Youtube stellt ein Orchester zusammen, das im April eine Komposition Tan Duns in der Carnegie Hall aufführen soll. Bis zum 22. Februar können die User über die Orchestermusiker abstimmen.

Berlin (tol) - Nun erhält auch die klassische Musik ihr Casting-Prozedere in ganz großem Stil. Gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern und dem London Symphony Orchestra stellt die Internetplattform Youtube das erste Online-Orchester der Welt zusammen.

Vom ersten Dezember bis zum 28. Januar rief man alle musizierenden Youtube-Nutzer dazu auf, sich per Video zu bewerben. Wie die Washington Post berichtet, folgten dieser Einladung über 3.000 Musiker. Eine Jury aus Vertretern der beteiligten Orchester wählte daraufhin die besten Anwärter aus. Ab sofort dürfen die User für ihre Favoriten abstimmen.

Die aus dem Casting hervorgehende Formation soll am 15. April in der New Yorker Carnegie Hall konzertieren. Auf dem Programm steht ein eigens für diesen Anlass geschriebenes Werk des chinesischen Komponisten Tan Dun. Seine Youtube-Sinfonie vermischt das Eingangsmotiv aus Beethovens "Eroica" mit Straßengeräuschen aller Art. Außerdem beinhaltet die fünfminütige Komposition Musik, die Tan Dun für die Olympischen Spiele in Peking verfasste.

Unsichtbare Beethovens

Für den Oscar-prämierten Komponisten, bekannt für den Soundtrack zum Film "Tiger And Dragon", spiegelt sich eben diese Mischung aus Klassik und Straßenkultur im Internet wieder. "Es ist ganz wichtig, eine Sinfoniekultur zu pflegen, die einen Bezug zur heutigen Straßenkultur hat, denn es stecken so viele unsichtbare Beethovens hinter YouTube, all diese Verrückten, die auf Stühle, Break Drums und auf Steeldrums schlagen und Klavier spielen.", zitiert ihn das Deutschlandradio.

Ganz so anarchisch war das Bewerbungsverfahren jedoch nicht. Die Wettbewerbsteilnehmer mussten zwei Videos ins Netz stellen. Eines, in dem sie den Part ihres Instruments innerhalb der Sinfonie zum Besten geben. Dabei mussten sie sich von Tan Dun via Youtube-Clip dirigieren lassen. Des Weiteren sollten die Bewerber ein klassisches Stück vortragen, das sie aus einer Repertoire-Liste wählen durften. Aus den Einsendungen basteln die Initiatoren nun einen großen Film, der im Rahmen des Konzerts zur Aufführung kommen soll.

Um den Nachwuchsmusikern zu helfen, stellten die Experten der kooperierenden Orchester spezielle Trainings-Videos online. Ob diese ergiebig waren, kann man auf dem Kanal des Youtube Orchestra selbst herausfinden. Über die Konstellation des Orchesters darf der Zuschauer noch bis zum 22. Februar Entscheiden. Am zweiten März geben die Verantwortlichen die 80 Mitglieder der Formation bekannt. Diese erhalten im Vorfeld des Auftritts einen dreitägigen Workshop mit dem US-amerikanischen Dirigenten Michael Tilson Thomas. Er wird auch in der Carnegie Hall am Pult stehen.

11 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Hach, erst am Wochenende "Vielen Dank" von Masashi Hamauzu besorgt. Wunderschöne Klaviermelodien mit kleinen Violinen-Highlights.

  • Vor 15 Jahren

    @Anonymous (« Richtig geil wäre im Übrigen, wenn diese Langweilerformation Gitarre/Bass/Schlagzeug endlich erweitert wird. Bläser findet man manchmal, bei irgendwelchen Iren eine Geige und bei gewissen Finnen ein paar Cellos. Aber das ist doch immer noch die Ausnahme. Dabei gäbe es sicher noch interessante Kombinationen. »):

    Gibt es, gibt es ... (http://www.youtube.com/watch?v=KRTB7F0Hkuk)
    Es gibt schon einige Interpreten, die das "klassische" Bandgefüge deutlich durchbrechen und sich ihre Inspirationen aus der arrangierten Musik der 50er und 60er, dem Jazz oder aus der Klassik holen oder mit ungewöhnlichen Klangfarben oder Instrumenten experimentieren. Problem ist nur, daß man damit in keine richtige Schublade paßt - und die scheinen heute allein schon aus Vermarktungsgründen ziemlich wichtig zu sein ...

    Gruß
    Skywise

  • Vor 15 Jahren

    Ich empfehle dahingehend auch mal Phideaux. Besonders mit ihrem Letztling "Doomsday Afternoon" Link (http://www.youtube.com/watch?v=_WJLoF-LtvQ)

    Ruhiger Prog mit Streichern und Harmonien.

    Gruß
    Skywise