laut.de-Kritik

Schöner Bluespop mit viel Bass und Melodie.

Review von

The Black Keys wird oft eine Innovationslust unterstellt, dabei hören die sich meist sehr nach sich selbst an. Das muss nicht verkehrt sein, ist aber vermutlich einer der Gründe dafür, dass trotz qualitativ gehobenem Output die künstlerische Auswirkung auf andere Künstler vor 15 Jahren größer war. Das leben die Herrschaften nun eher durch Seitprojekte und Produzentenjobs aus. Sie haben nach dem kommerziellen Misserfolg des zumindest ordentlichen, aber monotonen "Ohio Players" aus dem Vorjahr und aufgrund einer katastrophal geplanten Tour samt Managemententlassung nun aber scheinbar genug Wut im Bauch (oder Druck auf dem Portemonnaie), dass sie nun schon "No Rain, No Flowers" nachschieben.

Wütend ist das nicht, aber auch nicht fröhlich; von einer kühlen Sombré getragen, die nicht ruckig, sondern souverän angespielt daherkommt. Das ist sehr angenehm, da man in den letzten Jahren den Eindruck nicht loswurde, Auerbach und Carney heischten mit jedem Ton nach Bestätigung. Hier ist in der ersten Albumhälfte eine Selbstverständlichkeit zurück, die von der breitbeinigen Pose wie dem Kitsch befreit und einem sehr klassischen Blues(rock)-Pop-Album eine vorteilhafte Bühne bereitet.

Rick Nowels, Daniel Tashian, Scott Storch, Tommy Brenneck (bekannt für seine Arbeit für Molly Lewis), Pat McLaughlin (John Prine) und Leon Michels (Chef von El Michels Affair) schrieben in verschiedenen Kombinationen an verschiedenen Songs mit, was laut Black Keys eine ganz bewusste und frühe Entscheidung war, um von bewiesen starken Songwritern zu profitieren. So recht hört man das alles nicht raus, dafür kommt der fehlende Blumenregen viel zu homogen daher.

Das Rockelement ist merklich heruntergefahren, das hier ist eher Bluespop, der von einer großen Eingängigkeit getragen wird. Die kann man, wie oben schon angedeutet, als Souveränität auslegen oder als Gefälligkeit, die den Songs Charakter abspricht. Für die erste Auslegung spricht mehr: Sich zum Opener "No Rain, No Flowers" nicht zu bewegen, das ist schwer. Das hat viel von The Killers, wie man die Passagen mit fehlendem Druck nicht als drucklos empfindet, sondern benutzt, um mit den Oberschenkeln auf der Stelle herumzudrehen, bevor der Refrain die Hüfte reaktiviert. Wie der Auerbach den nicht besonders gut geschriebenen "The Night Before" mit einer distanzierten, aber nie gewollt cool wirkenden Gesangsleistung rettet, für die ihn Casablancas beneiden wird. Schon gut.

Natürlich hat es etwas Absurdes, zum wievielten Mal Auerbach in allen Variationen schon ein "Babygirl" besungen hat und das immer noch tut, wo ihm der eigene Sack altersadäquat bald bis zum Boden hängt und er sich standhaft weigert, Frauen "woman" zu nennen. Aber Carneys hektische Drums wetteifern mit Percussion und Piano zu einem völlig ironieunfähigen Auerbach, es ist nun mal eine Freude. Auf "Down To Nothing" sucht er direkt danach mal wieder eine Schnitte und sehnsuchtet bei diesem inhaltlich egalen Mackersong ins Mikro, als hätte ihn die Mutter seiner fünf Kinder sitzenlassen.

Auerbachs Schmerz ist echt, weil er ihn dafür hält. Der weint bestimmt, wenn der Toast angebrannt ist, und würde noch einen guten Song draus machen. "Make You Mine" ist schöner Bluespop mit viel Bass und Melodie; ziemlich genau so sollte sich das gleichberechtigte Amalgam dieser beiden Genres anhören. Leider ist die Überproduktion samt Keyboard-Dicke-Nutella-Streicher hier besonders deutlich, aber eine Krux des gesamten Albums. Popeingängigkeit durch Schmiere einzukaufen hätten die Amis gar nicht nötig, es konterkariert im Gegensatz die Bemühungen, die auf der zweiten Hälfte leider sowieso absacken.

Das für eine Band, der manchmal eine gewisse Eintönigkeit attestiert wird, mutig benannte "On Repeat" gerät nur okay; es ist, nun ja, repetitiv und lebt von einer einzelnen schönen Gitarrenfigur im Refrain. Der klassischste Bluesrocksong "Man On A Mission" übersteigt den "halt so ein Black Keys-Song"-Status zu keinem Zeitpunkt. Den kann man bestimmt toll in irgendeinen Soundtrack einarbeiten, wenn jemand durch die Wüste fährt und dabei flott und entschlossen guckt.

Wenn euch jemand "Kiss It" sagt, ist Skepsis angebracht; der entsprechende Track nimmt sich dann auch viel zu viel Zeit, um seine interessante Grundfigur aufzubrechen. Der Refrain steigert nur die Strophe, erst zu Schluss bricht ein kurzes, exzellentes Gitarrensolo scheinbar die Kruste auf, die sich aber sofort wieder verschließt und in den alten Trott zurückfällt. Hier drin versteckt sich gefühlt die Essenz von Nashville, aber der Bus fährt durch die Stadt durch, obwohl man pinkeln muss. "All My Life" wirkt wie eine launige Demo, noch nicht ausgereift. Schmissige Idee, aber neben der Gitarrenspur sind alles Ansätze, die erst mal nur zeigen sollen, wo die Richtung hingeht. So flirrt alles völlig vor sich hin, als wären Brüche in Blues und Pop seltsame Spielereien.

"A Little Too High" funktioniert dagegen wieder gut, seine Dichte und herausstechenden Gitarren übernehmen den Lead und Auerbach hält sich stimmlich im Hintergrund. "Neon Moon" beschließt ein Album, für das die Schwarztasten zumindest einen Fleuropstrauß verdient haben; mal wieder die eigene Suppe so durchgerührt, dass was Neues rauskam. Für mehr bräuchten sie wohl weniger Kollaboratoren als vielmehr einen Studiodiktator, der die beiden im richtigen Moment mit dem Elektroschocker quält – wenn sie eine Nummer mal wieder sicher nach Hause fahren so wie diesen stark beginnenden und dann mies abgebundenen Closer mit seinem "la la la" und den sinnlos wiederholten Abschlusszeilen, die keine Sehnsucht entfalten, sondern Einfallslosigkeit.

Trackliste

  1. 1. No Rain, No Flowers
  2. 2. The Night Before
  3. 3. Babygirl
  4. 4. Down To Nothing
  5. 5. On Repeat
  6. 6. Make You Mine
  7. 7. Man On A Mission
  8. 8. Kiss it
  9. 9. All My Life
  10. 10. A Little Too High
  11. 11. Neon Moon

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