Edita Abdieski ist die erste X-Woman und eine würdige Siegerin. Deutschland kam um eine Blamage als Pop-Provinz herum. Und nun?
Köln (ulf) - Aus und vorbei! Die erste Staffel X-Factor hat mit Edita Abdieski eine würdige Siegerin hervorgebracht. Und Deutschland hat um Haaresbreite die mit Big Soul vorprogrammierte Blamage als Pop-Provinz vermieden.
Das Finale bestätigte noch mal die so lang in der Casting-Landschaft vermissten Ansätze: Ich glaube, jeder hier hat gesehen, dass es uns wirklich um Musik geht sagt Till Brönner fast beiläufig im Blitzlichtgewitter. Ja, haben wir. Mit Edita, man kann es nicht oft genug betonen, hat der 'German With The Horn' eine Sängerin begleitet, die in der Lager ist, Ausnahmeperformances abzuliefern.
Editas Ausnahmeperformance
Schon mit dem ersten Auftritt des Abends zeigt Abdieski, was technisch und auch emotional in ihr steckt. "Run" von Snow Patrol erobert sie, als hätte man ihr den Song auf den Leib geschrieben. Besser als die Coverversion von Leona Lewis? Ja, weil vollgepumpt mit echtem Gefühl.
Die Überraschung des Abends für Kandidaten und Publikum waren sicherlich die Duette der beiden Finalisten mit Shakira und Xavier Naidoo. Auch hier bewies die Kölnerin eine künstlerische Reife, von der man sich fragt: Wo hat sie die eigentlich her? Naidoo tat seine Duettpartnerin bei "Wo Willst Du Hin?" sichtlich gut. Sie forderte den Soul in seiner Stimme regelrecht heraus.
Definitiv Karaoke tauglich
Und Big Soul? Die sympathischen Damen sind der sie überfordernden Siegerbürde um ein Haar entkommen. Mit Shakiras "Underneath Your Clothes" zeigte sich noch mal deutlich, dass sie letzten Endes höchstens zweitklassig singen und performen. Saft- und kraftlos begleitete das Quartett die zierliche aber stimmgewaltige Kolumbianerin wie laues Dressing den knackigen Salat. Definitiv Karaoke-tauglich. Mehr nicht.
Pikanter Nebeneffekt: Bei den späteren Soloauftritten des Mannheimers und der Südamerikanerin zeigte sich genau dies. Shakira wirkte bei "Loca" wie von einer Last befreit. Naidoo hingegen reduziert sich bei "Bitte Hör Nicht Auf, Zu Träumen" ohne Edita einmal mehr zum Jammerbarden des neuen deutschen Betroffenheits-Soul.
Jenseits der DSDS-Geisterbahn
Sogar der Siegertitel hebt sich wohltuend ab vom gewohnt mumifizierten Bohlen-Grusel der DSDS-Geisterbahn. Hand aufs Herz: Kennt noch jemand einen Winnersong der Popstars/Superstar-Staffeln? Und ich meine kein traumatisiert neurotisches Wiedererkennen. Nein? Eben! Nun ist "I've Come To Life" sicherlich kein Grammy verdächtiges Songwriterjuwel. Aber der clever abgehangene Radiopop zwischen 80er-Seligkeit und Powervoice tönt meilenweit entfernt vom Schmant des selbst ernannten Pop-Titanen.
Genau hier zeigt sich der Unterschied des deutschen X-Factor zu den Pionierformaten. Es ging weder den Kandidaten noch den Mentoren in erster Linie um das simple 'Star sein' als sich selbst genügendes Vakuum auf dem Egotrip-Highway. Es ging weitgehend tatsächlich um musikalische Leistung.
Ende gut, alles gut?
Also Ende gut alles gut? Eierkuchen für alle? Dafür ist es gleichwohl zu früh. Es wird sich zeigen, wie die Mentoren und das Sony/Vox/RTL-System mit der ihnen auferlegten Verantwortung umgehen. Langfristiger, behutsamer Aufbau oder Verheizen um des schnellen Euros willen?
Besonders Brönner als intellektueller Künstler unter den Mentoren scheint hier gefordert. Bislang hat er seinen Job mehr als gut gemacht. Doch nun wird er Abdieski noch mehr Antworten geben müssen als 'Welcome To The Machine'.
Auch Jurykollegin Sarah Connor muss sich fragen lassen, ob es ein Aftershow-Engagement für ihre Schützlinge mit Potential gibt. Immerhin schlummert in Teilnehmern wie Mati, Marlon oder Pino mehr als nur ein Quentchen Talent. Es wäre allzu schade, sollte sich das weitere Kümmern nun erledigt haben, da Connor erfolgreich die eigene CD pushte.
Die zweite Staffel im Anschlag
Ebenso keinen Gefallen getan hat sich George Glück mit der Inszenierung der eigenen Person. Unfreiwillig spannte er im Laufe der Staffel den Bogen vom jovialen Elder Statesman über das eifersüchtig an Abdieski herummäkelnde Rumpelstilzchen bis hin zum final flehenden Bettler an der 'Ruf mich an!'-Front. Verlieren kann er indes nicht. Bleibt seinem Label doch die Freiheit, jene Späne aufzusammeln, die der X-Factor-Hobel hinterlässt.
Die gut geölte Maschine läuft derweil ungestört weiter. Noch vor der Krönung Abdieskis zur X-Woman haut man dem Zuschauer die Bewerbungsmöglichkeit zur zweiten Staffel um die Ohren. Der König ist tot, es lebe der König! Ein Schelm, der hierbei eher an den flüchtigen Ruhm der Gladiatoren im Circus Maximus denkt, denn an ernsthafte Unterstützung.
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Einstweilen darf man sich zumindest über die erste gelungene Castingshow in Deutschland freuen.
Von Ulf Kubanke
26 Kommentare
Who cares?
Wayne
ich hab das leider kein einziges mal gesehen und kenn die daher nicht....
hallo an jene, die mich noch kennen und zufällig auch auf gromky.de sind: ich komm dort aus technischen Gründen momentan nicht rein, wenn jmd. dort ist -bitte unbedingt schöne Grüße an BRETTI, Thelema, cucumbasandwich...und ein paar anderen aursrichten, ich vermisse sie alle!
ist x faktor nicht diese sendung, in der geistergeschichten erzählt werden, wobei die hälfte wahr sein sollte?
www.frankoliverschmidt.de
der hat x-factor-qualitäten!
Gott, wie mich diese Guerilla-Vermarktung mäßig begabter sich selbst produzierender Indie-Hansels mit Schlagerbarden-Namen inzwischen nervt... Fordert die Fähigkeit zu Ignoranz ganz schön heraus - nur weil man seine Songs selbst schreibt und aufnimmt bedingt dies nicht, dass die Songs auch "gut" sind - in meinen Ohren sind sie das nicht...