche
      während eines Auftritts in der US-Fernsehshow »Saturday Night Live« anklagte, indem sie ein Foto des Papstes Johannes Paul II live während der Sendung zerriss, bleibt für mich unvergesslich.
      Dass sich bis heute nichts an diesem Missbrauch geändert hat, wird nur eine Episode in ihrem Leben sein, an der sie zerbrach. Der Selbstmord ihres Sohnes hat es schlussendlich besiegelt.

    • Vor einem Jahr

      Dolores ist gut, aber von der Kraft und Ausdruck der Stimme Sineads meilenweit entfernt.

    • Vor einem Jahr

      Absolut. Kein Flame gegen Dolores, aber Sinéad war ihr haushoch überlegen. Hat natürlich auch komplett andere Musik gemacht.

    • Vor einem Jahr

      @gizmaniac:
      "Dass sie bereits früh sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche während eines Auftritts in der US-Fernsehshow »Saturday Night Live« anklagte, indem sie ein Foto des Papstes Johannes Paul II live während der Sendung zerriss, bleibt für mich unvergesslich"
      So wie für mich die Reaktion der Bob-Dylan-Fans unvergeßlich ist, als Sinéad O'Connor 14 Tage später im Madison Square Garden am Mikro stand.
      https://youtu.be/y4fVxcT00Sc
      Da feiert man eine der Stimmen des Protestes, und dann kommt eine Frau, die sich den Mund nicht verbieten läßt, und die empfängt man dann so. Eigentlich dachte ich: wenn Bob Dylan sie unmittelbar nach der Aktion bei SNL auf "seiner" Bühne akzeptiert, dann ist er wenigstens mit ihrer Meinungsäußerung einverstanden, eventuell sogar noch mit ihrer Kritik an der Institution Kirche und bestimmten Auswüchsen, seine Bekenntnisse zum christlichen Glauben hin oder her. Fritz Egner, der damalige Kommentator der Live-Übertragung, machte einen ähnlich irritierten Eindruck. Hat mir viel zu denken gegeben.
      Halte ihre Reaktion (und die leider im Clip nicht mehr enthaltenen Reaktionen von Kollegen bei ihrem Abgang, u. a. von Kris Kristofferson) für umso bemerkenswerter.
      Gruß
      Skywise

    • Vor einem Jahr

      Ja, da erinnere ich mich auch noch gut dran. Was eher auch zeigte, das man Bob Dylan-Fans dann eben auch nicht überschätzen sollte ..

    • Vor einem Jahr

      Das Gros seiner Fans war schon immer ein rückständiger Haufen. Die Anekdoten dazu fehlen in keiner Biographie, keiner Dokumentation. Vermute stark, das waren vor allem Leute, die Dylans eklige Religionsphase in den 80ern stark fanden.

    • Vor einem Jahr

      *die* Stimme Irlands gibt es nicht, also ist die Diskussion auch müßig.

    • Vor einem Jahr

      @Skywise
      Dank dir für das Video. Hatte nur darüber gelesen, aber den Auftritt nicht gesehen.
      Unfassbar, wie sie schier unendlich lange diesem gewaltigen buhenden Mob stoisch und mit Würde Paroli bietet.
      Mich würde schon sehr interessieren, was Kristofferson ihr zugeflüstert hat.

    • Vor einem Jahr

      @Ragi
      "Das Gros seiner Fans war schon immer ein rückständiger Haufen. Die Anekdoten dazu fehlen in keiner Biographie, keiner Dokumentation."

      Stimmt voll. Dylan wurde ja selbst fast von der Bühne gebrüllt, als er seine Wanderklampfe durch eine E-Gitarre ersetzte. Da steckt der Teufel drin ;D

    • Vor einem Jahr

      @gizmatic:
      Während sie am Mikro stand?
      KK: "Don't let the bastards get you down."
      SO'C: "I'm not down."
      Gruß
      Skywise

  • Vor einem Jahr

    Bis nichts anderes bekannt ist, gehe ich stark davon aus, daß sie an gebrochenem Herzen gestorben ist. So ähnlich hatte es sich schon abgezeichnet. Ein zutiefst tragisches Leben... Sie ruhe in Frieden...

  • Vor einem Jahr

    Universal Mother war ihr bestes Album. Danke Sinead und Rest In Peace.

  • Vor einem Jahr

    RIP

    "Pabstbild-Zerriss"...da ist er endlich: Der PABST, wie vom Kahn der Kähne prophezeit!