laut.de-Biographie
Silverchair
Die meisten von uns waren wohl schon mit Pickeln übersäht und kauften sich ihre ersten Röhrenjeans, Black Sabbath-Platten und die Kutte vom Taschengeld. Nicht so im australischen Newcastle, da wird der Stromgitarren-Rock schon mit der Muttermilch eingesogen und Babynahrung von Plattenfirmen produziert.
Drei zwölfjährige Surfkids tauschten 1992 ziemlich erfolgreich ihre Boards gegen Gitarre, Baß und Schlagzeug, was nach einem gewonnenen Demo-Contest gleich einen Vertrag mit Sonys Tochter "Murmur" nachzog. Dort kam 1995 das Debut "Frogstomp" heraus, welches international schwer gelobt und auch mit dementsprechenden Verkaufszahlen (drei Millionen Scheiben weltweit) belohnt wurde. Recht ungewöhnlich, vor allem für eine australische Formation, die sich meist erst mal down under durchsetzen müssen.
Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall diese drei Kids erst ihre Milch- gegen Reißzähne tauschen mussten, um im Rockbiz zu bestehen. Auch diesen Part haben Daniel, Ben und Chris gleich mit einem Satz übersprungen und mit "Frogstomp" ihre Hauer voll ins Gesäß der Grunge-Szene gegraben. Drei Wunderkinder des Rock eben. Die Fachpresse war irritiert von der Intensität und dem kreativen Repertoire dieses Trios, das zusammen nicht mal so alt war, wie zu diesem Zeitpunkt Steven Tyler von den Luftschmieden. So kam es, dass uns die Milchgesichter auch von den Titelseiten der Teenie-Magazine anlächelten.
Gereift sind die Gesichter der drei Australier bis heute noch nicht, wobei Chair-Head Daniel Johns sicher schon ein Angebot zugeflogen ist, Kurt Cobain in einer Biographie-Verfilmung zu mimen. Nicht zuletzt auch wegen seiner stimmlichen Ähnlichkeit. Bis dahin werden uns Silverchair hoffentlich noch ein paar Hymnen neben "Freak Show" und "Neon Ballroom" auf Platte pressen, die man später getrost in die Abteilung Black Sabbath bis Led Zeppelin einreihen wird. Sie haben ja im Gegensatz zu manch anderen Opas noch ihr ganzes Rocker-Leben vor sich.
Aber dass das Rockerleben nicht immer nur positiv ist, bekommt Daniel Johns am eigenen Leib zu spüren. Gerade, als die Aufnahmen zu "Diorama" im Kasten sind und etliche Festivalauftritte in Europa geplant waren, stellen Ärzte bei ihm die deprimierende Diagnose: eine fiese Form von Arthritis plagt den Sänger und setzt ihn außer Gefecht. Zum Nichtstun verdammt muss die Band mit an sehen, wie der Festivalsommer an ihnen vorbei zieht, ohne dass sie ins Geschehen eingreifen können. Aber eigentlich ist das nicht der Untergang, denn das Material auf "Diorama" ist so stark, dass man der nächsten Open Air-Saison erwartungsvoll entgegen blicken kann.
Nach seiner Heirat mit Natalie Imbruglia (31. Dezember 2003) und einem gelobten Album mit Pop-Kumpel Paul Marc (The Dissociatives) gerät Johns wieder in ruhigeres Fahrwasser. Ende November 2005 kündigt er in Sydney gar an, mit Silverchair wieder ins Studio und auf Tournee gehen zu wollen. Die Band arbeite an neuen Songs, wolle ein paar Gigs in Australien spielen und voraussichtlich im Mai 2006 einen neuen Longplayer aufnehmen.
Auslöser des Comebacks sei der gemeinsame Auftritt beim Benefizkonzert "Waveaid" zugunsten der Opfer der Tsunami-Katastrophe gewesen. Doch bevor ein Silverchair-Rundling in den Regalen steht, geben Johns und Natalie zu beginn des Jahres 2008 ihre Trennung bekannt. Freunde reagieren geschockt, geben die beiden doch so etwas wie ein Traumpaar ab. Doch vier Jahre Entferungsbeziehung hinterlassen ihre Spuren: "Wir sind sehr traurig, dass unsere Ehe zu Ende ist. Wir haben uns einfach auseinander gelebt", heißt es in einem gemeinsamen Statement.
Anfang 2009 geht das Trio wieder ins Studio. So richtig voran kommen sie aber nicht. Eine Festival-Sommer-Tour soll die Kreativität fördern und das Album vorantreiben. In den Wochen und Monaten danach wird aber immer deutlicher, dass sie nicht mehr zusammen arbeiten können. Der Spass an ihrer Musik geht ihnen verloren.
Auf ihrer Homepage geben sie Ende Mai 2011 bekannt, in einen "tiefen Schlaf" zu gehen. Sie machen weder gemeinsam Musik, noch wollen sie zusammen auftreten. Das Album wird auf Eis gelegt. Alle Bandmitglieder machen weiterhin Musik, aber eher Solo-Projekte oder Soundtracks.
In der Stellungnahme zur Trennung heißt es: "Wir danken euch allen für eure Unterstützung. Ihr seid uns trotz der langen Pausen zwischen den Alben und der Stilwechsel treu geblieben. Die unglaubliche Loyalität, die uns unser Publikum und unsere Freunde entgegen gebracht haben, ist nicht unbemerkt geblieben."
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