laut.de-Biographie
The Monks
Sie sind eines der merkwürdigsten Phänome in der Geschichte der Popmusik: The Monks. In schwarzen Anzügen und mit Tonsur sorgen die fünf Musiker Mitte der 60er Jahre kurz für Aufregung. Vermarktet als Gegenpol zu den britischen Erfolgsmusikern der Beatles, betreten The Monks mit ihren minimalistischen, repetitiven und extrem rhythmisierten Songs Neuland. Nach knapp zwei Jahren ist alles wieder vorbei und die Band verschwindet in der Versenkung. Erst in den 90er Jahren entdecken Musiker wie Henry Rollins und der Produzent Rick Rubin die Band neu. 1999 wiedervereinigen sich The Monks für einige Reunion-Konzerte.
Erst jetzt erfahren The Monks die Würdigung ihres Schaffens, die ihnen 30 Jahre zuvor verweigert geblieben ist. Angesichts von Krautrock, Punk und sogar elektronischer Clubmusik klingen die Songs von The Monks wegweisend. Hinzu kommt der betont konzeptionelle Ansatz in der Vermarktung der Band. Zehn Jahre bevor Malcolm McLaren mit den Sex Pistols ein ähnliches Experiment startet, sind The Monks bereits als Kundschafter in diesem unbekannten Terrain unterwegs. Sound und Image machen The Monks zu einer Band, die auch Jahrzehnte nach ihrer Gründung nichts an Aktualität eingebüßt hat.
Die Geschichte der Monks nimmt ihren Anfang im Jahr 1964. In der Garnisonsstadt Gelnhausen bei Frankfurt treffen sich die fünf GIs Gary Burger (Gesang, Gitarre), Eddie Shaw (Bass), Dave Day (Banjo, Gitarre), Larry Clark (Orgel, Keyboard) und Roger Johnston (Schlagzeug). Nach ihrer Entlassung aus der Armee genießen die fünf Amerikaner die Zeit und das heißt in erster Linie: Sie machen Musik. The Torquays heißt ihre Band, deren Repertoire ausschließlich aus Coverversionen besteht. In der Setlist finden sich Namen wie Chuck Berry, Rufus Thomas und The Kinks. Neben Rock'n'Roll- und Beat-Klassikern spielen The Torquays auch Surf-Nummern.
Bei einem ihrer Gigs lernt das Quintett ihre späteren Manager kennen. Karl-H. Remy, Student der Hochschule für Gestaltung Ulm, und Walther Niemann, Student der Folkwang-Schule in Essen, sehen in der Musik der Torquays ein großes Potenzial und beschließen, die Band fortan unter ihre Fittiche zu nehmen. Als Werbeprofis entwerfen sie zunächst ein Corporate Image für die Band. Passend zum neuen Namen The Monks besteht dieses aus mönchischer Tonsur, schwarzen Anzügen und Strick statt Krawatte. Auch in musikalischer Hinsicht fungieren Remy und Niemann fortan als Berater. Mit ihren Ideen prägen sie den typischen Monk-Sound entscheidend mit.
Sie inszenieren die Monks als Anti-Band zu den erfolgreichen Superstars der frühen 60er Jahre. Statt musikalischer Kunstfertigkeit, ausgefeilten Soli, harmonischem Gesang und einem elaborierten Formalismus setzen The Monks auf rohe Sounds, harsche Rhythmen, verzichten auf Soli und reduzieren den Gesang auf wenige geschrieene Worte. Mit diesem Konzept ziehen die Monk-Manager einen Deal mit der Plattenfirma Polydor an Land. Nur wenige Wochen nach der offiziellen Gründung der Band findet im November 1965 in Köln die zweitägige Aufnahmesession zum ersten und letzten Album "Black Monk Time" statt, das Anfang 1966 in die Plattenläden kommt.
Zur Promotion des Longplayers treten die Monks in der ersten deutschen Beat-Sendung im Fernsehen auf, dem Beat-Club, und spielen zahlreiche Konzerte in ganz Deutschland. Der Erfolg bei Gastspielen im legendären Star Club in Hamburg geben Band und Management weiter Auftrieb. Mit "Boys Are Boys And Girls Are Choice" und "Complication" feiern sie zwei Single-Erfolge. In der Folge planen die beiden Manager eine Asientournee. Es sollten die ersten Konzerte im Ausland sein und den Weg in die USA ebnen. Doch dazu kommt es nicht. Als man sich in Frankfurt am Flughafen versammelt, wirft Schlagzeuger Johnston im letzten Augenblick das Handtuch und besiegelt damit 1967 das Bandende.
Während der nächsten 30 Jahre haben die ehemaligen Monks-Mitglieder kaum Kontakt zueinander. Sie vollziehen einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit und bauen sich eine bürgerliche Existenz auf. Organist Larry Clark arbeitet lange Jahre bei IBM, Sänger Gary Burger findet seine Profession als Bürgermeister der Gemeinde Turtle River in Minnesota, Drummer Roger Johnston glaubt sich zum Glauben berufen, Basser Eddie Shaw baut sich eine Existenz als Schriftsteller auf und schreibt die Monks-Biografie "Black Monk Time". Gitarrist Dave Day schließlich betreibt zusammen mit seiner Frau eine Kneipe in Schweinfurt, bevor ihn die Trennung aus der Bahn wirft und er für eineinhalb Jahre auf der Straße lebt.
Von ihrem musikalischen Schaffen im Deutschland der 60er Jahre wissen oftmals nicht einmal die besten Freunde. Das ändert sich Ende der Neunziger, als Musiker wie Jello Biafra von den Dead Kennedys, die Beastie Boys, Alec Empire, The Fall und Henry Rollins die Band einem neuem Publikum bekanntmachen. Das wiedererwachte Interesse führt schließlich zur Wiedervereinigung der Monks und einem vielumjubelten Auftritt beim Cave Stomp Festival am 8. November 1999. Im Publikum jubeln den fünf Mönchen unter anderem Jon Spencer und Genesis P-Orridge (Throbbing Gristle, Psychic TV) zu. Für The Monks geht mit dem ersten US-Gig ein lange gehegter Traum in Erfüllung.
In den kommenden Jahren treten The Monks vereinzelt bei Festivals und im Zuge der Promotion des Dokumentarfilms "Monks - The Transatlantic Feedback", der 2006 erscheint, auf. Im selben Jahr bekunden zahlreiche Bands ihre Hochachtung vor dem visionären Schaffen der Monks und steuern Songs zum Tribute-Sampler "Silver Monk Time" bei. Mit dabei sind unter anderem Mouse On Mars, Fehlfarben, Die Goldenen Zitronen, International Noise Conspiracy, Faust und Alexander Hacke. Filmpremiere und Tributealbum erlebt Drummer Roger Johnston nicht mehr mit. Er stirbt 2004, vier Jahre später Banjo-Spieler Dave Day. 2008 erhält die Dokumentation "Monks - The Transatlantic Feedback" den Adolf-Grimme-Preis. Im Jahr darauf erscheint sie auf DVD. Gleichzeitig werden die Releases der Monks wiederveröffentlicht. Fans der Band freuen sich 2017 über den Archivfund "Hamburg Recordings". Darauf sind fünf Songs enthalten, die als die letzten Aufnahmen der Gruppe kurz vor ihrer Auflösung 1967 gelten.
1 Kommentar
Ich hatte mit meiner Band in den 60ern in der Camera in Fürth einige gemeinsame Auftritte mit den Monks. Das war die brutalste und lauteste Band die ich je gehört habe. Das komplette Publikum saß unten mit dem Mund offen und konnte es kaum fassen, was da von der Bühne runterkam. Wenn es bis dahin noch keinen punk gab, dann war das definitiv der Anfang. Ich hab später noch mit Gary+Dave ab und zu geemailed, glaube die sind aber jetzt gestorben.