laut.de-Kritik
Österreich-amerikanische New Wave-Freundschaft.
Review von Michael SchuhWer Neulander von der Maxi-Veröffentlichung "Sex, God + Money" her kennt, ahnt bereits, was ihn hier erwartet. Auf der famosen 12" fanden sich nämlich noch drei weitere Songs ein, die es nun ebenfalls aufs Debüt geschafft haben. Hier wie dort hält die österreich-amerikanische Freundschaft um Korinna Knoll und Adam Peters im Gegensatz zur leidlich bekannten deutsch-amerikanischen nichts vom ewig gleichen Song-Schema, auch wenn sich das einige Leute angesichts der wahrhaft knackig formulierten Pop-Definition des "Sex, God + Money"-Tracks sicher gewünscht hätten.
Neulanders künstlerisches Ansinnen besteht jedoch darin, jeden einzelnen ihrer Songs auf eine experimentelle Reise zu schicken, die beim ersten Höreindruck dann auch eher verstörend, als sinnstiftend wirkt. Vor allem dürfte das Urteil über Neulander davon abhängen, ob man auf Knolls Stimme abfährt, deren Tonlage eine für Synthie Pop-Verhältnisse ungewohnt ausschweifende Dramatik an den Tag legt. Im Extremfall klingt das dann wie in der Ballade "Sometimes": schwer pathosbeladen und höchstens für diejenigen genießbar, die "The Power Of Love" von Frankie Goes To Hollywood für ein unerreichtes Meisterwerk der elektronischen Popgeschichte halten.
Doch die gute Seite überwiegt. Freunde der erwähnten Vorabsingle dürfen "Blue Bird Party" antesten, das mit bollerndem 80s-Bass und sachtem Pet Shop Boys-Appeal aufwartet. Eiskalte Gletscher-Atmosphäre versprühen dagegen Songs wie "If You Could" und "Flying", auf denen Neulander mit ihren Uralt-Moogs prahlen und alte Drum-Maschinen holpern lassen.
Fraglos weisen sich Knoll und Peters als fleißige Studenten der frühen Human League aus, strukturell schimmern auch Visage durch. Besonders gelungen ist ihnen das romantisch-minimalistische "Girl Out Walking" sowie die mit Gitarrenrumoren unterlegten "Middle East" und "Peoples' Love".
Die Texte der vokalen Alpinistin Knoll verweilen oftmals am Rande der Poesie, erzählen von Liebe und Entfremdung im 21. Jahrhundert und kulminieren im rätselhaften "Schauspieler", einer arty Spoken Word-Performance. Naja, ein deutschsprachiger Song ist für's Standing in amerikanischen Kunstkreisen ja nicht das schlechteste. Wer Client für ordinäre Pop-Schlampen hält, könnte an Neulander Gefallen finden.
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