Rafael Schmauch - "Battlerap - Die Kunst der Beleidigung"

Worum gehts?
Battlerap ist eine Welt für sich, ein eigenständiger Kosmos, mit dem selbst Leute, die sich seit Jahrzehnten in der Hip Hop-Szene bewegen, nicht zwingend in Kontakt kommen müssen. Battlerap und "normaler" Rap verhalten sich zueinander in etwa wie Boxen zu Wrestling. Das Battlerap-Universum hat seine eigenen Codes, seinen eigenen Kodex, eigene Ligen und Turnierformate, seine eigenen Stars, seine eigene Historie. Deshalb eigentlich gut, wenn jemand, der in dieser Sphäre zu Hause ist, einmal Geschichte, Gepflogenheiten und Gesetzmäßigkeiten der Kunst der Beleidigung erklärt. Im Grunde ist es ja eine wirklich niedliche Angelegenheit: Jungs (meistens sind es Jungs) schreiben einander Gedichte, in denen sie sich gegenseitig die schlimmsten Schmähungen an die Rüben werden. Dabei überschreiten sie einerseits alle Grenzen, halten sich zugleich aber kreuzbrav an ihr selbstgestecktes Regelwerk. Am Ende kriegt in der Regel niemand aufs Maul, alle klopfen sich auf die Schultern und haben sich irgendwie lieb. Klingt bizarr, kann aber durchaus Laune machen.
Wer hats geschrieben?
Unter seinem leicht bescheuerten Kampfnamen Papi Schlauch zählt Rafael Schmauch quasi zum Inventar der deutschen Battlerap-Szene. Geboren in Friedberg in Hessen, wuchs er in Frankfurt am Main auf und lebt inzwischen in Berlin. Sein leichter Hang zum Dozieren spielt ihm bei diesem Buchprojekt ausnahmsweise gut in die Karten. Es gilt ja genau, etwas zu erläutern. In "Battlerap" rollt Schmauch das Phänomen Battlerap nicht chronologisch oder irgendwie sortiert auf, sondern erzählt die Geschichte anhand seines eigenen Wegs in die Szene. Das hat den Vorteil, dass es authentisch, engagiert und persönlich wirkt und man sofort mitten ins Geschehen hineingezogen wird. Andererseits hätte mehr Systematik wahrscheinlich dabei geholfen, dass sich von der Materie gänzlich unbeleckte Leser*innen etwas besser zurecht finden.
Wer solls lesen?
Das genau ist die große Frage, die dieses Buch aufwirft. Für absolute Noobs ist es zu unstrukturiert. Die Basics, Mechanismen und Fachtermini, bekommt man zwar erklärt, aber erst viel zu spät und, wie gesagt, nicht wirklich gut strukturiert aufbereitet. Wer sich genug für Battlerap interessiert, um ein Buch über Battlerap namens "Battlerap" zu lesen, dürfte das meiste bereits wissen, die vorgestellten Stars der Szene kennen (sonst wären es keine Stars) und die zitierten ikonischen Battles gesehen haben (sonst wären sie nicht ikonisch). Als grundsätzlich Rap-affine*r Leser*in fühlt man sich von allzu genau sezierten Zeilen durchaus gegängelt. Wenn Schmauch mit dem metaphorischen Zeigestock auf den Text deutet, "Hier, Kind, diese Silbe reimt sich auf diese, und hier haben wir den gleichen Laut wie hier, und, ach, übrigens: Dieses Wort hat zwei verschiedene Bedeutungen, deswegen ist die Zeile lustig, verstehst du?!", ey ... bitte! Trotz aller Kritikpunkte hat dieses Buch seine Mission aber voll erfüllt: Es macht wahnsinnig viel Bock auf Battlerap.
Das beste Zitat:
"Immer wieder strukturieren Beleidigungspoet:innen ihre Parts tatsächlich genau so, wie der Angle-Überblick es nahelegt. Erste Runde: Alter, wie siehst du denn aus? Zweite Runde: Ey, was rappst du da für'n Unsinn? Dritte Runde: Du bist ’n richtig mieses Stück Scheiße. Jetzt könnte man sich fragen, ob dieser Aufbau auch die magische Formel für einen Sieg in der Beleidigungskunst ist? Antwort: Nein, auf keinen Fall! Erstens kann bei der Umsetzung ja noch jede Menge schiefgehen. Und zweitens und viel wichtiger: Wer seine Angle-Auswahl heutzutage strikt an dieser, wenn man so will, klassischen Dramaturgie einer Battle-Performance orientiert, der bekommt ziemlich schnell den Vorwurf des vorhersehbaren Baukasten-Raps zu hören. Der Angle-Dreiklang Hässlich-whack-schlecht wurde einfach schon zu oft durchgekaut, als dass er prinzipiell noch irgendwie interessant sein könnte."
Wertung: 3/5
Text von Dani Fromm
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