6. Oktober 2020
"Vor uns Ufo361, nach uns RIN, und wir fehl am Platz"
Interview geführt von Eberhard DoblerIhre Spielfreude und Fertigkeiten am Instrument werden seit Jahren weit über die Landesgrenzen Österreichs hinaus gelobt. In diesen Tagen veröffentlichte das Progressive-Psych-Trio ein neues Studioalbum. Höchste Zeit, mal den State of the art abzufragen.
Mother's Cake sind für die Bühne gemacht. Nicht umsonst sind zwei der mittlerweile sechs veröffentlichten Platten Livealben. Und auch die Neuveröffentlichung "Cyberfunk!" schreit geradezu danach, live aufgeführt zu werden. Doch Corona macht allen einen Strich durch die Rechnung. Jan Haußels, Yves Krismer und Benedikt Trenkwalder lassen sich davon allerdings nicht entmutigen. Im Gegenteil: Die momentane Situation könne vielleicht auch Positives bewirken.
Corona legt den Livemusik-Betrieb seit einem halben Jahr praktisch still: Konntet ihr die finanziellen Folgen abfedern?
Das ging sich eh aus, wie man in Österreich so schön sagt. Es gibt hier für Künstler einen sogenannten Härtefall-Fond. Der war die ersten Monate sehr knapp bemessen, eine Staatssekretärin später hat sich da aber was getan. Viel mehr Sorgen mache ich mir um die Club-Szene.
Das Festival- und Club-Leben, wie wir es kannten, könnte, wenn es schlecht läuft, nicht vor 2022 zurückkehren. Ihr selbst sprecht in Interviews vom Glück, Profimusiker sein zu können. Hat die Corona-Pandemie diese Sicht verändert?
2022 ... so weit habe ich ehrlich noch nie voraus gedacht. Im Moment bleiben wir im Team optimistisch und hoffen auf etwas mehr Normalität für unsere Deutschland-Tour im März 2021. Ich würde immer noch sagen, dass es ein Privileg ist, von Musik leben zu können. Zurzeit existiert dieser Beruf leider nur für niemanden mehr so richtig, und das würde ich natürlich nicht als Glück bezeichnen.
Derzeit fühlt es sich allerdings noch nach einer lang verdienten Pause an, obwohl wir mit dem neuen Album "Cyberfunk! natürlich nichts lieber tun würden, als zu touren. Und who knows: Vielleicht resultiert so viel Konzertabstinenz sogar in einer neuen Wertschätzung für das Business. Das wäre gar nicht so verkehrt.
Habt ihr trotzdem schon einen 'Plan B' in der Hinterhand, sollte der Worst-Case eintreten - also auf lange Sicht keine Gigs mehr spielen zu können, die sich rechnen?
So ein bisschen sind wir eh schon im Worst-Case drin, wobei der, wie du sagst, natürlich noch schlimmer werden kann. Wir haben uns jetzt mal mit einer Art Winterschlaf abgefunden, den wir aber recht bald wieder für kreativen Output nutzen wollen. Da gibt es schon die ein oder andere Projektidee, die wir nach "Cyberfunk!" in den Fokus nehmen.
Yves Krismer, unser Frontman, ist schon wieder inspiriert und hat Ideen für neue Entwürfe im Kopf. Sollten wir also tatsächlich noch ein ganzes weiteres Jahr nicht wirklich touren können, werden wir sicher anfangen zu schreiben.
"Die Social Media-Personalities blasen uns nicht gerade Wind in die Segel"
Vom unschönen aktuellen Zeitgeschehen zurück zur bisherigen Karriere: Ab welchem Zeitpunkt war euch bewusst, dass ihr von der Musik leben könnt?
Den Entschluss haben wir erst vor ein paar Jahren getroffen, als wir durch einen neuen Partner die Möglichkeit für größere und längere Tourneen bekamen. Das geht natürlich nur mit einem entsprechenden Zeit-Commitment. Dann hieß es alles oder nichts. So richtig klar ist es gefühlt aber nie, dass man wirklich davon leben kann.
Es gibt einen stetigen Wandel in der Branche, und zu den Alten, Etablierten gehören wir auch nicht wirklich. Die Trends hin zur Streaming- und Social Media-Personality sind jetzt auch nicht gerade das, was einer Underground-Rockband Wind in die Segel bläst. Es bleibt spannend!
Wie fühlt man sich denn als Vertreter des guten alten Rock'n'Rolls, wenn die Jugend heute in der Masse eher auf Apache 207 oder Raf Camorra abzufahren scheint?
Alt! (lacht) Wir hatten vor zwei Jahren einen Slot am Szene Openair. Vor uns hat Ufo361 gespielt, nach uns RIN. Damn, waren wir fehl am Platz! Bis dato hatte ich keine Ahnung, wie groß das alles schon ist. Nachdem die Leute aber so dermaßen in Ekstase kamen, war mir das dann auch mal klar. Ich mache jetzt mal nicht den Fehler, zu sagen, das alles Schrott ist, was heutzutage groß und berühmt wird. Ich sags mal so: Eurodance war auch mal geil.
Wie kam die Connection mit dem mittlerweile verstorbenen Mars Volta/Jack White-Keyboarder Ikey Owens beim Debüt "Creation's Finest" zustande? Spielte er in eurer Karriere eine besondere Rolle oder bescherte er einfach nur ein tolles Albumfeature?
Letzteres! Eine große Rolle hat er für das Album einer befreundeten Band gespielt, Milk+. "Band On Wire" heißt deren Meisterwerk - lohnt sich da mal reinzuhören! Ikey hat nicht nur gespielt, sondern auch produziert. Ich bin dann nur mal als Fanboy ins Studio vorbei und hab das "Soul Prison"-Feature erschlichen.
Zur aktuellen Platte: "Cyberpunk!" dürfte Mother's Cake-Fans nicht enttäuschen. Im Gegenteil. Wenn ihr ans Debüt zurückdenkt - wie habt ihr euch im Laufe der Jahre verändert?
What goes around, comes around! Ich denke, das beschreibt unseren Werdegang irgendwie sehr treffend. Zumindest verspürten wir für "Cyberfunk!" wieder diese Leichtigkeit, die man noch vage aus der Anfangszeit in Erinnerung hat. Klar, mit einer anderen Reife, musikalischen Vision und Geschichte, die man erzählen möchte, aber irgendwie auch vertraut. Und ja, ich denke auch, obwohl sich so viele kurze Nummern auf der Platte finden - und das mag der gemeine MC-Fan nicht wirklich - werden sehr viele Fans der ersten Stunde auf ihre Kosten kommen.
"Wir waren erst mal ein Schock fürs Publikum"
Wie kommt man eigentlich an Gigs in Indien?
Speed-Dating! Nein, niemand aus der Band. Der Manager war bei einem dieser Showcase-Festivals, und da gab es wohl so 'ne Art Speed-Dating für Branchenleute. Da hats dann wohl gefunkt, und der Rest ist Geschichte.
Waren die Auftritte in Bangalore und Mumbai ein Kulturschock? Man hat ja kaum eine Vorstellung davon, wie Rock-Konzerte in Indien im Vergleich zu Europa und Nordamerika ablaufen ... erzähl' doch mal!
Die Clubshows haben sich lustigerweise sehr vertraut angefühlt. Allerdings arbeiten dort in einem Club für so einen Abend gefühlt 20 Leute. Es wurden sogar die Becken nochmal sauber gemacht vor der Show. Jedes Stockwerk hatte einen Wegweiser, damit man auch ja den Eingang findet. Krasser war es eigentlich in den wenigen Momenten, die wir in den Städten verbracht haben.
Das letzte Konzert war dann ein echt fettes Festival. Da waren wir dann, glaube ich, erst mal der Schock fürs Publikum. Allerdings hat es nur ein paar Nummern gedauert, dann ging der Gig doch richtig ab. War ein großartiges Gefühl, in so einer fremden Welt zu 'connecten'.
Wie ist das Verhältnis der Bands in Österreichs Musikszene untereinander? Wie steht ihr etwa zu ebenfalls erfolgreichen Kollegen wie Bilderbuch oder Wanda? Kennt man sich? Eher Konkurrenten? Eher Freunde? Vergleicht man sich überhaupt?
Vergleichen? Nee du, die machen ja ganz andere Musik. Beide haben ihren unverkennbaren Style, und das ist großartig. Kennen tun wir uns leider nicht. Wir sind aber Fans beider Kandidaten, und schon auch ein bisschen stolz, das solche Kaliber bei uns aus dem Boden schießen. Gibt ja noch andere unfassbar Gute, die vielleicht auch eher so wie wir die kleinen Clubs ihr Zuhause nennen.
Und die letzte Frage kam vermutlich auch schon ... Warum nicht eine Mother's Cake-Platte mit deutschen Texten?
Mit zwei Tirolern und einem Sprachverwirrten wird das mit den deutschen Texten vielleicht sogar noch schwieriger als mit den englischen. Spaß beiseite: Unsere großen Vorbilder und prägenden Einflüsse sind zu 99 Prozent englischsprachig. Da kam der Gedanke, auf deutsch zu singen, noch nie auf.
1 Kommentar
Die drei Punkte für Cyberfunk sind immernoch ne Frechheit, in Relation zu super bewertetem Dreck. Scheinen also nicht nachtragend zu sein, die Mutterkuchenschlecker.