Porträt

laut.de-Biographie

Die Kassierer

Bei den Punkrockern Die Kassierer stellt sich häufig die Frage, ob man einfach nur einen guten Sinn für Humor braucht, um die sehr oft unter die Gürtellinie gehenden Songs zu verstehen? Oder sogar eine perverse Ader? Oder muss man einfach nur ein Mann sein, der auf tiefsinnige und feinfühlige Textzeilen steht und die Band Eisenpimmel über seinem Bett hängen hat? Oder doch eher eine quirlige, blondierte Frau, die mehr auf den Rhythmus achtet und verständlich mit dem Köpfchen wackelt? Oder Niels Ruf heißen? Oder einfach für immer Punk sein und die kultigen Ruhrpott Jungs zum Knuddeln gern haben?

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Egal, zu welcher Kategorie man gehört. Die Kassierer aus der schönen Stadt Wattenscheid hasst man oder liebt man. Von Punkern über Popper, Bankkaufleute und Rocker bis hin zu Arbeitslosen und Assis mit oder ohne Niveau. Jede Altersgruppe ist vertreten, und sogar das weibliche Geschlecht ist von dieser Band begeistert, abgesehen natürlich von Alice Schwarzer.

Wolfgang Wendland (Gesang), Volker Kampfgarten (Schlagzeug) und Mitch Maestro (Bass) kennen sich schon aus der Schule. Die Gitarristen werden häufiger gewechselt. Da ist mal ein Kiffer dabei oder einer, den es dann doch eher nach Frankreich zieht. Übrig bleibt der Nikolaj Sonnenscheiße. Letztendlich haben alle nur das EINE im Kopf.

1985 gibt es das erste Punkkonzert mit der Ursprungsversion. Die Jungs sitzen an der Kasse und später selber auf der Bühne. Keine Frage also, welchem Umstand das Quartett seinen Namen zu verdanken hat. Beim ersten Konzert der Kassierer kommt natürlich gleich die Polizei zu Besuch. Krankenwagen, Schlägerein und Pöbeleien gehören bald zum Programm. Ihre Instrumente beherrschen sie perfekt. Das Talent entdeckt zum Beispiel der Gitarrenlehrer von Volker und Mitch, die immerhin ein halbes Jahr eine Musikschule von innen sehen dürfen.

Der männliche Anteil auf den gut besuchten Konzerten ist recht dominant. Doch zwischen Bierbäuchen und fettigen Haaren trifft man auch Frauen, die bei Liedern, wie "Die Scheide von Kristiane Backer" oder "Mach die Titten frei, ich will wichsen" laut mitgrölen, Bier saufen und herum rotzen. Darüber kann man sich wundern und fragt sich, ob die Damen wissen, worüber sie singen?! Egal! Hauptsache Party! Die Kassierer machen Spaßpunk, wobei sie das mit Sicherheit nicht gerne hören. Vielleicht dann eher Prollpunk oder Schwanzpunk. Letzteres wäre wohl mehr in ihrem Sinne, und die Fans lieben es. Auf den Index haben es ihre Platten bisher noch nicht geschafft. Ist ja alles nur Satire.

Es muss jedoch nicht immer von Geschlechtsteilen, Fäkalien oder frauenfreundlichen Schlachtrufen die Rede sein. Die Kassierer gehen weitaus tiefer und fragen auch mal nach dem Sinn des Lebens ("Im Jenseits gibt es kein Bier"), analysieren zwischenmenschliche Beziehungen ("Ich töte meinen Nachbarn und verprügel seine Leiche") und diskutieren gesellschaftliche Ereignisse ("Besoffen sein"). Für Überraschungen sind die vier Kleinstadt-Prolls immer zu haben. Mit "Taubenvergiften" huldigen sie einen berühmten Liedermacher namens Georg Kreisler. Qualitativ hat das zwar mit dem Original nicht wirklich was zu tun, aber die Kassierer geben sich auch hier besonders viel Mühe. Ganz ohne Ekel-Phallus-Punk-Proll-Attitüde. Ihr exzellentes Englisch präsentieren sie auf "Gentlemen Of Shit" von 1998. Darauf befinden sich Hits wie "Alien, where is your asshole" (Außerirdischer, wo befindet sich dein After?) oder "Dead, Dead, Dead" (Tot, Tot, Tot).

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Es hat sich auf jeden Fall herumgesprochen, dass man die Kassierer unbedingt live sehen muss. Da sollte man sich vielleicht mal beeilen, denn jünger werden wir alle nicht. 2005 feiern sie immerhin schon ihr 20-jähriges Jubiläum. So könnte auch eine neue Songzeile der Band heißen "Wir sind die alten Pimmelnelken und haben einen Bierbauch. Doch lecken können wir immer noch. Ihr uns auch. Ihr werdet uns nicht los. Halt's Maul, am Arsch, hey ho, let's go ..." Oder so ähnlich.

Abseits der Bühne betätigt sich Sänger Wölfi in der Politik und tritt für die APPD (Anarchistische Pogo Partei Deutschland) 2005 als Kanzlerkandidat an. Die Partei sorgt in diesem Jahr mit ihrem kontroversen Wahlwerbespot für Furore. In der Zeit lässt ein neuer Longplayer der Anarcho-Truppe jedoch auf sich warten. Erst 2010 erscheint mit "Physik" das siebte Studioalbum der Kassierer.

Die Punker produzieren immer wieder kuriose Schlagzeilen. So schüchtert Wolfgang Wendland Anfang 2013 die Sängerin Lena mit einem Auftritt im Adamskostüm in der ProSieben-Sendung Circus Halligalli ein. Im Herbst 2015 kandidiert Wendland bei der Wahl des Oberbürgermeisters und erzielt mit beinahe 8 Prozent der Stimmen ein sehr respektables Ergebnis. Im selben Jahr bringt die Band das Album "Musik für beide Ohren heraus" und ist im Herbst als potenzieller Ersatz für Xavier Naidoo beim Eurovision Song Contest 2016 in aller Munde.

Eine Petition fordert dazu auf, die Spaßtruppe anstatt Naidoo nach Stockholm zu schicken. Am besten natürlich nackt und mit dem Hit "Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist". Bestimmte Teile der Feierkultur Deutschlands und das innige Verhältnis seiner Bürger zum Gerstensaft verkörpern Die Kassierer jedenfalls perfekt.

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Fr 10.01.2025 Frankfurt (Zoom)
Sa 01.03.2025 Münster (Skaters Palace)
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Sa 29.03.2025 Cottbus (Gladhouse)
Sa 19.04.2025 Hamburg (Große Freiheit)
Alle Termine ohne Gewähr

Surftipps

  • Offizielle Seite

    Viel Assi mit Niveau.

    http://www.kassierer.com
  • Facebook

    Anarchie im sozialen Netwerk

    https://www.facebook.com/Kassierer

4 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 8 Jahren

    Schade, dass die mächtigen Kassierer hier nie 'ne Review bekommen haben. I suggest un Meilénstein?
    Ist natürlich schwer, sich da zu entscheiden. Persönlich würde ich halt entweder "Habe Brille", "Musik für beide Ohren" oder "Männer, Bomben, Satelliten" vorschlagen. So viele Hits. Und live natürlich mega unterhaltsam, wenn man gut getankt hat.

  • Vor 5 Jahren

    Ein Leben ohne "Die Kassierer"? Unvorstellbar. 28 Jahre über Atomkraft nachdenken, Das schlimmste.. überleben oder einfach nur "besoffen sein" der Westen hat nur wenig gutes nach 1990 in den Osten gepumpt, aber Kassierer waren ein Teil des "Guten". See you... Wolfi. Glaubitz?

  • Vor 4 Jahren

    Musik für beide Ohren kam Ende der neunziger raus

  • Vor 2 Jahren

    Ich sitz hier gerade mit Niki Sonnenscheisse und der erzählt mir, wie falsch die Bandgeschichte an manchen Teilen bei Wikipedia und in der Presse erzählt wird.

    Das ist Niko letzte Wikipedia Korrektur, die aber immer wieder von Wikipedia gelöscht wird, weil die Änderungen vom Gitarristen der Band nicht als wahr gewertet wird. :-)

    "Die Band wurde 1985 in der Besetzung von den Brüdern Wolfgang „Wölfi“ Wendland, Volker Kampfgarten (eigentlich Volker Wendland) und Mitch Maestro gegründet. Der Name geht der Legende nach darauf zurück, dass die Mitglieder an der Kasse eines selbstveranstalteten Konzerts saßen und dabei spontan eine Band gründeten. An der Gitarre stieß im Herbst 1985 Nikolaj Sonnenscheiße (eigentlich Nikolaj Hagemeister) fest zur Band.

    Von 1985 bis 1993 gab es eine Phase, in der die Band mit zwei Gitarristen spielten. An der zweiten Gitarre gab es mit dem späteren Ruhrpott-AG-Rapper Pahel Brunis und Achim „Wah Wah“ Weigel von Carnival of Souls,eine wechselnde Gitarrenbesetzung. Seit 1993 spielten die Kasserer wieder nur zu viert in der Besetzung von 1985.

    Gruß
    Mkel