Platz 13: Wet Leg - "Moisturizer"
Indie-Rock hatte seinen großen Moment in den Nullerjahren. Kaum ein Soundtrack der FIFA-Reihe, der ohne ein zackiges Riff und mit Aufforderung für die Indie-Disco auskam. Beides klingt zwanzig Jahre später wie historische Begriffe aus einer längst vergessenen Ära. Indie ist heute irgendwas mit jammernden Typen, die mit einem Tante-Renate-Minipli durch die Gegend laufen, so schrecklich und uncool, dass keine*r mehr Hipster neben diesen Gestalten werden möchte. Schon dieser weiße Schnösel, der heute bei der Landesbank arbeitet, nervte wie Sau, wenn er seinen dämlich gezwirbelten Schnurrbart in den zehn Euro teuren Kaffee tunkte und in seinen Arcade-Fire-Jutebeutel die Edward-Sharpe-Vinyl legte. Puh, ein Glück, dass diese Lappen weg sind und Bands wie Wet Leg das Thema Indie wieder unpeinlich machen.
"Moisturizer" macht tatsächlich - und den Begriff darf man mittlerweile kaum noch erwähnen - wirklich und wahrhaftig Spaß. Endlich mal kein Endzeit-Genöle von privilegierten Jünglingen, dafür genau die richtigen Songs, um mal einen Abend hohl zu gehen. Ein Art-Rock-Kunstwerk ist "Moisturizer" wirklich nicht, aber dafür hemmungsloser Spaß. Im Gegensatz zu dem manchmal zu nett geratenen Vorgänger haben Wet Leg diesmal wirklich Lust, wie in "CPR" oder "Catch These Fists" freizudrehen. Songs ohne Schnörkel, ohne zu großen Ballast oder Meinungs-Huberei.
Viele Rezensionen wollten unbedingt den Feminismus- oder Queerness-Aspekt des Albums in den Vordergrund stellen, vergaßen dabei aber, dass dieses Album auch ohne sicherlich lustige Zeilen wie "I don't want your love, I just wanna fight" ausgekommen wäre. "Moisturizer" knallt auch so heftig, die erneut tollen Live-Auftritte der Band taten ihr übriges. Die bockschwere Aufgabe "Album Nummer zwei nach dem Debüt-Erfolg" haben sie mit erhöhten Fun-Faktor gekonnt bewältigt. Wenn dabei weitere Hits entstehen, können sie das Prinzip "Twenty-Somethings gehen steil" auch noch auf Album Nummer drei weiterführen.
von Rinko Heidrich
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