"Monsieur Aznavour" will alles erzählen: das Genie, das Leiden, den Ruhm. Doch der Mensch hinter der Legende bleibt oft auf der Strecke.
Paris (lru) - Der Chasonnier Charles Aznavour war vieles: ein Ausnahmekünstler, ewiger Außenseiter und offenbar auch ein ziemlich schwieriger Mensch. "Monsieur Aznavour" von Mehdi Idir und Grand Corps Malade setzt dem legendären Franzosen ein filmisches Denkmal, das mindestens so viel verehrt wie es verschweigt.
Über die Laufzeit von knapp zweieinviertel Stunden versucht das Biopic, ein ganzes Jahrhundertleben in Bildern und Musik zu pressen: von Aznavours Kindheit im Pariser Quartier Latin über seine Anfänge als Theaterschauspieler bis hin zu seinem Aufstieg zum internationalen Star.
Eine Kapitelstruktur, jeweils benannt nach einem seiner Lieder, hilft, das Leben dieses vielschichtigen Mannes einzuordnen, doch am Ende fühlt sich der Film etwas zu in die Länge gezogen an. Denn Aznavours Biografie ist vieles, aber nicht eintönig. Der Film lässt sich ein bischen zu viel Zeit. Und trotzdem gelingt es ihm, zu fesseln: Es ist diese Mischung aus melancholischer Musik, intensiver Bildsprache und dem Gefühl, mitzuerleben, wie eine Legende langsam entsteht, aber auch zerbricht.
Visuell ist Monsieur Aznavour ein Gedicht: Paris, Chicago, die Welt des Chansons, all das wird in wunderschönen Farben, Lichtstimmungen und atmosphärischen Bildern eingefangen, ergänzt durch den Soundtrack. Eine Liebeserklärung, nicht nur an Aznavour, sondern an ein ganzes musikalisches Jahrhundert.
Die Schattenseiten
Genau hier liegt auch die größte Schwäche des Films: Die Schattenseiten des Stars werden zwar angedeutet, etwa sein Egoismus, seine emotionale Abwesenheit als Vater, seine Besessenheit vom Applaus, doch eine kritische Auseinandersetzung bleibt aus. Stattdessen: viel Verständnis, viel Verzeihen, viel Gefühlsüberschwang. Als Zuschauer:in bleibt man mit dem Gefühl zurück, dass hier ein Mensch zu sehr in die Rolle einer Ikone gepresst wurde, dies aber auch so wollte.
"Monsieur Aznavour" ist ein emotional aufgeladener, ästhetisch grandioser und musikalisch beeindruckender Film über eine der größten Künstlerfiguren Frankreichs. Aber er ist auch ein Film, der sich manchmal zu sehr in Bewunderung verliert und dadurch verpasst, den Menschen hinter dem Mythos zu zeigen.
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