Ein österreichischer Nachwuchspolitiker fordert Auftrittsverbot für den Hamburger - weil er einem Mash-Up-Video glaubte.

Gänserndorf (mab) - Ja, YouTube kann schon ein Teufelswerkzeug sein. Schlimmer als Wikipedia. Da kann doch tatsächlich jeder etwas hochladen und als Wahrheit verkaufen. Man nehme also ein altes Jan Delay-Zitat, integriere es in einen aktuellen Kontext und generiere so ein bisschen Aufmerksamkeit. So machte es YouTuber "Inge Meysel", um für die Freilassung von Josef S. zu werben. Ein Wiener Gericht hatte den deutschen Studenten kürzlich trotz mangelnder Beweise zu zwölf Monaten Haft verurteilt, da er angeblich einer der Rädelsführer bei den Protesten gegen den Wiener Akademikerball gewesen sei. Als Videoüberschrift wählte "Inge Meysel": Jan Delay, was sagst du zur Verurteilung von Josef?

RFJ-Bezirksobmann (Vorfeldorganisation der FPÖ) Markus Ripfl nimmt den Clip für bare Münze und startet prompt eine Petition gegen den Musiker. Jemand, der den Slogan "Österreich muss sterben" vertritt, darf natürlich nicht auf dem Frequency Festival auftreten! Die Facebook-Seite "Linksextremismus stoppen" springt prompt auf.

Es dauert nicht lange und die Rechtspopulisten kommen aus ihren Löchern gekrochen, um bei Jan Delay vorstellig zu werden.

Was zunächst weder Ripfl noch "Linksextrem stoppen" noch Shitstormer mitkriegen: Jan Delays Zitat stammt aus dem Jahr 2011. Der Sänger antwortete damals scherzhaft auf die Frage nach dem Titel seines neuen Albums und brachte kurz darauf auch noch die Alternative "Deutschland Muss Sterben" ins Spiel.

"Linksextremismus stoppen" ist das herzlich egal. Inzwischen sattelten sie zwar um und verwenden zu Propaganda-Zwecken das Originalvideo. Eine Klage gegen den Sänger reichten sie gestern aber trotzdem ein.

Ripfls Petition dümpelt derweil munter vor sich hin und versucht die 3-Prozent-Marke zu durchbrechen. Die Unterzeichner glänzen mit Namen wie "Ichmachmichwichtig Ripfl", "Hintereingangbeschnupperer Ripfl", "du bist sogar für FPÖ-Verhältnisse ein unfassbarer Vollkoffer! Markus Ripfl", "Nazispasten ohnehirn" oder "Ihr habt nichts verstanden" aus den schönen Dörfchen "Wählt weiter den braunen Bumsti" und "Ihrdeppenhabtsnichtgeblickt". Falls ihr den Nasalauftritt ebenfalls verhindern wollt könnt ihr das hier tun.

In letzter Zeit zeichnet sich die FPÖ übrigens verstärkt durch Leichtgläubigkeit aus. Erst vergangene Woche schaffte es der Vorsitzende höchstpersönlich in die Schlagzeilen, weil er dem Satiremagazin Postillon den Artikel "USA drohen EU mit Sanktionen, falls EU Sanktionen gegen Russland nicht verschärft" geglaubt hatte.

Jan Delay befindet sich derweil wohl in irgendeiner Schlammpfütze auf dem W:O:A und konnte sich deshalb noch nicht zu den schrecklichen Vorfällen äußern. Heino wird sich freuen.

Fotos

Jan Delay

Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Jan Delay,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof)

Weiterlesen

laut.de-Porträt Jan Delay

"Wir sind die Sonne, die scheint, Baby, Baby / Und ihr dreht durch wie die Raver auf der Mayday / Erfrischend wie in der Wüste Punica zu finden / Und …

10 Kommentare mit 29 Antworten