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Die Ärzte - "Das Buch Ä"

Über drei Kilo schwer, Format 24x30 cm, 480 Seiten, 52 Euro: Die erste autorisierte Die Ärzte-Biografie "Ein Überdimensionales Meerschwein Frisst Die Erde Auf" aus dem Jahr 2001 machte ihrem Wurmtitel in vielfacher Hinsicht alle Ehre. Nun liegt "Das Buch Ä" vor uns, erneut eine autorisierte Biografie. Gute Nachricht: Das Buch ist leichter, handlicher, ausführlicher, günstiger und - besser. Es ist das definitive Werk über die Berliner Kultband und Autor Stefan Üblacker ab sofort nachweislich der beste Fan der Welt.

Üblacker kommt zwar gerade auf die Welt, als Die Ärzte 1982 ihre ersten Konzerte spielen. Als Fanclubleiter und Betreiber der Fanpage die-beste-band-der-welt.de ist er seit nunmehr 20 Jahren aber nah dran am Trio und holte sich 2014 schnell die Genehmigung von BelaFarinRod ein, eine neue und ausführlichere Biografie zu schreiben, die das "Meerschwein"-Werk zum nostalgischen Coffeetable-Bildband degradiert. Besonders was das Innenleben der Gruppe betrifft, arbeitet Üblacker neue Einblicke heraus.

Dies gelingt ihm maßgeblich auf Basis aktueller Interviews, die er mit Farin, Bela, Rod sowie Ur-Bassist Hans "Sahnie" Runge in den letzten zwei Jahren geführt hat. Musste Runge in der Ärzte-Geschichtsschreibung bislang mit dem Image des unrockbaren Yuppie-Mitglieds leben, erhält er in "Das Buch Ä" erstmals die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge nicht nur zur spannungsgeladenen Trennung 1986, sondern auch zu allen anderen Stationen der Gruppe zu erzählen. Erstmals wird auch Runges Verdienst in den Anfangsjahren angemessen herausgestellt. Die wenigsten dürften außerdem wissen, mit welcher Idee dessen Nachfolger, der kürzlich verstorbene Bassist Hagen Liebing, 1987 die dank Indizierung brach liegende Karriere der Band merklich anschob. Auch Liebing stand dem Autor kurz vor seinem Tod noch Rede und Antwort.

Ähnlich wie Jürgen Teipel in "Verschwende Deine Jugend" konfrontiert Üblacker seine Interviewpartner mit Zitaten von Kollegen, wodurch zahlreiche Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden. Dies gilt teilweise sogar für die Beteiligten, wie Üblacker auf Anfrage erzählt: "An einer Stelle erklärt etwa Campino, dass die berühmte Rivalität zwischen beiden Bands unter anderem darin begründet war, dass die Hosen sich von den Ärzten anfangs links überholt fühlten. Bela hat diese Aussage sehr überrascht und er hat sich sehr über Campinos Offenheit in dieser Beziehung gefreut."

Mithilfe der Zeitzeugen Micki Meuser und Uwe Hoffmann, Produzenten der Alben "Im Schatten Der Ärzte" und "Das ist nicht die ganze Wahrheit...", arbeitet Üblacker auch musikalische Details der Zeit vor der Indizierung heraus.

Auch die Studiozeit mit "Die Ärzte"-Produzent Manne Praeker (Spliff) wird gebührend gewürdigt. Außerdem bringt er in Erfahrung, wie Sisters Of Mercy-Sänger Andrew Eldritch einmal fast auf einem Ärzte-Song gelandet ist, lässt Fans zu Wort kommen (Madsen, Beatsteaks) und schildert die Hintergründe des unangekündigten Cameo-Auftritts der Band im August 2016 beim "Jamel rockt den Förster–Festival für Demokratie und Toleranz" in Mecklenburg-Vorpommern.

Nicht zuletzt lebt das mit Sorgfalt und großer Detailfreude entstandene Buch vom offensichtlich starken Input der Band, den Üblacker hervorhebt: "Ich denke, dass das Buch ihnen auch noch mal vor Augen geführt hat, in was für einer besonderen Band sie eigentlich spielen. Die Gruppe hatte jedenfalls großen Spaß daran, mit mir durch ihre Laufbahn zu streifen, und wir haben sehr viel gelacht."

Stefan Üblacker, "Das Buch Ä - die von Die Ärzte autorisierte Biografie", Schwarzkopf & Schwarzkopf, 928 Seiten, gebunden, 29,99 Euro. Wertung: 5/5.

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