laut.de-Kritik

Mit einer Hand besser als andere mit zwei.

Review von

"_____________" (hier bitte ein schwedisches Schimpfwort einfügen!). So dürfte es Dregen, dem Streitaxt-Drachen der Hellacopters, ergangen sein, als er mit zertrümmerter Hand im Krankenhaus lag. Der kongeniale Partner von Nicke Andersson hatte seine Bandkarriere per Unfall auf Eis gelegt, Gitarre spielen vorerst unmöglich. Dabei standen neben einer Tour auch noch die Aufnahmen zum neuen Album an. Bekanntlich hat Chef Nicke mit seinen Höllenschraubern aber schon ganz andere Nackenschläge überstanden und so übernahm er beide Gitarrenparts auf "Overdriver" einfach selbst. Zusätzlich nahm der 52-jährige Hansdampf in allen Gassen auch gleich noch auf dem Produzentensessel Platz.

"Overdriver" schließt nahtlos an den überzeugenden Vorgänger "Eyes Of Oblivion" von 2022 an. Die Produktion der Hellacopters-Scheiben, die sich spätestens seit "High Visibility" in recht gefälligen Sphären bewegt, erinnert auch im Jahr 2025 eher an ältere Semester der Plattengeschichte und geht nicht mit derselben krawalligen Aggressivität zu Werke wie andere zeitgenössische Veröffentlichungen der Gitarrenmusik. Krawall ist aber auch gar nicht das Anliegen von Nicke Andersson und seinen Mitmuckern, ihre Stärke liegt seit jeher in knackigen aber melodiösen Songs mit Wurzeln im Rock'n'Roll und 70er Jahre-Hard-Rock. So ergibt sich ein wiedererkennbares und wohlig warmes Soundbild, bei dem man sich sofort gut aufgehoben fühlt.

Denn angesichts der Vorabsingles "(I Don't Wanna Be) Just A Memory" und "Do You Feel Normal" kamen sogar kurz Befürchtungen auf, es könne sich etwas im generellen Sound der Schweden ändern. Noch eine Spur poppiger, etwas weniger rifflastig klangen die, dabei aber irgendwie immer noch unverkennbar nach Hellacopters. Doch schon die beiden Album-Opener "Token Appologies" und "Don't Let Me Bring You Down" zerstreuen jegliche Bedenken an eine Hinwendung zum Pop. Bluesige Riffs, relaxte Grooves und Anderssons Gespür für Harmonien und Melodien enttäuschen nicht.

"Wrong Face On", "Doomsday Daydreams" oder "Faraway Looks" sind klassische Hellacopters-Tracks, die weder das Rad neu erfinden noch aus der inzwischen recht umfangreichen Diskografie herausstechen. Im Kontext des Albums fügen sie sich exzellent ein ohne die ganz großen Begeisterungsstürme auszulösen. Highlights wie "Coming Down" oder die bereits angesprochenen Opener strahlen dadurch noch ein bisschen mehr. Songs wie "Soldier On" oder "The Stench", die mit ihrer eher ruhigen Gangart im Vergleich etwas abfallen, trüben den Gesamteindruck des Albums kaum, sondern verleihen der Scheibe eine angenehme Dynamik. Mit der letzten Vorab-Single "Leave A Mark", einem prototypischen Hellacopters-Kracher bester Bauart, bringen die Schweden ihre Scheibe zu Ende.

"Overdriver" hinterlässt einen zufrieden und mit einem wohligen Gefühl der Vertrautheit. Nicke und seine Kollegen lehnen sich fast 30 Jahre nach ihrer Gründung nicht weiter aus dem Fenster als unbedingt notwendig. Die instrumentale Erfahrung (auch ohne Dregen wissen Anders Lindström, Robert Eriksson und Dolph DeBorst durchaus was sie tun) sowie Nickes routinierte Standards im Songwriting sorgen für eine gleichbleibend hohe Qualität über die volle Länge der Scheibe. Die Zeiten herausragender Singles wie "Toys And Flavors" sind zwar schon länger vorbei, jedoch gehört auch ein durchschnittliches Album der Hellacopters nach wie vor zu den besseren Veröffentlichungen des Genres.

Trackliste

  1. 1. Token Apologies
  2. 2. Don't Let Me Bring You Down
  3. 3. (I Don't Wanna Be) Just A Memory
  4. 4. Wrong Face On
  5. 5. Soldier On
  6. 6. Doomsday Daydreams
  7. 7. Faraway Looks
  8. 8. Coming Down
  9. 9. Do You Feel Normal
  10. 10. The Stench
  11. 11. Leave A Mark

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