laut.de-Biographie
Anouar Brahem
Die Oud ist eine arabische Kurzhalslaute, die traditionell als Begleitinstrument zum Einsatz kommt. Im Zuge der musikalischen Globalisierung erfährt sie um die Jahrtausendwende eine Renaissance, die sie aus dem Schattendasein des Begleitinstrumentes in das ruhmvolle Licht des Soloinstrumentes katapultiert. Rabih Abou-Khalil, Dhafer Youssef und eben Anouar Brahem heißen die Protagonisten dieses Wandels.
1957 kommt Anouar Brahem in Halfaouine, dem Zentrum der Altstadt von Tunis (Tunesien) zur Welt. Mit zehn Jahren beginnt er, die Oud zu spielen. Später findet er sich am nationalen Konservatorium für Musik wieder und erhält über einen Zeitraum von zehn (!) Jahren eine grundlegende Ausbildung in klassischer arabischer Musik. Sein Lehrer Al Sriti über Brahem: "Er ist der beste Lautenspieler Tunesiens. Er verfügt meisterhaft über die Liebkosung und den Anschlag der Saiten und Akkorde und weiß allein ihr Geheimnis." Brahem über Sriti: "Der direkte Kontakt mit diesem Meister war das Wichtigste für meine Entwicklung. Was ich bei ihm lernte, ist theoretisch nicht vermittelbar – wie im Jazz. Natürlich gibt es theoretische Grundlagen im Melodischen, im Rhythmischen, in den Verzierungen, aber die praktischen Feinheiten sind individuell geprägt. So ein Meister ist die beste Schule."
1981 geht er für vier Jahre nach Paris, "um alles noch einmal neu beginnen zu lassen. Das Wichtigste ist, die Wurzeln immer aufs Neue zu ernähren. Aber: findet keine Erneuerung statt, so sterben auch die Wurzeln ab. Museale Pflege und Festlegung sind der Tod. Ich glaube an das 'Laboratorium des Lebens'." 1990 beginnt seine Zusammenarbeit mit dem Münchener Jazzperlenlabel ECM. Die Alben, die er dort einspielt, erreichen ein großes Publikum und führen ihn schließlich auf die großen Festivalbühnen in Deutschland, USA, Japan, England, Schweden, Frankreich und der Schweiz.
Mit unkonventionellen Kompositionen und eigenwilligen Besetzungen gewinnt er auch die Fachpresse für sich, die ihm Mitte der Neunziger zum Durchbruch verhilft. "Madar" (als Sideman für Jan Garbarek), "Khomsa" (mit Richard Galliano) und "Thimar" (mit Jon Surman und Dave Holland) zeugen von seiner künstlerischen Eigenständigkeit, die keine Wiederholung mag. "Selbstimitation ist das Schlimmste. Mein Ziel ist, immer wieder zu dem ursprünglichen Staunen zurück zu finden, das der Grund für alles Musizieren ist."
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