laut.de-Biographie
Fever 333
"Die Bewegung ist größer als die Musik. Die Kunst ist nur ein Teil des Ganzen. Wir wollen sicherstellen, dass wir zu gleichen Teilen in den Aktivismus und die tatsächliche Umsetzung involviert sind. Unter keinen Umständen erwarten wir, dass andere Künstler sich dieser Aufgabe annehmen. Die meisten Menschen, die große Fortschritte erwirkten, wurden entweder ermordet oder schlicht für verrückt erklärt. Wir machen es absolut klar, dass alles, was wir tun, eine aktive Anstrengung zum Wandel ist. Es geht darum, die soziopolitische Achtsamkeit zurückzubringen. Wir versuchen einen Soundtrack für die Revolution zu schreiben, von der wir wissen, dass sie kommen wird."
Dass Aalon Butler es mit der formulierten Mission ernst meint, zeigt der Sänger, indem er zugunsten des neuen Projekts The Fever 333 seine bisherige Band letlive. kurzerhand einstampft. 15 Jahre investierte er zuvor in die Post-Hardcore-Truppe, doch ein denkwürdiger Super Bowl Sunday 2017 veranlasst ihn zu diesem radikalen Schritt.
Den Tag verbringt er gemeinsam mit Blink 182-Drummer Travis Barker und Goldfinger-Gitarrist John Feldmann. Football verkommt dabei zum Randthema: "Wir begannen, über schwarzen Punkrock zu sprechen. Punkrock und Hip Hop sind ein- und dasselbe. Sie haben sich stets auf die Fahnen geschrieben, aus Missklängen Kunst zu kanalisieren. Travis und John haben mich in dem Verlangen unterstützt, etwas zu erschaffen, das ein wenig gefährlich und subversiv ist, sowohl musikalisch als auch in der Geisteshaltung".
Das Trio erarbeitet ein Konzept, das Butler schließlich mit Stephen Harrison (ex-The Chariot) und Night Verses-Drummer Aric Improta umsetzt. Barker und Feldmann unterstützen das Trio im Anfangsstadium tatkräftig. Ersterer absolviert einen Gastauftritt beim Song "Hunting Season", letzterer produziert die Debüt-EP "Made An America". Als Gegenstimme zur Trump-Regierung wollen The Fever 333 ein Umdenken in der Gesellschaft anstoßen.
Pate stehen Revoluzzer-Combos wie Bad Brains, Public Enemy, N.W.A. und Body Count. Deren stilistische Schnittmenge aus Punk, Hardcore und Hip Hop fasst die Musik der Band gut zusammen. Auch textlich reiht sich Butler hier ein. Er wütet gegen Rassismus, Sexismus und generelle Ungleichbehandlung – und das nicht nur in der Musikszene: The Fever 333 gründen The Walking In My Shoes Foundation und finden mit Inner City Arts Los Angeles, der ACLU sowie dem Southern Poverty Law Center schnell partners in crime.
Um ihre Botschaft möglichst breitwandig unters Volk zu jagen, nutzen die Musiker ihre Beziehungen in der Branche und rekrutieren neben Barker fürs Debüt noch zwei weitere Gäste: die Rapper Yelawolf und Vic Mensa. Probleme ein Label zu finden, hat die Bande natürlich keine. Roadrunner/Warner schnappt sie sich.
Schlagzeilen machen The Fever 333 auch mit ihren Liveshows. Den ersten Auftritt absolvieren sie auf dem Parkplatz des popkulturell bekannten Donutladens Randy's Donuts in Inglewood, Los Angeles. Wenig später begeistern sie im legendären Roxy Club. Konzerte nennen Butler/Improta/Harrison 'Demonstrationen' – glaubt man einem völlig euphorisierten Schreiber des britischen Kerrang!-Magazins zurecht: "Es geht um etwas weit Größeres als den Raum, in dem sie stattfinden, als die drei Leute auf der Bühne und als die Menschen, die zusehen, mitsingen und jubeln. Das könnte tatsächlich der Beginn einer politischen Bewegung sein – und macht abseits der wichtigen Botschaft auch noch Riesenspaß".
Die Zahl '333' schrieb Butler übrigens nicht ohne Grund in den Bandnamen. "Die stärkste Form in der Geometrie ist das Dreieck mit seinen drei Punkten. 'C' ist der dritte Buchstabe des Alphabets. Die 'Drei Cs' sind 'Community', 'Charity' und 'Change'. Jeder andere Mensch, der darin investiert, ist verdammt noch mal so wichtig wie wir", insistiert er. "The Fever richtet sich an selbstbeherrschte, unabhängige Menschen, die eine Idee von Verständigung und Empathie von einem Kopf zum anderen verbreiten."
Anfang Oktober 2022 dann der Paukenschlag: Nach fünf Jahren steigen Aric Improta und Stephen Harrison zeitgleich aus. Das Verhältnis zu Butler scheint zerrüttet, persönlich wie künstlerisch. Beide kündigen an, weiterhin gemeinsam Musik machen zu wollen. Jason bedankt sich in seiner Instagram-Antwort bei dem Duo und betont, nun das nächste Kapitel von Fever 333 einläuten zu wollen.
Bei einem Guerilla-Konzert in Los Angeles im Frühjahr 2023 überrascht der Kopf des Projekts seine Fans mit News zur neuen Besetzung. Am Sound und dem diffusen Crossover haben die durchaus namhaften Neuzugänge wenig geändert. Schlagzeuger Thomas Pridgen (Ex-The Mars Volta), Gitarrist Brandon Davis (Lions Lions, Inspirit) und Bassistin April Kea (Imanigold) verschreiben sich ebenso wie ihre Vorgänger dem Ziel, Genregrenzen nach Belieben aufzusprengen. Mit "$wing" liefert die neu formierte Truppe auch gleich den ersten Vorgeschmack dafür, wie wild der Output klingen soll. Elektronische Elemente sind herzlich willkommen. Hauptsache es geht hektisch und intensiv zur Sache.
Für die Umsetzung der nächsten Platte sichert man sich mit Century Media, die sich besonders im Bereich Metal- und Hardcore eine als beliebte Anlaufstelle hervorgetan haben, Unterstützung aus Deutschland. Noch gerade rechtzeitig, um ein Statement zur Präsidentschaftswahl in den USA abzugeben, erscheint "Darker White" im Oktober 2024. "Bloß nicht zurücklehnen, bloß nicht passiv werden!", schreit einem diese Platte mit all ihrer Hektik und Intensität ins Gesicht. Politik- oder Gesellschaftskritik stehen allgegenwärtig auf der Agenda.
Doch ausgerechnet jene Verschnaufpause benötigt Jason Butler, noch bevor die Platte das Licht der Welt erblickt. Eine depressive Phase lässt nicht zu, dass die Tour wie geplant stattfinden kann. Betroffen davon sind auch einige Konzerte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wie es von hier an weitergeht, scheint offen. Feststeht: Fever 333 funktionieren nur mit einem aufgeladenen Akku. Vor allem für die Gesundheit des Sängers, aber auch für die Wirkkraft der bandeigenen Botschaft bleibt zu wünschen, dass die dringend benötigte Energie schon bald wieder zurückkehrt.