laut.de-Kritik
Country is the new cool.
Review von Kerstin KratochwillBeyoncé hat es getan, Lana Del Rey wird es bald tun und Julien Baker & Torres tun es mit ihrem ersten Album als Duo ebenfalls: Sie widmet sich dem Country. Die zwei queeren Singer-Songwriterinnnen aus den Südstaaten arbeiten sich nun auch an dem schwierigen konservativ schwingenden Genre ab.
In der Tradition von Ikonen wie Loretta Lynn oder Johnny Cash, die dem Country ein eigenes Storytelling verpassten, schreiben Julien Baker aus Memphis und Torres aus Georgia diese Tradition auf ihre ganz eigene Weise weiter und legen neue Perspektiven auf ihre US-Heimat. Ihre Lieder klingen trotz klassischen Country-Vibes frisch und frei von Konventionen, meist entspannt vor sich hin schwingend wie auf einer Vorgarten-Schaukel und sich gemeinsam daran erinnernd, wie es war, als queere Jugendliche in den amerikanischen Südstaaten aufzuwachsen.
Ihre ineinander verwobenen Stimmen geben dem stimmigen und stimmungsvollen "Send A Prayer My Way" eine unglaublich intime wie interessante Atmosphäre. Sie kreieren einen eigenen 'Alternative Country Americana' Sound, der auch Hörerinnen und Hörer anspricht, die mit diesen Genres bis jetzt nichts am Country-Hut hatten. Dazu trägt natürlich ihr Indie-Einfluss bei, so dass auch Fans von Mitski, Courtney Barnett oder Boygenius (zu dem Trio gehört ja auch Julien Baker selbst sowie ihre Partnerin Lucy Dacus und Phoebe Bridgers) sich in dem Album verlieren dürften.
Neben folkig angehauchten Tracks, schmeichelnden wie spartanischen Harmonien und dem Einsatz von Pedal-Steel und Banjo sind es auch ihre Erzählungen über klassische Country-Themen wie Sucht ("Bottom Of The Bottle"), Landschaften ("No Desert Flower") oder Liebesleid ("Tuesday"), die sie nun aus ihrer queeren Sicht entfalten, die dieses Album zu etwas Wunderbaren wie Wirkmächtigen machen. Und das ganz ohne Klischees und mit viel Leidenschaft sowie einer zaghaften wie zärtlichen Hoffnung angesichts des aktuellen Amerika und seinem Backlash.
Sich ein Genre zurückzuerobern, das vornehmlich weißen konservativen Musikfans "gehört" und mit Leben und Liebe zu füllen, ist die große Leistung von Julien Baker und Torres. Wäre schön, wenn dies nicht die einzige Kollaboration von beiden bleibt.
1 Kommentar
nobles ansinnen, trotzdem laaaangweilig.