laut.de-Biographie
Puscifer
Obwohl er mit Tool und A Perfect Circle bereits zwei musikalische Betätigungsfelder hat, bringt Sänger Maynard James Keenan 2007 mit dem Album "V Is For Vagina" Puscifer ins Spiel. Allerdings auch nur für diejenigen, die nicht schon jahrelang in Internetforen den noch so kleinsten Details aus Keenans Biographie hinterher surfen. Die wissen natürlich, dass der Name Puscifer erstmals Mitte der 1990er Jahre erklingt, und zwar ausgerechnet in einer HBO-Comedyshow. Es handelt sich um die Serie "Mr. Show" der US-Komiker Bob Odenkirk und David Cross.
Dort tritt Keenan in einigen Sketchen auf und zeigt seinen US-Fans so erstmals eine bis dato unbekannte Facette seiner Persönlichkeit. Mit der Wahl seines Auftritts beweist der Musiker Weitsicht: Viele Betrachter kommen erst Jahre später zu der Ansicht, dass "Mr. Show" für den alternativen Humor in den USA ebenso einflussreich war wie Keenans Band Tool für den Alternative Rock. Odenkirk machte später in "Breaking Bad" und "Better Call Saul" Karriere.
Keenans Auftritt in der allerersten "Mr. Show"-Folge kommt zustande, da er das Komikerduo bereits als Underground-Act auf den Comedybühnen von Los Angeles kennen lernt. Die breite Öffentlichkeit lernt den schwarzen Humor und den genüsslich zelebrierten Zynismus von Puscifer dann 2007 auf dem offiziellen Debütalbum kennen. Schon der Titel "'V' Is For Vagina" macht deutlich: Hier tritt nicht der enigmatische Schöpfer komplizierter Rock-Kopfgeburten in Erscheinung. Vielmehr fungiert Puscifer als schwanzgesteuerter Befreiungsschlag des Wein anbauenden Metal-Impressarios. Um es aber auch jedem klarzumachen, setzt Keenan in Interviews nach: "Puscifer-Songs sind nicht heavy, es gibt kaum Gitarren. Leute, die Tool, Deftones oder Korn mögen, sollten die Finger davon lassen. Sie sind nicht für sie".
Angelehnt an unberechenbare Acts wie Flaming Lips und Primus kreiert er Puscifer als wirre Live-Extravaganz, die Comedy mit Musik verbindet. "Monty Python's Flying Circus" für die Rock-Bühne, sozusagen. Die One-Man-Show integriert wechselnde musikalische Partner, lediglich Mat Mitchell dient als Konstante. Ansonsten belegen die Namen der Puscifer-Gästeliste Keenans Status im Rock-Biz: Jon Theodore (Queens Of The Stone Age), Gil Sharone (The Dillinger Escape Plan) und Tim Commerford mit Brad Wilk (Rage Against the Machine).
Das 2011er Album "Conditions Of My Parole" gerät homogener und zeigt Keenans Faible für Pop-Refrains noch deutlicher auf. Für viele wirkt das Projekt jedoch wie ein dauerhafter Nackenschlag Keenans an die Millionen Fans seiner Hauptband. 2015 warten Tool-Fans immerhin bereits neun Jahre auf ein neues Album, aber Keenan veröffentlicht lieber seelenruhig das dritte Puscifer-Album "Money Shots".
Diese Problematik ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Existential Reckoning" aus der Welt geschafft. 2019 legt Keenan mit den alten Kollegen das lang ersehnte "Fear Inoculum" vor. Das vierte Puscifer-Album erscheint mitten in der Pandemie und zwingt die Band - wie auch Tool - Tourtermine auf Eis zu legen. Stattdessen spielen Keenan, Mitchell und Sängerin Carina Round einen Auftritt in Arcosanti/Arizona, den sie gegen Gebühr im Netz übertragen. Im laut.de-Interview hofft Keenan, die Aufnahmen noch anderweitig zu veröffentlichen: "Derzeit wägen wir gerade die nächsten Schritte ab. Ob wir es auf einem Streaming-Service wie Hulu oder Netflix veröffentlichen oder auf einer Plattform wie iTunes rausbringen. Wir wollen es auf keinen Fall in irgendeiner Schublade liegen lassen. Irgendwas müssen wir damit machen."
Irgendwann ist die Pandemie dann halt auch vorbei und Puscifer tun das, was sie nach allen ihren Alben tun: ein Remix-Album vorlegen. "Existential Reckoning: Re-Wired" heißt das im März 2023 erscheinende Werk, das zumindest spannender ausfällt als das Original.
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