laut.de-Biographie
Swollen Members
Kaum eine Hip Hop-Band hat einen so charismatischen und unverwechselbaren Sound wie die Swollen Members. Den verdankt die kanadische Kombo mit Basislager in Vancouver vor allem dem nasalen Organ von Shane Bunting, der als Mad Child den weißen Part des MC-Duetts stellt.
Anfang der Neunziger jobbt er im Bomb Hip Hop-Store in San Francisco und schlägt sich nebenbei als Solo-Artist mehr schlecht als recht durch. Mit der Zeit sammelt er im Bay Area-Umfeld erste fruchtbare Untergrund-Punkte bei DJ Q-Bert, Del Tha Funkee Homosapien und seinen Hieroglyphics.
Bei einer kurzen Rückkehr in seine Heimatstadt Vancouver lernt er 1995 den für seine Freestyles berüchtigten Rapper Prevail (Kiley Hendriks) und dessen langjährigen Sidekick Moka Only (Daniel Denton) kennen. Zusammen veröffentlichten die beiden unter dem Namen Splitsphere bereits 1992 das Album "Delve Into My Realm".
Es bleibt nicht beim Meet-and-Greet: Die Chemie stimmt, der Gedanke an eine gemeinsame Band schwillt an. Die drei Mitglieder sind sich einig: Die Swollen Members sind geboren. Prevail erklärt den Bandnamen in einem Interview: "Im Hip Hop bedeutet 'Swollen' einfach 'Phat'. Und die einzelnen Mitglieder passen aufeinander auf, wie die Mitglieder einer Familie – wir sind Brüder!"
Kurz nach dem Start entschließt sich Moka Only jedoch, das Trio wieder zu verlassen und sich auf seine gesangslastigere Solo-Karriere zu konzentrieren. Er bleibt der Band in den Folgejahren aber als treuer Feature-Gast verbunden.
Bei einem Trip zum B-Boy Summit 1996 in San Diego beeindruckt Mad Child bei einem Battle dann dermaßen, dass sich die legendäre Rock Steady Crew entschließt, das Duo neben den Dilated Peoples und den Arsonists in ihre honorige Verwandtschaft aufzunehmen.
Zusammen mit der Hieroglyphics-Connection ebnet das den Weg für die ersten 12"-Veröffentlichungen auf Mad Childs eigenem Indielabel Battle Axe Records: Neben Produzenten wie Joey Chavez, Evidence und Del Tha Funkee Homosapien gewinnen die Swollen Members Aceyalone von Project Blowed und den Puerto Rico-Styler Son Doobie als Features. Das trägt ihnen in der Szene viel Kredibilität fernab des boomenden Westcoast-Hypes ein.
Eher düsterer, unterschwellig aggressiver und sehr puristischer Hip Hop findet 1999 in "Balance" sein Debüt auf Album-Länge. Honoriert wird der Sound mit dem Juno-Award, der kanadischen Entsprechung des Grammys.
Zwei Jahre später folgt mit "Bad Dreams" die konsequente Weiterentwicklung dieser Struktur: Produzenten wie Alchemist, DJs wie Babu und Features wie Chali 2Na und Planet Asia erweitern Mad Childs teilweise psychopathische Selbstreflexionen und Prevails lyrische Finesse im klanglichen Umfang. Das bringt neben neuerlichen Award-Lorbeeren Kanada endgültig auf die internationale Rap-Landkarte.
Seit dem ersten Album sind die Swollen Members nonstop auf Tour. Sie spielen zig kleine Gigs, die sich im Laufe der Zeit zu riesigen Shows auswachsen. Ihre Musik landet in Filmen und Extremsport-Clips, in Videospielen und natürlich im Musikfernsehen.
Im Jahr 2002 wird Rob The Viking, langjähriger Weggefährte hinter den Reglern, offizielles drittes Mitglied und Hausproduzent der Swollen Members.
Nachdem die B-Seiten- und Remix-Veröffentlichung "Monsters In The Closet" den musikalisch eingeschlagenen Pfad nur selten, z.B. zugunsten eines Nelly Furtado-Features, verlässt, macht das dritte Album "Heavy" im Jahr 2003 einen schweren Schnitt: Als hätten die Swollen Members nie etwas anderes abgeliefert, prägen hier massive Elektronik, spürbar mehr Tempo und ein deutlich unbeschwerterer Flow das Gesamtbild. Die Reaktionen zu "Heavy" gehen weit auseinander.
Mit "Black Magic", auf dem neben anderen Everlast und Ghostface Killah vertreten sind, finden sie 2006 wieder zurück zur goldenen, weil schwärzeren Mitte:
"Wir haben von den hellen und dunklen Aspekten des Lebens ein Bild vor Augen", erklärt Prevail recht treffend den Eindruck, den der eingangs beschriebene, typische Swollen-Sound hinterlässt: Sie holen sich Inspiration am linken und rechten Ende der Graustufenskala des Lebens und transformieren diese in mal bedrückende, mal mitreißende akustische Interpretationen.
Die Zeit zieht an den Swollen Members nicht spurlos vorüber. Battle Axe Records streicht die Segel. Insbesondere Mad Child bekommt schwer zu kämpfen. Neben schwerer Tablettenabhängigkeit und Fressattacken kommt er mit dem Gesetz in Konflikt.
Sein Kontakt zu den Hell's Angels und anderen Motorradgangs befördert ihn ins Visier der Behörden. Polizisten in voller Kampfmontur fallen in Mad Childs Haus ein und führen eine Razzia durch. Auch danach steht er einige Zeit auf Schritt und Tritt unter Beobachtung.
"Ich hatte Glück, dass meine Crew hinter mir stand", erinnert er sich später an diese Phase. 2009 jedoch hat er das Schlimmste hinter sich gebracht: Die Swollen Members starten wieder durch.
"Armed To The Teeth" heißt das Album, das in den USA im Herbst, in Europa im Frühjahr darauf, in den Regalen steht. Tech N9ne, Talib Kweli und Slaine und Everlast von La Coka Nostra leisten Beistand - neben dem inzwischen zum Dauergast avancierten Tre Nyce.
Von einer Rückkehr auf die Bühnen der Welt will man bei den Swollen Members jedoch nichts wissen: "Don't call this a comeback", stellen sie unmissverständlich klar. "We never left."
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