Zum 30. Geburtstag von Rock am See rockten u.a. Enter Shikari und Bad Religion am Bodenseeufer.
Konstanz (giu) - Über 15.000 Fans fanden zur 30. Jubiläumsausgabe von Rock am See den Weg ins Bodenseestadion zwischen Loretto-Wald und Seeufer. Bad Religion waren eigens eingeflogen, um sich für ihre anstehende US-Tour warmzuspielen. Zeit zu verlieren hatten die Amis noch nie, und so stiegen sie in ihr Set gleich mit der bekanntesten Nummer ein, "21st Century (Digital Boy)".
Sänger Greg Graffin sah mit Geheimratsecken, bravem Haarschnitt und Fred Perry-Shirt zwar eher wie ein Bankangestellter als eine Punk-Legende aus, doch strapazierte er sein Organ wie eh und je. Brett Gurewitz bot mit Misfits-T-Shirt eine geeignetere Garderobe und mit seiner Gitarre druckvolle Arbeit. Ein diszipliniertes und explosives Set, bei dem letztlich nur "Sanity" fehlte.
Disziplin und Chaos bei den Libertines
Disziplin war bekanntlich noch nie die Stärke der mit am meisten erwarteten Band des Tages: die Libertines. Doch Pete Doherty war nicht nur tatsächlich noch am Leben und betrat, in langem Regenmantel gehüllt, pünktlich die Bühne.
Dass Kollege Carl Barât eine Sonnenbrille trug, ließ zunächst nichts Gutes erahnen. Zum dritten Song standen aber beide einträchtig in Hemd und ohne Brille da, um ordentlich Gas zu geben.
The Libertines sind wohl die einzige Band, der es gelingt, zwei gleichberechtigte Frontmänner und Gitarristen unter einen Hut zu bringen. Und wer braucht schon Songstrukturen oder eine Setlist, wenn man in der Lage ist, Mikrophon und Bierfahne zu teilen? So warfen sich Doherty und Barât die Bälle zu, während Gary Powell auf sein Schlagzeug eindrosch, als gäbe es kein Morgen. Dem Vierten im Bunde, Bassist John Hassall, gelang es, das kreative Chaos nicht völlig ausufern zu lassen.
Und plötzlich, fast mitten im Lied, war der Auftritt vorbei. Selbst der Himmel schien zu weinen, denn hatten We Were Promised Jetpacks, Mad Caddies, Twin Atlantic und Enter Shikari zuvor noch Glück, goss es nun in Strömen.
Es werde Licht!
Doch wenn es eine Band gibt, die Regen in eine Show einbinden kann, dann Muse mit ihrer galaktischen Beleuchtung. Mit großen Bildschirmen, die an der Bühne hingen, bot der Headliner ein audiovisuelles Erlebnis, das selbst die Bindfäden cool aussehen ließ, die vom Himmel kamen.
Schon toll, wie es dem Trio um Sänger und Gitarristen Matt Bellamy gelingt, Spaghetti Western mit Bach, Albinoni, Tellis, Black Sabbath, Shred Metal, Queen oder Elton John zu verbinden - und dabei noch aus einem Guss zu klingen. Natürlich setzen sie dafür viel Elektronik und auf Tour auch einen zusätzlichen Keyboarder ein, der sich dezent im Hintergrund hält. Doch was Bassist Chris Wolstenholme und Schlagzeuger Dominic Howard loslassen, wenn der Chef mal Atem holt, beeindruckt schwer.
Zu "Spiel mir das Lied vom Tod" ging der Rock am See-Jubiläumsabend mit riesigen Rauchkanonen und viel Konfetti, das sich mit dem Regen mischte, zu Ende. Ein gelungenes Jubiläum, Herr Bös. Weiter so! Und, äh, wie wärs mit Metallica 2017? Der gerade veröffentlichte neue Track lässt ja auf ein gutes Album hoffen.
1 Kommentar
Will ja kein Klugscheißer sein, aber Brett Gurewitz spielt seit seinem Widereinstieg bei Bad Religion nur Live Shows in der Nähe sienes Heimatortes, da er mit Epitaph Records genug zu tun hat. Live dabei sind Brian Baker und Mike Dimkich an den Gitarren.