laut.de-Biographie
Michael Kiwanuka
Die Fußstapfen sind groß, in die Michael Kiwanuka zu Beginn seiner Karriere tritt. Als Gewinner der Wahl zum BBC Sound Of 2012 beerbt er Künstler wie Adele, Corinne Bailey Rae und Keane. Etwas mehr als eine Hand voll Songs reichen, um die aus 184 Musikjournalisten, DJs und Blogger bestehende Jury zu überzeugen und andere Newcomer wie Frank Ocean oder Azealia Banks auf die Plätze zu verweisen.
"Ich habe Michael gewählt, weil seine Musik mich wirklich gepackt hat, als ich sie im Sommer erstmals hörte", blickt etwa David Smyth vom London Evening Standard auf die "Tell Me A Tale EP" zurück, die den Studiogitarristen Michael Kiwanuka als Sänger bekannt macht. Drei Titel und etwa 15 Minuten ist die Spielzeit der Scheibe, die den Hörer nachhaltig umgarnt und ihn musikalisch um Jahrzehnte in die Vergangenheit entführt.
Ein bisschen Folk und Jazz, eine Prise Blues und viel Soul ist die Rezeptur, mit der Kiwanuka die Kritiker auf seine Seite zieht. Auf den ersten Blick nichts Besonderes angesichts der Masse sogenannter Vintage-Musiker, die seit Amy Winehouse und Daptone die Musikszene der Insel und der USA bevölkern. Wenn Kiwanukas Stimme nicht wäre.
"Da ist nichts Originelles an diesem britischen Retro-Soul-Man", urteilt der britische Guardian entsprechend, um im nächsten Satz ein Ausrufezeichen zu setzen: "Aber wenn du klingst wie Bill Withers, Van Morrison und The Temptations ist das vielleicht gar nicht so schlecht."
"Die Stimme ist ziemlich tief, aber ich habe nicht trainiert, um sie so klingen zu lassen. Zum Glück für mich hört sie sich einfach so an", sagt Kiwanuka über sein Organ, das ihm Plattendeals mit Communion und Polydor einbringt. Paul Butler von The Bees wird auf den Gitarristen aufmerksam, auf der Isle Of Wight produzieren sie seine Debüt-EP "Tell Me A Tale". Später geht Kiwanuka mit Adele auf Europatour, zudem spielt er bei Björk, den Red Hot Chili Peppers und Noel Gallagher.
Bereits vor dem Erscheinen von "Home Again" (2012) adelt Neal Sugarman, Chef von Daptone, Kiwanuka im Interview mit laut.de als "großartigen Sänger". Und auch mit "Love & Hate" (2016) tänzelt Kiwanuka wieder leichtfüßig auf den Schultern von Giganten.
Dass Kiwanuka den Soul überhaupt für sich entdeckt, ist der beigelegten CD eines Musikmagazins zu verdanken. Als Teenager spielt er in Rockbands, im Player des Engländers mit ugandischen Wurzeln rotieren The Verve, Nirvana und Radiohead. Doch eine seltene Akustikaufnahme von Otis Reddings' "Sitting On The Dock Of The Bay" stellt Kurt Kobain und Thom Yorke in den Schatten. "Du konntest die Toningenieure sprechen hören, während die Akustikgitarre schrammelte. Ich liebte diesen Sound. Und dann startete diese herrliche Stimme", erinnert sich Kiwanuka bei der BBC.
Fortan ist moderne Musik nahezu tabu. Kiwanuka studiert die glorreichen Sechziger und Siebziger, verfällt den Dylans, Reddings, Greens und Martyns – und darf letztlich sogar mit einer dieser Legenden zusammenspielen. James Gadson, bekannt als "Menschliches Metronom", spielte unter anderem für Bill Withers, Quincy Jones, Herbie Hancock, B.B. King und auf der Originalversion von Gloria Gaynors Welthit "I Will Survive". Paul Butler holt den Drummer für einige Sessions ins Studio und macht aus großen Fußstapfen riesige. Doch Kiwanuka füllt sie problemlos aus.
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