laut.de-Biographie
Shakespears Sister
Originalwortlaut der Produktinformation zur Maxi-CD "My 16th Apology" des Jahres 1993: "Siobhan Fahey und Marcella Detroit weiter auf Erfolgskurs. Nach 'Stay' (acht Wochen auf Platz eins in UK, Platz fünf in D), 'I Don't Care', 'Hello', Platz 14 in D, nun die neue Single 'My 16th Apology' aus ihrem UK-Platinalbum 'Hormonally Yours', das in Deutschland Goldstatus erreicht hat. Für Siobhan gibt es jetzt ca. ein Jahr Familienpause und Marcella geht ins Studio, um eine Solo-LP zu produzieren. 1994 sehen wir beide wieder."
Den letzten Satz hätte sich das Label Metronome sparen können, denn das Musikbusiness war schon in den 90ern ein schnelllebiges Geschäft. 1994 kam nämlich keine der beiden Damen zurück, stattdessen waren Shakespears Sister Vergangenheit. Böses Blut inklusive. Aber von vorne: Als die zunächst noch als kurzes Projekt angedachte Verbindung zwischen Marcella Detroit und Siobhan Fahey zustande kommt, hätte der musikalische Background der beiden verschiedener kaum sein können.
Die am 10. September 1958 geborene Irin Fahey steigt 1987 nach knapp sieben Jahren Fun, Fame & Money bei der Girlband Bananarama aus. Zunehmende Spannungen mit dem Produzententeam Stock/Aitken/Waterman, musikalische Uneinigkeiten und das gemeinsame Kind mit Dave Stewart, den sie im selben Jahr heiratet, erleichtern ihren Entschluss. Stewart kennt Fahey bereits seit 1984, als sie im Eurythmics-Video zu "Who's That Girl" mitwirkte. 1988 gründet sie ihre eigene Band Shakespears Sister nach einem Song der Smiths. Marcella Levy, geboren am 21. Juni 1952 in Detroit, macht sich früh einen Namen im Songwriter-Umfeld von L.A. und tritt mit diversen Blues-Bands auf, bis ein gewisser Eric Clapton sie Mitte der 70er Jahre fragt, ob sie nicht in seiner Backing-Band singen will.
Ihren größten künstlerischen Moment erreicht Marcy, als sie 1977 zusammen mit Clapton dessen Welthit "Lay Down Sally" komponiert, der ihr, laut Eigenaussage, ihr erstes Haus und ein Auto finanziert und sie darüber hinaus für alle Zeiten von finanziellen Nöten freispricht. 1984 nimmt sie ihr Debütalbum "Marcella" auf und schreibt außerdem Songs für Al Jarreau und Chaka Khan, bis sie 1988 einen Anruf ihres Produzenten bekommt, sie möge sich doch mal mit Siobhan treffen, dem Ex-Bananarama-Girl. Mäßig begeistert erscheint Marcy zum Treffen ("I was never a real big Bananarama fan", gesteht sie 1991). Zunächst ist jedoch nur geplant, dass sie Siobhan als Sessionmusikerin beim Kompositionsprozess unter die Arme greift, was Marcella recht ist, da sie sich dann in Los Angeles weiter ihren Soloaktivitäten widmen kann.
Daher ist auf dem Cover der Shakespears Sister-Debütsingle "Break My Heart"/"Heroine" (Oktober 1988) auch nur Siobhan abgebildet. Ihre Plattenfirma London (gleichzeitig die aus alten Bananarama-Tagen) besteht auf die Doppelsingle mit "Heroine" aus Angst vor kommerziellem Misserfolg. Der tritt allerdings trotzdem ein. Noch interessieren sich die Medien viel mehr um schmutzige Wäsche aus Siobhans Bananarama-Tagen. Bevor die zweite Single "You're History" erscheint, harmoniert das Duo bereits so gut, dass Marcella zum festen Bandmitglied aufsteigt. Sie nennt sich fortan Detroit statt Levy. Die zweite Single klettert Anfang 1989 überraschend bis auf Platz 7 der UK-Charts und verursacht auch auf dem Kontinent gehörigen Wirbel, was dem Debütalbum "Sacred Heart" zu Gute kommt.
Der richtige Durchbruch gelingt den Damen jedoch erst 1991 mit der Hitsingle "Stay". Im dazugehörigen Video setzen Shakespears Sister ihr fortan geltendes Image in Szene: die zierliche Marcella beeindruckt mit der Viereinhalb-Oktaven-Stimme und Rockerbraut Siobhan mimt das böse geschminkte Teufelsweib mit dem Baritonorgan. Auf dem dazugehörigen Album "Hormonally Yours" legen die Girls denn auch ihre Liebe zu Glam-Rock offen: Die Songs kombinieren die verschrobene Kühle der Kate Bush und die Power des Iggy Pop. Live gehört zudem das T.Rex-Cover "Hot Love" zum Repertoire.
Zu einem weiteren Single-Hit mutiert "Hello (Turn Your Radio On)", das ein paar Jahre später von den Punkrockern The Bates neu interpretiert wird. Nach der "Hormonally Yours"-Tour kommt der große Knall und die Welt erfährt davon im Rahmen der Ivor Novello Awards 1993. Zwar gewinnen Shakespears Sister für ihr Album den Award "Outstanding Contemporary Song Collection", doch Faheys Verlegerin, die ihre kranke Chefin vertritt, komplimentiert in der Dankesrede Marcella aus der Band: "Dir, Marcella, alles Gute für deine Zukunft. Ende gut, alles gut!" Schon während der Tournee hatten die Spannungen zwischen beiden Höchstwerte erreicht. Dennoch ist Marcella von der öffentlichen Demütigung tief getroffen. Die Musikerinnen wechseln 26 Jahre lang kein Wort mehr miteinander.
Die erwähnte Single "My 16th Apology" floppt zwangsläufig, trotz Durchhalteparolen des Labels. Fahey, mittlerweile zweifache Mutter, leidet seit längerem unter Depressionen und lässt sich nach dem unschönen Vorfall in eine Psychiatrie einweisen. Als sie 1994 wieder wohlauf ist und genügend neue Songs komponiert hat, die unter dem erfolgreichen Bandnamen veröffentlicht werden sollen, findet London Records diese Idee zunächst gut. Später verweigert die Firma jedoch die Veröffentlichung des Longplayers aus kommerziellen Gründen. Fahey fühlt sich betrogen und lässt sich auf einen Rechtsstreit ein, der Jahre andauert. Schließlich erscheint 1996 lediglich die Single "I Can Drive", die aber gnadenlos floppt. Mit 20.000 britischen Pfund halten sich allerdings auch die Promo-Ausgaben zu Faheys Verdruss in engen Grenzen, während sie mitansehen muss, wie das Label 30.000 Kröten mehr in das das neue Video "I Believe" ihrer Erzrivalin Marcella investiert.
Das von Siobhan als drittes Shakespears Sister-Album geplante Werk "3" verschwindet somit in den Archiven. Schließlich geht auch ihre Ehe mit Stewart in die Brüche, aus denen die Söhne Sam and Django stammen und die Sängerin versucht einen beruflichen Neuanfang als Schauspielerin und DJane. Im grassierenden 80s-Fieber feiert sie Ende der 90er mit ihren ehemaligen Kolleginnen von Bananarama eine erste Reunion. Etwas besser ergeht es zunächst Marcella Detroit, die sofort nach der Shakespears Sister-Trennung ihre Solokarriere fortführt. Ihr Album "Jewel" (1994) wirft mit der erwähnten Ballade "I Believe" einen veritablen Hit ab und enthält auch ein Duett mit Elton John.
Dennoch scheint London Records etwas mehr erwartet zu haben, denn Detroits nächstes Werk "Feeler" erscheint 1996 bei einem Indie-Label. Einige Kritiker beschreiben es zwar als eine Songsammlung, wie sie Shakespears Sister-Fans nach "Hormonally Yours" erwartet hätten, auf die Verkaufszahlen wirkt sich dieses Lob indes nicht aus. Konsterniert über die auf Kommerz ausgerichteten Majorlabels springt Marcella auf den Online-Zug und informiert ihre Fans von nun im Netz an aus erster Hand. Die EP "Abfab Songs" erscheint 1999 auf ihrem eigenen Label und bezieht sich auf die britische Sitcom "Absolutely Fabulous", in der Detroit zwei Kurzauftritte hat.
Siobhan Fahey trennt sich 1997 von London Records und zieht sich bis 2002 aus dem Musikbusiness zurück (die Bananarama-Reunion ausgenommen). Nachdem dann Kylie Minogues "Can't Get You Out Of My Head" den Erdball überrollt, erinnert sich auch Fahey ihrer Elektro-Pop-Vorlieben und startet mit einigen Freunden einen neuen Anlauf. Ende 2002 erscheint die Single "Bitter Pill" über das Indielabel God Made Me Hardcore unter ihrem eigenen Namen. In der Presse ist schnell von der "Evil Kylie" die Rede, wenngleich Fahey keinen kommerziellen Erfolg einfährt. Auch das ihr so am Herzen liegende, dritte Shakespears Sister-Album "3" bringt sie nun endlich unters Volk.
2005 erscheint ein weiterer Electroclash-Versuch namens "Pulsatron". Inspiriert vom Londoner Underground und Bands wie LCD Soundsystem und Soulwax, feiert die mittlerweile umtriebige DJane die Nächte scheinbar noch immer so durch, wie zu ihren Jugendzeiten in den 80ern.
Dass es 2019 noch zu einem Happy End mit Marcella kommen würde, war eigentlich so gut wie ausgeschlossen. Aber 26 Jahre nach ihrer Trennung verabreden sich die beiden mittlerweile in Los Angeles wohnhaften Musikerinnen zu einem formlosen Treffen in einem Coffeeshop, um über die alten Zeiten zu reden. Die Unterhaltung verläuft angenehm und schnell wächst die Idee, sich mit Instrumenten in der Abgeschiedenheit der Joshua Tree-Wüste zu treffen. Dort findet das Duo wieder zu alter Kreativität und entdeckt viele Gemeinsamkeiten, die von Streitigkeiten in den 90er Jahren überlagert wurden.
"Wir ließen es langsam angehen. Keiner von uns hätte eine Reunion gewollt, wenn es da etwas anderes als Freundschaft und Einheit gegeben hätte. Ich habe festgestellt, was für eine tolle Co-Autorin Marcella doch für mich ist. Es ist eine seltsame Vereinigung von Energie, die nur dann entsteht, wenn wir beide gemeinsam schreiben", kommentiert Fahey.
Mit zwei neuen Songs ("C U Next Tuesday" und "All The Queen's Horses") auf dem Best-Of-Album "Singles Party (1988-2019)" geben Shakespears Sister im November 2019 insgesamt 14 Konzerte in Großbritannien, gerade noch rechtzeitig, bevor das internationale Live-Geschäft für eine längere Zeit ruht. Gegen Ende der Tournee erscheint noch die EP "Ride Again", die insgesamt drei neue Songs und zwei Remixe älterer Songs enthält.
2 Kommentare mit 3 Antworten
so viele Fehler in so wenigen Sätzen haha. Mensch und das nennt sich dann Musikjournalismus.
Das erinnert mich doch total an die Musiklexika aus den 90ern wo auch zig fehler drin waren.
Doch das war Präinternetzeitalter. Heute genügen 2 Sekunden um zu recherchieren, dass MARCELLA DETROIT 1952 STATT 1959 geboren ist.
nur einer von 30 Fehlern
Toll, danke. Da das Porträt auch ungefähr aus dem Prä-Internetzeitalter stammt, kann es sein, dass auch wir damals in Musiklexika der 90er recherchieren mussten
Who the fuck cares?
Schade dass laut.de nicht mehr über das Comeback von Shakespeares Sister berichtet hat, sonst schreibt ihr ja auch über jeden sch...z. B. Lombardi, Egli. Wirklich schade!
Sehe ich ganz genauso - kein Artikel, noch nichtmal eine Plattenkritik. Sehr, sehr schade, die beiden sind großartig!