Porträt

laut.de-Biographie

Robert Vincent

In Liverpool Americana zu machen, das dem US-Süden ureigenste Gebräu aus Country, Bluegrass und Folk, das erfordert Liebe zum Beruf. Robert Vincent aus dem Vorort Crosby hat diese und zeigt nunmehr seit 2013, dass Merseyside und Nashville gut harmonieren können. Vincent verlässt mit 16 die Schule, bekommt früh ein Kind, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Seine Fast-Durchbruch-Band Boa scheitert, tja, halt kurz vor dem Durchbruch. Willie Nelson würde diesen zerrissenen Lebenslauf goutieren. Musikalisch wurde ihm der Klang einer Akustikgitarre in einer Wüste keineswegs in die Wiege gelegt, vielmehr beeinflusste ihn Pink Floyd und Roger Waters Songwriting. Die schlechteste Schule war das natürlich nicht und so diktiert Vincent dem Liverpool Echo schon 2013: "Sing what you mean – and sing it like you mean it".

Robert Vincent - In This Town You're Owned Aktuelles Album
Robert Vincent In This Town You're Owned
Dieses Album setzt neue Standards im Americana.

Vincents Solokarriere prägt seit Erscheinen seines Debüts "Life In Easy Steps" die Bereitschaft zur Kärrnerarbeit: Landauf, landab tourt er durch das Königreich und nimmt jede Einladung in die Staaten wahr. Anfangs bleibt ein gewisses Belächeln nicht aus. Irrwitzig finden es Viele, wie der Mann aus Liverpool versucht, sich als Americana-Musiker zu etablieren, in einem Land, das nach wie vor den musikimperialistischen Anspruch erhebt, alle paar Jahre die musikalisch neueste Sau durch die Welt zu treiben. Seltsam, so finden es Andere, mit welcher Ernsthaftigkeit und Verve Vincent dabei zu Werke geht, wo doch ein Schuss Ironie seine Spielart dem Londoner Publikum verträglicher machen könnte. Stattdessen tritt der stets so auf, als hingen Pferd und die Saloonehre daran, dem Americana ehrfürchtig Tribut zu zollen.

"Life In Easy Steps" fügt sich, wie auch die beiden Nachfolgealben, aus einem sehr distinktiven Amalgam aus Americana und britischer Musik der 1970er zusammen, mit einem gehörigen Schuss Soul. Das Zweitwerk "I'll Make The Most Of My Sins" heimst schon wohlwollende Kritiken ein, als Katalysator erweist sich aber Vincents Auftritt bei der einmaligen Neuauflage zum 30-jährigen Jubiläum der Show "Old Grey Whistle Test" auf BBC Four. Deren Moderator Bob Harris verschafft Vincent einen Platz in der Sendung neben Größen wie Peter Frampton und Richard Thompson. Die britische Presse jubiliert anschließend über den "scouse Springsteen" und Vincent sichert sich die Nummer 1 der britischen iTunes-Country-Charts.

Ab diesem Zeitpunkt ist Vincent der Platzhirsch der britischen Americana-Szene, nur Danni Nicholls und die musikalisch mehr zum Pop-Folk neigende Laura Marling verbuchen ähnliche Erfolge. Versinnbildlicht durch zunehmende Auftritte in den USA nimmt er diese Rolle auch an: "It's nice to have a family and have a home, in itself it's priceless – it can be quite lonely being a musician".

Im Vorfeld des Drittwerks "In This Town, You're Owned" äußert sich Vincent zunehmend politisch, ändert seine Herangehensweise in der Tradition des Merseyside-Storytellings allerdings nicht. Nach wie vor zieht der Insulaner Beobachtungen des Konkreten, seiner Umgebung auf eine abstraktere Ebene, singt über Gefühlslagen und Beziehungskonstellationen. Dabei bleibt Vincent jedoch stets authentisch und nahbar, selbst wenn er in widrigen Gewässern wie Glauben, Verlustängste und Vergebung segelt.

Der zunehmende Erfolg zeigt sich auch auf dem dritten Album: Der von Paul McCartney und Ryan Adams bekannte Produzent Ethan Johns wird ebenso verpflichtet wie eine sechsköpfige Band, was "In This Town, You're Owned" einen volleren, oft auf chorale Elemente setzenden und ausgefeilteren Sound verpasst. Im Vergleich zu den Vorgängern erweitert der Musiker die Formel Richtung Fleet Foxes. Der dritte Langspieler kann bis auf Rang zwei der offiziellen UK-Country-Charts vorstoßen und wird erneut von einer ausgiebigen nationalen Tour begleitet.

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