laut.de-Biographie
Nat King Cole
Auch Jahrzehnte nach seinem Tod ist die Diskussion nicht abgeschlossen, mit welchem Aspekt seines Schaffens Nat King Cole den wichtigeren Platz in der Musikgeschichte verdient hat. Ist es der begnadete Jazz-Pianist, oder doch eher der charmante Entertainer mit Daueraufenthalt in den oberen Etagen der Charts? Wie das ungebrochene Interesse an zahllosen Best-Ofs, Compilations und Rarities-Veröffentlichungen jedenfalls zeigt, bleibt er eine Größe im Geschäft.
Nathaniel Adams Coles kommt am 17. März 1919 (anderen Quellen zufolge 1917) in Montgomery, Alabama in armen Verhältnissen zur Welt. Der Vater arbeitet zunächst als Schlachter, nimmt aber einen Ruf als Prediger an, als die Familie vier Jahre später nach Chicago zieht.
Schon als Kind lernt Cole das Klavier seiner Mutter spielen und begeistert sich ebenso wie sein Bruder Eddie (Kontrabass) für Musik. Gemeinsam gründen sie die Eddie Cole's Swingsters, touren in der Umgebung Chicagos und unterschreiben einen Plattenvertrag bei Decca. Zur Combo gehört auch die Tänzerin Nadine Robinson, die Nat Cole 1937 heiratet.
Im selben Jahr trennen sich die Wege der Brüder, ohne dass ihre Studioaufnahmen das Licht der Welt erblicken. Nat Cole versucht sich in Los Angeles als Solopianist, bevor er zwischen 1937 und 1940 mit Bass- und Gitarrenbegleitung als fester Gast im Swanee Inn auftritt. Aus der ersten Zeile eines populären Kinderliedes ("Old King Cole was a merry old soul") leitet die Band den Namen King Cole Trio ab.
Mit einem neuen Vertrag bei Decca ausgestattet, veröffentlichen sie 1941 ihre erste Single "That Ain't Right", die an die Spitze der Billboard's Harlem Hit Parade klimmt. Es ist der erste von zahlreichen Erfolgen im Laufe der 40er Jahre: Die folgenden Singles "All for You" (1942), "Straighten Up and Fly Right", "Gee Baby, Ain't I Good to You" (beide 1944) machen das Trio national bekannt, "(I Love You) For Sentimental Reasons" (1946) und "Nature Boy" (1948) schaffen es gar an die Spitze der Charts. "The Christmas Song (Merry Christmas to You)" (1946) erreicht zwar nur den dritten Platz, gehört in den folgenden Jahrzehnten aber zu den Weihnachtsklassikern.
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Ab Mitte des Jahrzehnts schlägt der Jazz neue Richtungen wie den Bebop ein und verliert ebenso wie der Swing die Gunst des großen Publikums. Der neue Zug heißt Pop, und Nat King Cole springt mit Überzeugung auf ihn auf. Eine Entscheidung, die ihn einerseits viele Fans kostet, ihm andererseits ein Millionenpublikum erschließt.
Als er 1950 mit "Mona Lisa" zum dritten Mal an der Spitze der Singlecharts steht, hat sich der Bandname in Nat 'King' Cole & the Trio gewandelt. Bald fällt auch noch das letzte Anhängsel weg, die Begleitung wechselt in den folgenden Jahren je nach Gelegenheit und Show zwischen einer Minimalbesetzung und einem vollen Orchester. Cole haut nur noch gelegentlich ins Klavier und bevorzugt die Position hinterm Mikrophon.
In den 50er Jahren gehört er neben Frank Sinatra, Perry Como und Dean Martin zu den angesagtesten Namen. Sein Nachteil ihnen gegenüber: Er ist schwarz. Engagiert setzt er sich gegen den allgegenwärtigen Rassismus ein, verklagt Hotels, die ihn nicht beherbergen wollen oder zieht in ein Viertel in Los Angeles, in dem bis dahin nur Weiße wohnten. Gleichzeitig versucht er, die Fronten zu glätten, was ihm auf allen Seiten Feindschaften beschert. So wird er in Alabama bei einem Auftritt tätlich angegriffen.
Mit seiner weichen Stimme und schmeichlerischen Appeal spielt er sich in die Herzen eines weltweiten Publikums. Seine unermüdliche Touraktivität führt ihn nicht nur quer durch die USA, nach Las Vegas oder ins Fernsehen, sondern auch nach Europa, Asien und Lateinamerika. Weniger erfolgreich geraten seine Ausflüge in die Filmbranche. Seine wichtigste Rolle erhält er 1957 als W.C. Handy im biographischen Streifen "St. Louis Blues".
Mit dem Aufkommen des Rock'n'Roll in der zweiten Hälfte der 50er Jahre wendet sich Cole wieder verstärkt dem Jazz zu. So entsteht 1957 das Album "After Midnight", das aber nur eine bescheidenen kommerziellen Erfolg nachweisen kann. Dafür erhält King 1956 als erster Afro-Amerikaner eine eigene Fernsehshow, die nach anfänglichem Erfolg im Dezember 1957 eingestellt wird. Die offizielle Begründung lautet, dass sich nicht genug Programmsponsoren gefunden haben. King erklärt den Misserfolg mit dem Rassismus in der Wirtschaft, die keinen schwarzen Künstler unterstützen will.
1960 stellt er eine Broadway-Show zusammen, die aber nie auf die Bühne kommt. 1962 verzeichnet er dafür mit dem countryesken "Ramblin' Rose" einen der größten Erfolge seiner Karriere. Die drei Jahre später abrupt endet: Nachdem im Dezember 1964 Lungenkrebs diagnostiziert wird, stirbt Cole am 15. Februar 1965 im Alter von 45 Jahren.
Sein Vermächtnis ist so groß, dass er auch in den folgenden Jahrzehnten kommerzielle Erfolge verbuchen kann. Der größte posthume Coup ist "Unforgettable" im Duett mit seiner Tochter Natalie, die aus seiner zweiten Ehe mit der Sängerin Marie Ellington stammt. 1952 nur ein kleinerer Hit, etabliert sich das Stück mit der nachträglich aufgesetzten Frauenstimme nicht nur in den Charts, sondern gewinnt 1992 auch einen Grammy als "Best Record Of The Year".
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