Porträt

laut.de-Biographie

Paul Potts

Wer aus einem Ort namens Fishponds kommt, dem ist eher keine glamouröse Weltkarriere vorbestimmt, möchte man meinen. In der Tat sieht es bei Paul Potts lange Zeit so aus, und das, obwohl der Sohn eines Busfahrers und einer Kassiererin schon im Schuljungenalter die Liebe zum Gesang entdeckt.

Paul Potts - Passione Aktuelles Album
Paul Potts Passione
Nach erfolgter Verwesung hilft keine Einbalsamierung mehr.

So singt Potts in diversen Schul- und Kirchenchören Bristols, Fishponds liegt am Stadtrand der südwestenglischen Musikmetropole, die schon Massive Attack und Portishead hervorbrachte. Nach einem Hochschulstudium arbeitet der 1970 Geborene in einem Mobiltelefongeschäft.

1999 nimmt er erstmals an einem Talentwettbewerb teil. Obwohl er nicht den ersten Platz erringt, gewinnt er eine ordentliche Stange Geld. Das investiert er in eine klassische Operngesangsausbildung in Italien. Hier absolviert er einige Auftritte.

Doch auch in seiner Heimatstadt steht Paul Potts auf der Bühne. Mit Amateuropernensembles arbeitet er in Bath und London. Bald schon übernimmt er Hauptrollen wie den Don Carlos in Verdis gleichnamiger Oper.

Nach einem Fahrradunfall 2003 droht das jähe Karriereende. Potts bricht sich ein Schlüsselbein und zieht sich ein Schleudertrauma zu. Nach dem Crash singt der Engländer fast vier Jahre lang nicht vor Publikum, bis er sich im Sommer 2007 bei "Britain's Got Talent", einer Castingshow des Privatsenders ITV, bewirbt.

Beim Vorsingen in Cardiff in Wales im März stimmt Potts die Arie "Nessun Dorma" aus Puccinis Oper "Turandot" an. Die Zuschauer hält es nicht auf den Sitzen, den Juroren stehen die Münder offen und die Tränen in den Augen. Bei YouTube wird der Gänsehautmoment zum Dauerbrenner.

Natürlich nimmt Potts die Staffel im Sturm. Als Talent-Gewinner tritt er schon im Juli 2007 an der Seite der walisischen Star-Sopranistin Katherine Jenkins auf. Das Debütalbum "One Chance" erscheint im selben Monat und setzt sich an die Chartspitze.

In der Folge wird das Vorzeigetalent herumgereicht. In den USA singt er bei Oprah Winfrey, die Plakette für zwei Millionen verkaufte Alben überreicht Premierminister Gordon Brown. In Deutschland tritt Potts erstmals im Dezember 2007 in Leipzig auf.

Richtig zum Medienstar wird Paul Potts hierzulande mit einem Werbespot der Deutschen Telekom, die etwas unbeholfen versucht, sich mit seinem Talent zu schmücken. Es lohnt sich dennoch auch für Potts: Mit seiner Version von "Nessun Dorma", die auch hier wieder zum Einsatz kommt, bricht er Download-Rekorde. Keine Frage: Mit seiner Geschichte erreicht Paul Potts die Menschen. Er tourt weltweit und tritt mit renommierten Orchestern auf.

Kollegen vom Fach reagieren trotzdem übersichtlich euphorisch auf den britischen Shooting-Star: "Technisch eher mittelmäßig", urteilt ein von der Süddeutschen Zeitung zitierter Experte. Bassbariton und Professor für Gesang Thomas Quasthoff sieht das ähnlich: "Ich kenne Studenten, die das besser können", erklärt er gegenüber dem Spiegel. "Auch seine Ausstrahlung ist ausbaufähig. Man sieht ihm die Anstrengung richtig an. Die Kunst des großen Singens ist, dass man die Anstrengung eben nicht sieht. Potts ist sozusagen der Antipode zu dem, was ich meinen Studenten vermittle." Er gönne Potts den Erfolg von Herzen, "aber jetzt soll bitte keiner tun, als sei da ein neuer Klassikstar geboren."

Potts' Fans stören sich nicht an derlei Kommentaren, sie kaufen weiterhin die Platten des Mannes, den sie als einen der ihren betrachten. Diesen Eindruck verstärkt noch der biografische Film über Potts' Leben: "One Chance - Einmal im Leben" erscheint 2013.

Drei Jahre später scheint Paul Potts es tatsächlich geschafft zu haben. Im Sommer 2016 spielt er gleich zwei "richtige" Opernrollen, er ist einmal in "Tosca" und einmal in "Der Fliegende Holländer" zu sehen und zu hören.

Den Fernseh-Shows, die ihm Glück gebracht haben, bleibt er dennoch treu: Immer wieder nimmt er an verschiedenen Formaten Teil, in Südkorea, den USA oder in Deutschland: Im Frühjahr 2022 ist er beispielsweise als Koala in der sechsten deutschen Staffel von "The Masked Singer" zu sehen, allerdings scheidet er bereits in der dritten Show aus.

Stilistisch bedeutet Paul Potts' Musik die Vermengung von Pop und Klassik. Ähnlich gelagert sind allerlei Arbeiten von Sarah Brightman, Luciano Pavarotti und Il Divo, die E- und U-Musik beim Publikum erfolgreich miteinander verknüpfen.

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