laut.de-Kritik

These: Postemo gleich Retrorock.

Review von

Gelogen haben sie! "You don't have to worry / because we're still the same band ..." Die wollen noch die selben sein? Nicht mal das Panic!-Ausrufezeichen gibt es noch im Namen, die prägnante Interpunktion ist einfach weg. Vielleicht, weil es nix mehr hervorzuheben gibt?

Musikalisch kommt hier die Kehrtwende. Wohin der emo-elektronische Prunk und Pathos? Die Glamour-Attitüde? Alles weg, weg damit. Stattdessen: Retrorock, softe Bläser, handgemachte Gitarrenmusik. Dabei viel und oft auf bereits Bewährtes zurückgegriffen. Wen "Behind The Sea" nicht sofort an die Beatles erinnert, der hat sie vermutlich nie gehört.

Bei "I Have Friends In Holy Spaces" geht es hingegen mit gezupfter Ukulele in die 20er Jahre, wenn auch nur 1:56 Minuten lang. Schade eigentlich, denn die Retroradio-Version funktioniert und hat Stil. Den braucht die Platte, und den sucht sie auch. Mal in Countrystiefeln bei "Folkin' Around", dann wieder an einen Paso doble anmutend bei "Pas De Cheval". Extrem vielseitig ist das Album in jedem Fall.

Ob das aber willkommen ist, ob man das braucht, so eine Scheibe, auf der hippe Jungkünstler sich an die Helden ihrer Eltern tasten und "Retro! Retro!" schreiend alte Dinge neu aufarbeiten? Das ist dann ja auch wieder hip, Innovation / Progression den anderen überlassen und sich im Abbey Road-Bett schlummern legen.

Schlafen legt sich auch der Zuhörer ziemlich schnell, nachdem der synthetische Schnickschnack und die ehemalige "Roboter auf Acid"-Manier, wie Drummer Spencer Smith es bezeichnet, wegfällt. Auf sich selbst gestellt wird auch jetzt erst klar, wie langweilig die Stimme des Leadsängers Brendan Urie daherkommt.

Das ändert sich auch bei mehrmaligem Abspielen der Platte nicht. Einmal gehört, zweimal gehört, dreimal gehört - die Melodien sind sofort wieder vergessen. Dafür nistet sich das hartnäckig besungene Wort "Moon" im Kopf ein: Zeilen wie "Hey moon / please forget to go down" und "When the moon fell in love with the sun," ferner "When the sun found the moon / she was drinking tea in a garden" sollen wohl Sehnsucht und Schwelgen verbildlichen. Postemo schützt vor übertriebener Neoromantik nicht!

Sie selbst beschreiben ihren Wandel in "That Green Gentleman", Track fünf, der den Alt-Neu-Spagat doch erfrischend und glaubwürdig schafft, ganz gut: "Things are shaping up to be pretty odd. Little deaths in musical beds." Ob sie damit den Tod ihres vorhergegangenen Image besingen, oder sich selbst bereits ziemlich seltsam ( = pretty odd) finden, sei mal dahingestellt.

Kein Wunder, dass die erste Singleauskopplung "Nine In The Afternoon" noch am versöhnlichsten in Richtung "A Fever You Can't Sweat Out" liebäugelt, man möchte den Fans ja nicht komplett vor den Kopf stoßen. Manchem wird es eine Träne entlocken, dass diese zweite Scheibe keine Betaversion des Debüts ist.

Vielmehr büßen Panic At The Disco ihre "Roboter auf Acid"-Individualität im Tausch gegen einen kurzweiligen, aber musikalisch ziemlich irrelevanten Imagewechsel ein. Was Panic! so besonders gemacht hat, wurde abgezogen und der lahme Stempel "Erwachsen geworden!" kommt als Ersatz. Da taucht dann immerhin das Ausrufezeichen wieder auf.

Trackliste

  1. 1. We're So Starving
  2. 2. Nine In The Afternoon
  3. 3. She's A Handsome Woman
  4. 4. Do You Know What I'm Seeing?
  5. 5. That Green Gentleman (Things Have Changed)
  6. 6. I Have Friends In Holy Spaces
  7. 7. Northern Downpour
  8. 8. When The Day Met The Night
  9. 9. Pas De Cheval
  10. 10. Piano Knows Something I Don't Know
  11. 11. Behind The Sea
  12. 12. Folkin' Around
  13. 13. She Had The World
  14. 14. From A Mountain In The Middle Of The Cabins
  15. 15. Mad As Rabbits

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36 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    laaangweilig ...
    Das debut hatte ja einen komplett neuen, revolutionären Sound ... Aber das hier ist müder radiopop ... Jetzt sind sie da, wo fall out boy sind ...

  • Vor 15 Jahren

    Bin zufällig auf das Album gestoßen und mag es sehr gerne. Äußerst kurzweilig und für mich gespickt mit feinen Melodien. Mein Favorit ist Northern Downpour.

  • Vor 7 Jahren

    Das Album hört sich für mich viel zu "alt" an, viel zu viel Country und Folk Rock-Einflüsse. Zu Retro.
    Der Sound des ersten Albums war mitreißend, wenn sich auch viele Songs gleich anhörten. Diese Platte ist das genaue Gegenteil, ich kann und will mich absolut nicht damit anfreunden.
    Glücklicherweise kehren die Jungs nach diesem Album wieder mehr zu sich zurück... "Pretty Odd" wird von mir einfach vergessen und gelöscht.