laut.de-Biographie
Lizzy Borden
Lizzy Borden erlangte in den USA am 4. August 1892 traurige Berühmtheit, als bekannt wurde, dass sie angeblich ihren Vater und ihre Stiefmutter auf recht grausame Art und Weise mit einer Axt vom Diesseits ins Jenseits befördert hat. Allerdings reichten die Beweise wohl nicht aus, weshalb sie am 20. Juni 1893 freigesprochen wurde. In der amerikanischen Folklore hat der Fall aber dermaßen für Aufsehen gesorgt, dass die Geschichte um die junge Frau immer noch häufig erzählt wird und diverse Bands zu Songs inspiriert hat.
Darunter sind nicht nur Alice Cooper und Flotsam, sondern auch eine Truppe aus Los Angeles, die sich den Namen im April 1983 direkt auf die Fahne schreibt. Warum sich ein Kerl ausgerechnet den Namen Lizzy Borden gibt, bleibt zwar ein Rätsel, aber in der Glam Metal-Szene ist tuntiges Outfit und ähnlicher Blödsinn zu der Zeit keine Seltenheit. Allerdings ist die Band musikalisch kaum diesem Genre zuzurechnen. Jedenfalls legt der Sänger zusammen mit seinem Bruder Joey Scott Harges (Drums), Gitarrist Tony Matuzak und Basser Mike Kenny los, und vom ersten Demo schafft es auch direkt ein Track auf den vierten "Metal Massacre"-Sampler. Keine Frage also, dass Brian Slagel sie auf sein Metal Blade Label holt.
So erscheint ein Jahr später die EP "Give 'Em The Axe", auf der schon die beiden Neuzugänge Mike Davis (Bass) und der zweite Gitarrist Gene Allen zu hören sind. Live verfolgen sie ein ähnliches Konzept wie Alice Cooper oder KISS und geizen nicht mit blutigen Requisiten und natürlich dem wichtigsten Utensil: einer Axt. Nach zahlreichen Gigs an der Westküste erscheint im Sommer '85 das erste, vollständige Album "Love You To Pieces". Für Tony ist es die letzte Veröffentlichung mit der Band, denn er räumt seinen Platz kurz nach der Veröffentlichung für Alex Nelson. Die Scheibe ist vom Sound her zwar alles andere als ein Maßstab, doch die Songs sind exzellenter Speed/Power Metal.
Für viele Bands eher ungewöhnlich, wagen sich Lizzy Borden als nächstes direkt an eine Live-Aufnahme. "The Murderess Metal Roadshow" schneiden sie an einem Freitag den 13. auf Ton- und Bild-Material mit und geben dort auch "Live And Let Die" von Paul McCartney zum Besten. Die blutige Bühnenshow, die man auf Video nun auch daheim verfolgen kann, löst im konservativen Amerika natürlich jede Menge Diskussionen und Proteste aus. Lizzy Borden nutzen das aus und betiteln ihr nächstes Werk formgerecht mit "Menace To Society". Dieses erscheint ebenfalls 1986 und steigt auch prompt in die US-Charts ein.
Anstatt weiter auf der Provokationswelle zu reiten, beweist die Band Stil und legt ihr Metzel-Image nach der Scheibe zu den Akten. Somit geht es auf der US-Tour mit Motörhead weitgehend unblutig zu und Lizzy Borden freuen sich über steigende Verkaufszahlen. Im folgenden Jahr legen sie mit der EP "Terror Rising" nach, nachdem eine geplante Europa-Tour mit Saxon kurzfristig geplatzt ist. Dennoch setzen sie '87 nach Europa über und spielen im Marquee Club in London ein paar Gigs, ehe sie auch auf dem Reading Festival auftreten.
Alex Nelson fliegt allerdings wenig später raus und wird durch Joe Holmes ersetzt. Der gibt sein Debüt auf "Visual Lies", das einmal mehr in die Charts einsteigt und endlich auch über einen anständigen Sound verfügt. Da die Scheibe auch sehr kommerziell ausfällt, tauchen die ersten kritischen Töne unter den Fans auf, was die Band mehr und mehr zu spüren bekommt. Joe wandert schnell wieder in Richtung David Lee Roth bzw. Ozzy Osbourne ab, und auch Gene Allen bekommt seine Papiere ausgehändigt. Lizzy Borden ist also mehr oder minder das Solo-Projekt des Sängers, der zwar weiterhin auf seinen Bruder als Drummer und Mike Davis als Basser zurückgreift, ansonsten aber eine ganze Schar Gastmusiker anheuert.
Auf dem nächsten Album "Master Of Disguise" sind zehn verschiedene Musiker und sogar ein 40-Mann starkes Orchester zu hören. In den USA zahlt sich das einigermaßen aus, mit der bis dato höchsten Charts-Position, doch in Europa hält sich die Begeisterung in Grenzen. Ende '89 sind sie zusammen mit Manowar, Saxon, Fates Warning und Sabbat auf den 'Christmas Metal Meetings' zu sehen und spielen später noch eine Clubtour mit den Tigertailz. Der Deal mit Metal Blade geht aber bald flöten, und obwohl sie noch bis Anfang der 90er diverse Konzerte mit unterschiedlicher Besetzung spielen, lösen sich Lizzy Borden bald auf.
Lizzy und sein Bruder gründen unter dem Namen Diamond Dogs eine Band (nicht zu verwechseln mit den Schweden gleichen Namens), gehen aber weder auf Tour, noch nehmen sie irgendwelche Alben auf. Mike Davis ist derweil schon seit Ende der 80er bei Nocturnus als Gitarrist aktiv und Joe Holmes klampft schon kräftig für den Madman.
Posthum erscheint 1994 eine "Best Of"-Scheibe, doch es dauert noch drei weitere Jahre, ehe sich die ersten Gerüchte über einen Reunion durch den Underground wühlen. Auf dem Bang Your Head-Festival in Balingen spielen sie '99 ihren ersten Gig und haben auch das blutige Image wieder eingeführt. Dieses bringt Fronter Lizzy allerdings in arge Bedrängnis, als er auf dem Rückweg am Flughafen in L.A. erst mal erklären muss, warum er eine blutige Axt im Gepäck hat.
Neben Lizzy und seinem Bruder Joey sind inzwischen wieder Gitarrist Alex Nelson und der Basser Marten Andersson in der Band. Dieses Line-Up spielt auch 2000 "Deal With The Devil" ein und geht im Vorprogramm von Yngwie Malmsteen auf Tour. Allerdings kommt es auf der Tour zu einem fast tragischen Zwischenfall, als der Roadie Ulrik Zander von drei Kugeln getroffen wird, als er einen Diebstahl verhindern will. Glücklicherweise überlebt er den Schusswechsel. Doch das Schicksal schlägt drei Jahre später erneut zu, denn Alex Nelson kommt bei einem Autounfall am 17. Mai ums Leben.
Lizzy Borden liegt zunächst einmal mehr auf Eis und Lizzy, Joey und Marten firmieren mit Gitarrist Joe Seals unter dem Banner Starwood. Unter diesem Namen veröffentlichen sie über Metal Blade eine Hard Rock-Scheibe namens "If It Ain't Broke, Break It!", doch auch damit ist auf Dauer nicht viel zu holen. So verwundert es nicht sonderlich, dass sich Lizzy Borden 2006 schon wieder an die nächste Reunion wagen. Das Grundgerüst am Mikro, Bass und den Drums ist das selbe, doch mit Ira Black (Ex-Heathen/Vicious Rumors) leihen sie sich einen erstklassigen Gitarristen aus. Mit ihm geht es zusammen mit W.A.S.P. auf Tour.
Auch an den Aufnahmen zum nächsten Album ist er beteiligt, doch einmal mehr sind jede Menge Gastmusiker mit dabei. So spielen sowohl Corey Beaulieu (Trivium) und George Lynch (Ex-Dokken) ein paar Gitarren ein, als auch Erik Rutan (Hate Eternal/Morbid Angel). Für den Gig im Rahmen der Feier zum 25-jährigen Jubiläum von Metal Blade steht außerdem noch Jack Frost (Seven Witches/Bronx Casket Co.) als Gitarrist auf der Bühne.
Das neue Album "Appointment With Death" erscheint Anfang November. Inzwischen haben sie sich ein Outfit irgendwo zwischen The Misfits und dem Black Metal typischen Corpsepaint zugelegt.
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