laut.de-Biographie
Boy From Brazil
Boy From Brazil heißt eigentlich Razi. Das bringt einen zwar auch nicht viel weiter, gibt aber schon mal den Weg für seine Geschichte an. Verschwommen, verrückt, gerne mal etwas unglaubwürdig und doch so spannend, dass man hinhört.
Razi wird als Sohn einer deutschen Mutter und eines palästinensischen Vaters in Deutschland geboren. Sein Vater wird Botschafter des halb-existenten Landes Palästina und zieht mit der Familie zwischen Deutschland, der DDR, der Schweiz und Palästina umher. In diesen wilden Jahren macht Razi angeblich sogar Bekanntschaft mit allerhand Terroristen (wie z.B. Carlos, dem Supermann des Terrors), die in dem Haus seiner Eltern ein- und ausgehen.
Mitte der Neunziger ist Razi dann in den verschiedensten Bands aktiv. So spielt er Bass für Stereo Total, gründet Give-Up, die auf Alec Empires Digital Hardcore-Label veröffentlichen und so als Support von Atari Teenage Riot die USA beehren, und ist Frontman der Trash Band Golden Showers.
Nachdem er seinen Wohnsitz erst nach New York und dann nach New Orleans verlagert hat, kommt Razi im Jahr 2000 mit seiner Frau Nicole Morier (auch in der Band Electrocute aktiv) nach Berlin zurück. In der Ur-Suppe der frischen Berliner Electro-(Pop) Szene entsteht dort 2001 sein neues Projekt Boy From Brazil, dessen Name sich auf dem 78er Film "The Boys from Brazil" (mit Gregory Peck und Laurence Oliver) beruft.
Razi lässt hier sprichwörtlich die Sau raus. Musikalischen gibt es kaum Grenzen, vom 50er Rockabilly über Punk bis hin zu Elektro verwurschtelt er alles, was in der Musikgeschichte der letzten Jahrzehnte mal irgendwo zu hören war und bei drei nicht auf den Bäumen ist. Außer 'weird' gibt es da kaum eine Linie. Offenheit ist alles.
Auch live muss man offen sein, denn was Razi dort veranstaltet, ist bestimmt nicht jedermanns Sache. Mit den großen Gesten hat er es. Egal, ob er nun das charmante Gentlemanhafte eines Elvis betont, oder exzentrisch die Weiblichkeit im Manne raushängt, wie es damals die New York Dolls oder Iggy taten – es geht um das Entertaining. Und deshalb ist Razi Frontman par excellance.
Dass er das Sexuelle gerne in den Vordergrund stellt, macht Sinn, wenn man Razis Geschichte in der Kunstszene betrachtet. Als Kurator war er u.a. für die Eröffnungsausstellung des Museums für pornographische Künste in Lausanne, sowie für die Ausstellung "Sex and Subversion ...Forbidden Art in the Ninties" im Museum of Death in San Diego verantwortlich. Außerdem sammelt er Bücher über allerlei verrücktes Sexspielzeug.
Im September 2003 erscheint dann seine Debüt-EP "Trash! Boom! Bang!" auf dem Berliner Label Trans Solar, auf der man u.a. auch ein Cover von Serge Gainsbourgs "Le Claquer de Doigts" finden kann.
Nachdem er als Support-Act die Yeah Yeah Yeahs auf ihrer Europa-Tour begleitet, erscheint im Oktober 2004 sein mit allen möglichen Stilen vollgepacktes Debüt-Album "Pointless Shoes" (Trans Solar). Darauf schart Razi nahezu die komplette Berliner Electro-Szene um Gonzales, Christoph De Babalon, Patric Catani oder Angie Reed um sich, und öffnet so sein verrücktes Gebräu noch tausend weiteren Einflüssen aus allen möglichen Richtungen, damit es immer noch ein kleines bisschen verrückter und provokanter wird.
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