laut.de-Biographie
Till Brönner
Bereits um die Jahrtausendwende schreibt das Jazzecho: "Till Brönner als den emporstrebenden deutschen Nachwuchstrompeter schlechthin zu bezeichnen ist mittlerweile hinfällig, da er mehr Platten verkauft haben dürfte als jeder andere deutsche Jazztrompeter. Er spielt in der internationalen Oberliga und pflegt Kontakte zur New Yorker Jazzszene, die ja bekanntlich den Weltmarkt bestimmt." Heute gilt der Echo-Preisträger 2007 als der bekannsteste deutsche Jazzexport.
1971 in Viersen geboren, erlebt Till mit Louis Armstrong und Charlie Parker erste prickelnde Momente: "Als ich zum ersten Mal Bebop hörte, Charlie Parker, das war eine Initial-Zündung. Ich war 13, und es war fast so etwas wie die erste erotische Erfahrung. Ich dachte: So etwas Unanständiges kann man eigentlich nicht machen. Die Musik war wie eine Frau, die mich anbaggert."
Till stammt aus einer Musikerfamilie. Nach einer wohlbehüteten Kindheit absolviert er zuerst eine klassische Ausbildung, um anschließend Jazztrompete an der Kölner Musikhochschule zu studieren. Nach nur drei Semestern überzeugt er als 20-Jähriger bei einem Vorspiel den Chef des Berliner RIAS-Tanzorchesters, und hat damit die erste Hürde genommen.
Bereits zwei Jahre später debütiert er als Bandleader mit der Mainstream-Aufnahme "Generations of Jazz", und zieht damit erste Insider-Aufmerksamkeit auf sich. Auf "My Secret Love" widmet er sich kölschem Karnevalsgut. Größeres Interesse wird allerdings seinem dritten Album "German Songs" zuteil. Darauf nimmt er sich alter UFA-Schlager an, die er mit einer Mischung aus Streichorchester und Jazzquartett instrumentiert.
Seine internationale Anerkennung erfährt er 1995 mit dem Fusion-Jazz Album "Midnight". An der Seite der Jazzlegenden Dennis Chambers (dr) und Michael Brecker (sax) etabliert er sich im staatenübergreifenden Vergleich. Seine ungeheure stilistische Vielfältigkeit setzt er mit "Love", einem Album voller samtiger Jazzeleganz, fort. Darauf präsentiert er erstmals seine zerbrechliche Stimme, und arbeitet damit dem Album "Chattin With Chet" vor. 2002 produziert er für Hildegard Knef deren Album "Aber Schön War Es Doch" und kollaboriert mit P-Funk-Legende Bootsy Collins ("Play With Bootsy").
Der Titel "David Beckham des Jazz" ist zwar eigentlich für Jamie Cullum reserviert. Im Falle Till Brönners darf dieser Vergleich aber beruhigt ein weiteres Mal bemüht werden. Als leichtfüßiger Könner seines Faches verzaubert er die Frauenherzen reihenweise. "Blue Eyed Soul" (2002), "That Summer" (2004), "Oceana" (2006) und "Rio" (2008) stellen das mit einer gehaltvollen Smoothjazzdusche eindrücklich unter Beweis.
Dass Brönner bei den ersten zwei Folgen der Casting-Show X-Factor als Juror mitwirkt, ist für Jazz-Puristen natürlich ein Greuel. Bei aller Liebäugelei mit massentauglichen Formaten verliert Till Brönner den Blick für seine Wurzeln jedoch nicht aus den Augen. Und so veröffentlicht er neben eher seichten Platten wie "The Movie Album" oder das zusammen mit Bob James eingespielte "On Vacation" auch anspruchsvolle Alben wie das selbstbetitelte "Till Brönner" oder "The Good Life. Er wagt aber auch auf Scheiben wie "Nightfall" oder "Christmas" den Spagat zwischen Zugänglichkeit und Anspruch.
"Der wichtigste Faktor im Jazz ist die Freiheit, sich in der Minute, in der Sekunde zu überlegen, was man jetzt eigentlich machen möchte. Wir spielen jeden Abend ein anderes Konzert. Jede Nummer klingt jeden Abend anders. Das bleibt Improvisation und Improvisation ist sehr wichtig. Dann ist es ja fast egal, ob es Jazz oder Pop oder Hip Hop oder Klassik ist."
1 Kommentar
Ich war gestern beim Brönner Konzert in Freiburg. Es war toll. Daraufhin habe ich in der Nacht sein Buch "Talking Jazz" ausgelesen. Eine Frage: Wie heißt der Saxophonist? Mark Ryan? Habe leider nichts von ihm im Internet gefunden.
Gruß
Gisela Pomplun