laut.de-Kritik

Maynard James Keenans Neben-Spielplatz füllt sich so langsam mit Leben.

Review von

Maynard James Keenan goes Jesse Hughes. Zumindest dürfte der schnauzbärtige Sänger der Eagles Of Death Metal für das innovative Cover-Artwork von "Conditions Of My Parole" Pate gestanden haben. Eine gewisse Ähnlichkeit ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen.

Im Vergleich zu Jesses Solo-Wirken als Boot Electric findet man auf dem Puscifer-Zweitwerk musikalisch zwar ähnlich viel Elektro, aber weitaus weniger Funk. Dennoch entfernt sich Keenan auf seinem Neben-Spielplatz ebenfalls weit von seiner Basis und denkt gar nicht daran, den Fans Tool'sche Second Hand-Ware zu kredenzen.

Was auf dem Vorgänger "'V' Is For Vagina" noch recht unausgegoren, überstürzt und bisweilen gar etwas weltfremd klang, findet auf "Conditions Of My Parole" nun zu Struktur und Homogenität. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass sich der Exzentriker dieses Mal weit weniger mit virtueller Instrumentierung beschäftigt. Die klassische Band-Formation hält mehr und mehr Einzug im Hause Puscifer, was dem Gesamtbild zumindest im Ansatz eine klarere und einheitlichere Linie verschafft.

Den Anfang machen breite Synthies, die mit Keenans zunächst zurückhaltendem Organ und einem seichten Beat zu einer harmonischen Elektro-Pop-Melange verschmelzen und aus "Tiny Monsters" einen klanglichen Zuckerwürfel machen lassen. Wie ein klassischer Singer/Songwriter präsentiert sich Keenan auf dem folgenden "Green Valley", wenn sich ein stoisches Akustik-Thema zu Beginn mit seinem erstmals ausufernden Gesang paart.

Spätestens wenn sich akzentuierte Gitarren, Drums und Gast-Vokalistin Juliette Commagere dazu gesellen, kommen erste Tool-Erinnerungen hoch. Bereits an diesem Punkt versprüht das Album mehr Tiefgang und Gehalt als das komplette "'V' Is For Vagina". Es ist vor allem das immer wieder aufkeimende Gespür Keenans für poppige Melodien, dass den berühmten roten Faden markiert.

Ein bisschen Ambient-Dub ("Horizons", "Oceans"), eine Prise vom Vorgänger-Werk ("Toma") und obendrauf allerlei Reverb, vertracktes Songwriting und Elektro-Elemente. Zwischendurch packt die One-Man-Band auch mal gerne die Rock-Keule aus ("Telling Ghosts", "Conditions Of My Parole"). Gerade der Titeltrack weiß mit fesselnder Rhythmik, Durchschlagskraft und ordentlich Groove zu überzeugen.

So genießt die Experimentierfreude im Hause Puscifer zwar nach wie vor hohe Priorität, "Conditions Of My Parole" lässt dennoch überraschend schnell eine Verbindung zwischen Produkt und Konsument entstehen. Ob man allerdings schon von einer Richtungsentscheidung sprechen kann? Obwohl sich einige Schrauben allmählich mit den bereitgestellten Gewinden anfreunden, wackelt das Gesamtpaket noch ein wenig. Standfestigkeit ist jedoch in Sicht.

Trackliste

  1. 1. Tiny Monsters
  2. 2. Green Valley
  3. 3. Monsoons
  4. 4. Telling Ghosts
  5. 5. Horizons
  6. 6. Man Overboard
  7. 7. Toma
  8. 8. The Rapture (Fear Is A Mind Killa Mix)
  9. 9. Conditions Of My Parole
  10. 10. The Weaver
  11. 11. Oceans
  12. 12. Tumbleweed

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LAUT.DE-PORTRÄT Puscifer

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10 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Der niedrigen Wertung kann ich ehrlich gesagt garnicht zustimmen. Auch nicht den musikalischen Vergleich mit Jesse Hughes. Okay beide haben einen Schnauzer.
    Als "V Is For Vagina" heraus kam war ich ziemlich enttäuscht, denn bis auf ein Paar nette Ideen(Momma Said, Rev 22:20) und ziemlich viel Stumpfsinn hatte es nicht viel zu bieten. Ich dachte mir dafür gibt es gerade weder Tool noch A Perfect Circle?
    Als ich das erste mal den Zweitling "Conditions Of My Parole" war ich wiederum überrascht. Dieses mal auf eine sehr erfreuliche Weise.
    Maynard James Keenan komponiert wieder Musik mit Tiefgang und verdammt viel Spaß. Wirklich Jedes Lied (bis vielleicht "Oceans") überzeugt meiner Meinug auf ganzer Linie. Und es wird viel Abechslung geboten. Allein das wunderschöne "Monsoons" hätte ich ihm niemals zugetraut.
    Für mich eines der schönsten Alben des Jahres. Ist aber natürlich Geschmackssache.

  • Vor 12 Jahren

    Bin auch der Meinung, das Album habe eine 4/5 verdient. Zunächst klang es "nur" sehr viel besser als "V Is For Vagina". Dann aber schlichen sich alle Nummern nach und nach ins Ohr.
    Ein Freund meinerseits spielt das Album in Dauerschleife, und es wird tatsächlich immer besser. Großartige Kompositionen, Maynards bisher beste Gesangsleistung und eine gute Hintergrundband machen aus diesem Werk eines, das sich vor A Perfect Circle nicht zu verstecken braucht. Der Vergleich hinkt natürlich etwas, immerhin ist Puscifer ein Spaßprojekt mit wirklich albernen Texten und absurden Ideen. Die Vertonung ist aber meistens sehr melancholisch bis nachdenklich - mit Ausnahme des rockenden Titeltracks.

    Von mir eine absolute Kaufempfehlung, auch wenn man das Album zunächst noch nicht so ganz einzuordnen weiß.

  • Vor 12 Jahren

    Och, drei Punkte sind ok. Ist ja nicht "niedrig". An alle: Die Platte lohnt sich aber trotzdem! Ich finde sie zwar nicht wirklich stringent oder durchdacht und man hört den Hobbycharakter des Projekts irgendwie raus; Aber da sind einfach ein paar Perlen (Green Valley; Horizons) drauf, die es total wettmachen.

  • Vor 12 Jahren

    @shinari reloaded: wenn das fazit die komplette rezi darstellen würde, dann hätte ich mich als leser auch geärgert. aber zum glück gibts ja weiter oben noch ein paar zeilen mehr zu lesen;-)

  • Vor 12 Jahren

    @shinari reloaded: wenn das fazit die komplette rezi darstellen würde, dann hätte ich mich als leser auch geärgert. aber zum glück gibts ja weiter oben noch ein paar zeilen mehr zu lesen;-)

  • Vor 12 Jahren

    Ich habe "V", "C" und "Conditions" mittlerweile alle im Original und ich finde, jede Platte hat so ihren Reiz. V is for Vagina hat ihre Zeit gebraucht, um bei mir anzukommen, aber irgendwann lief sie bei mir auf Dauerschleife. Mein Favorit ist und bleibt "C is for (...)". Diese EP ist beinahe episch. oder Zumindest die Verzückung, die sie bei mir beim Anhören hervorruft. "Conditions of my Parole" wächst sich gerade zurecht. Bisher mag ich sie gern, aber sie braucht wohl noch ein bisschen, sich voll und ganz zu entfalten. Puscifer ist das einzige Projekt von MJK, für das ich mich interessiere, abgesehen von seinem Weingut "Merkin Vineyards". Doku-Tipp: Die DVD "Blood into Wine" erzählt, wie MJK und sein Partner ihr Weingut in einer Wüstenregion in Arizona zu etablieren versuchten. Meiner Meinung nach einen Blick wert!

    PS: Die Rezension hat aber jetzt auf sich warten lassen. 3/5 Punkte finde ich zwar gerechtfertigt, fände 3.5/5 aber passender. Schade, dass es keine halbschrittigen Bewertungsintervalle gibt.