20. Mai 2025

"Unser Plan B heißt Beatsteaks"

Interview geführt von

Wir trafen den Sänger Arnim Teutoburg-Weiß und Gitarrist Peter Baumann von den Beatsteaks in ihrem Proberaum in Berlin-Kreuzberg.

Sie sind fleißig am Üben, da es bald mal wieder auf Tour gehen wird. 30 Jahre Bandgeschichte werden dann gefeiert, und in dieser Zeit ist so einiges passiert. Wir kramen noch mal in Erinnerungen und denken an die erste Liebe zurück, an Preisverleihungen und Backstage-Gossip. Sprechen über die Dokumentation "Hand in Hand - 30 Jahre Beatsteaks" von Ingo Schmoll, die im Fernsehen zu sehen ist, und über Idole wie Holger Biege und Die Ärzte.

Wie oft trefft ihr euch hier im Proberaum?

Arnim: Das ist ganz unterschiedlich. Kommt drauf an was, wir so ausmachen. Manchmal kommt hier keiner her, so einen Monat lang. Wenn wir was Neues geschrieben haben, dann sind wir ganz lange hier. Vor einer Tour proben wir auch mal ein paar Stunden am Tag. Es kommt immer darauf an, in welcher Phase sich die Band befindet.

Und jetzt befindet ihr euch in der heißen Probephase?

Arnim: Genau, Tourvorbereitung.
Peter: Jetzt sind wir immer hier, solange wir uns konzentrieren können.

Steht denn euer Set schon?

Peter: Nee, das entsteht jetzt erst. Wir finden heraus, was Spaß macht zu spielen. Was wir spielen sollten und was wir einfach auch gut spielen können.

Was sind da eure Favoriten? Oder gibt es Songs, die man gar nicht mehr spielen will?

Arnim: Das kommt auch schon mal vor. Wir sind jetzt nicht so eine egoistische Band. Favoriten sind nur die, die uns gefallen. Ein Favorit ist "Hand In Hand". Das macht uns Spaß und den Leuten. Das Lied wird nicht alt und ist somit ein Glücksfall für alle Seiten. Dann gibt es aber auch Lieder, die wir aus unserem Katalog wieder neu entdecken.

Nach 30 Jahren kann es in einer Band schon mal kriseln, wie in jeder langjährigen Beziehung. Therapie und Gruppengespräche habt ihr hinter euch. Macht man sich dennoch Gedanken über einen Plan B, wenn es die Band mal nicht mehr geben sollte?

Peter: Also, ich habe keinen.
Arnim: Wir arbeiten gerade an Plan B und der heißt Beatsteaks.
Peter. Wenn man eins gelernt hat, dann ist es, wenn man ganz doll was plant, dann kommt es oft doch ganz anders. Also, solche Gedanken würden mich viel zu sehr ablenken von Plan A.

Peter, du bist ja Gründungsmitglied. Wann kamst du noch mal genau dazu, Arnim?

Arnim: Nach Peter. Bernd hat bei mir geklingelt und Torsti (Torsten Scholz) kam 2001 dazu. War aber schon 1 ½ Jahre davor unser Backliner. Die anderen ursprünglichen Mitglieder (Stephan Hirche, Andreas Poesch und Alexander Rosswaag) wollten nicht mehr bzw. wurde ihnen das irgendwann zu Ernst. "So viel Urlaub kann ich gar nicht nehmen ..."

Ja, stimmt, wenn man noch einen Job hat, dann wird das natürlich schwierig. Peter, du wolltest doch auch erst gar nicht mit der Musik auf die Bühne?

Peter: Erstmal nicht. Ich wollte nur laut Gitarre spielen. Mit Kumpels zusammen Spaß haben und den Alltag vergessen. Da hatten wir noch keine Ambitionen, das anderen vorzuspielen. Das hat erst einmal nur für uns gereicht.

Und dann kam Arnim und wollte unbedingt vor Leuten spielen ...

Peter: So ist das gewesen.
Arnim: So läuft das mit Bands. Du brauchst jemanden, der sich ans Klavier setzt und sagt, morgen spielen wir dann mal. Die Beatsteaks, die man da draußen kennt, die haben sich über mehrere Jahre gefunden und das sind die fünf. Mit Torsti wurden wir erst komplett und mit Torsti wurde es dann auch erst möglich. So sehe ich das. Er sagt immer: Ich bin der Letzte ... und ich dann: Nee, nee, du warst das Puzzleteil, was es auch erst möglich gemacht hat.

Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen oder tut es noch, ansonsten funktioniert so eine Band auch nicht.

Arnim: Ja, das ist eine Entscheidung von allen Mitgliedern, daran zu arbeiten. Ich bin da ja mit Freunden zusammen. Lange bevor es dafür Geld gab, war das einfach der Ort, wo ich am liebsten war. Vor allem wegen den Leuten. Das muss man sich dann ab und zu immer wieder abholen oder versichern, dass das auch noch so ist. Da müssen alle dran teilnehmen.

Und mit der Zeit kommt dann noch Familie und Anhang dazu. Das muss man dann alles unter einen Hut bekommen. Gibt es eine Lieblingslocation, wo ihr am liebsten spielt? Oder auch einen Backstagebereich, den man gar nicht so mag, obwohl man das jetzt lieber nicht sagen sollte.

Arnim: Ich finde das immer spannend.
Peter: Ich komme mit allem klar. Ich habe noch nie gedacht: 'Boah, das ist aber ein hässlicher Backstage-Raum'. Vielleicht gab es da mal kurz einen Gedanken, aber dann muss das wirklich eine schlimme Katakombe sein. Eigentlich freuen sich immer alle, wenn man kommt und man sieht dann schon auch im Raum, wie sich die Leute Mühe geben. Dann steht Kaffee schon bereit und alles. Wir vermeiden es eigentlich, das dafür verantwortlich zu machen, wenn irgendwas nicht funktioniert oder die Laune schlecht ist, weil der Backstage falsch gestrichen ist.

Gibt es denn bei euch ein Ritual, bevor es auf die Bühne geht?

Arnim: Das wird nicht verraten.

Ich habe letztens DJ Koze im Interview auch die Frage gestellt und er meinte: "Ich meditiere mit Tequila". Kann man jetzt glauben oder nicht, aber habt ihr während eurer Bandtherapie nicht auch meditiert?

Peter: Das muss ich verneinen.
Arnim: Oooommm. Die Musik ist unsere Meditation.
Peter: Wir hatten eine Mediation und das ist ja was anderes als eine Meditation.
Arnim: Das Meditieren ist das Musizieren miteinander. Und das andere war dann eher, dass wir Sachen hatten, wenn wir nicht spielen, die wir aufräumen mussten.

Ah, ja. Das macht Sinn. Konstruktive Konfliktlösung durch Mediation. Man liest aber schon von vielen Musiker:innen, die meditieren. Das ist nicht ungewöhnlich.

Peter: Ich dachte aber, das macht man eher allein.

"Aber wenn du nach Holger Biege fragst. Das war der erste Sänger, in den ich verliebt war."

Holger Biege. Ich weiß nicht, ob er meditiert hat, aber das war natürlich auch ein Thema mit DJ Koze. Peter, kennst du auch Holger Biege?

Peter: Ich kenne Holger Biege, aber nicht so gut. Da war ich noch zu klein. Seine Zeit habe ich nicht so richtig wahrgenommen.

Aber den Song von DJ Koze mit Arnim und den Düsseldorf Düsterboys "Wie Schön Du Bist" kennst du?

Peter: Nee. Muss ich den kennen?

Naja, vielleicht schon, weil ein Beatsteks-Mitglied mit dabei ist. (Zu Arnim:) Hast du ihm den Song nicht mal vorgespielt?

Arnim: Ich würde Peter eher ein Demo vorspielen, was ich mit ihm zusammen machen will. Weißt du, was ich meine. Die Musik, die wir außerhalb der Band machen, das wird respektiert und geduldet, aber das ist jetzt kein Thema, was morgens beim Kaffee erzählt wird.

Ich dachte, darüber redet man mit Freunden, weil man auch wissen will, was die anderen noch so machen?

Arnim: Ich finde es eigentlich ganz normal, dass man das nicht so nach vorne stellt.

Das hat nichts mit nach vorne stellen zu tun, sondern sich einfach darüber austauschen, was die anderen noch so treiben. Mich würde das interessieren.

Peter: Wir machen alle so viel Musik nebenbei, wenn wir uns das jetzt immer vorspielen würden ... Das spielt keine Rolle. Ich finde es auch gut, dass man nicht immer die Bestätigung von jemand anderen braucht.

Kann ich trotzdem noch was zu Holger Biege fragen. Weil mich das schon interessiert.

Peter: Unbedingt. Tut mir leid, dass ich gerade nicht in deinem Kosmos stattfinde, aber bei mir ist er einfach nicht so präsent.

Und ich habe ihn quasi mit diesem Song entdeckt und kann seine Musik nur empfehlen. Holger Biege war ein Liedermacher aus der DDR. Er selbst musste auch ziemlich viele unschöne Dinge erleben, u.a. haben damals Annette Humpe (Ideal) und DÖF in ihrem Song "Codo (Ich düse, düse im Sauseschritt)", Passagen genutzt aus Holgers Lied "Küsst mich und lieb mich", den er für seinen Bruder geschrieben hat. Und Frau Humpe hat nicht gefragt, ob das in Ordnung geht. Wenn ihr beide Songs mal hört, dann erkennt man es sofort. Kennst du die Geschichte, Arnim?

Arnim: Nee. Aber wenn du nach Holger Biege fragst. Das war der erste Sänger, in den ich verliebt war. Mein Vater hat mit ihm gearbeitet, und das war die erste Stimme in meinem Leben, die ich ganz toll fand. Und davon habe ich meinem Freund Kozi (DJ Koze) erzählt und so ist der Song entstanden. Mein Vater stand auch noch in den späten 1990ern mit ihm auf der Bühne. Holger hat Klavier gespielt und mein Vater hat dabei Akrobatik vorgeführt. Aber sonst zum Background von Holger Biege kann ich nichts sagen. Das war keiner der Ost-Stars, die in den Westen abgehauen sind. Holger war immer derjenige, der sagte: Nee, ich bleib hier. Ich will nicht weg. Nina Hagen, Manfred Krug, die haben es irgendwann nicht mehr ausgehalten und mussten raus. Holger Biege ist einfach geblieben und hat seine schöne Soulmusik gemacht. Ich finde, er hat einen riesigen Fundus an tollen Liedern. Ein toller Sänger.

Auf jeden Fall. Ich bin jetzt auch Fan. Einige sagen, er klingt sehr schlagermäßig, aber das finde ich gar nicht.

Peter: Vielleicht war das der Grund, warum ich ihn nicht gehört habe. Zu schlagermäßig.
Arnim: Das finde ich gar nicht.
Peter: Klang das dolle ostig? Es gibt so einen bestimmten Ost Flair. Aber wenn es nicht laut genug war, dann hat es mich eh nicht interessiert (grinst).
Arnim: Wir waren ja auf jeden Fall die Generation, die nicht so auf deutschsprachige Musik stand. Holger hat mich abgeholt, aber sonst weniger deutsche Musik. In der DDR hat mich die andere Seite fasziniert. Pet Shop Boys. Die andere Welt. Depeche Mode fand ich super interessant. Sowas gab es im Osten nicht.

Aber Die Ärzte waren doch auch schon ein großer Einfluss?

Arnim: Ja, auf jeden Fall.
Peter: Bis heute.

Und in eurer Doku ("Hand in Hand – 30 Jahre Beatsteaks" von Ingo Schmoll) schwärmt Farin Urlaub auch sehr von euch. Habt ihr die Doku eigentlich gesehen?

Peter: Ja.
Arnim: Ich mal wieder nicht.
Peter: Ich musste die mit der Familie gucken. Ich hatte die auch noch nie zusammenhängend geguckt, und dann habe ich sie mit meinem Sohn und meiner Frau zusammen geschaut. Wenn sowas im öffentlichen Fernsehen läuft, dann kommen viele Leute und sagen: Hey, ich habe den Film gesehen. Das ist ja toll und das wusste ich alles gar nicht. Oder auch wenn was in der Zeitung steht, dann kommt immer einer, von dem man lange nichts mehr gehört hat und zeigt einem den Artikel.

Ingo Schmoll hat den Film über euch gemacht. Von dem hatte ich schon lange nichts mehr gehört.

Arnim: Ingo hat immer wieder Interviews mit uns gemacht. Und dann hat er uns die Idee letztes Jahr vorgeschlagen und dann haben wir gesagt: Ok, lass probieren.

Ihr wart letztes Jahr im Sommer auf Tour und habt in autonomen Jugendzentren in Ostdeutschland gespielt. Das kommt auch in der Doku vor. Wie war das? Was für eine Stimmung habt ihr dort verspürt?

Arnim: Naja, da kommen wir halt her aus diesen Orten. Da haben wir angefangen, und deshalb war das eine Rückkehr, und gleichzeitig hat sich aber auch gar nicht so viel verändert. Diese Orte gibt es immer noch. Natürlich sind da jetzt neue Leute am Start, aber mich hat das total an früher erinnert. Also, im positiven Sinne. Ich fands total schön. Auch da mit den Leuten zusammenzukommen und zu reden. Das war mehr als nur ein Gig.

Ihr habt dann nach dem Konzert noch mit den Fans gesprochen?

Arnim: Wir sind schon bei unserer Ankunft ins Gespräch gekommen. Da hatten wir noch gar nicht ausgeladen und das war irgendwie cool.
Peter: Das war echt eine super tolle Erfahrung, dort noch mal zu spielen.

Jetzt bei den größeren Konzerten, in der Wuhlheide etwa, kommt man wahrscheinlich nicht mehr so ins Gespräch mit den Fans. Oder sieht man euch da auch noch am Merch-Stand?

Peter: Das ist dann zu voll. Aber trotzdem hängen wir da noch ein bisschen ab und saugen die Stimmung auf.
Arnim: Das passiert schon noch. In Berlin jetzt nicht, da ist der Merch-Stand zu weit weg. Aber in München zum Beispiel, da war ich dann ne Stunde später am Merch. Das geht schon. Hallo. Hier ein Foto ... Also, wir sind jetzt keine Rockstars, auch wenn das manchmal so wahrgenommen wird. Das wird einem dann so gesagt. Eigentlich sind wir ne Rockband. Selbst als der Moment mal da war, bei so Preisverleihung oder so.
Peter: Da wollten wir eigentlich gar nicht sein.
Arnim: Ich finde ja alles erstmal interessant, was in einer Band so passieren kann. Aber ich fand das nie geil, diesen Boulevard und das Stargetue. "Sing meinen Song" oder sowas ... Nee, da waren wir viel zu beschäftigt, unser kleines Ding zu bauen. Vielleicht finden das dann Die Ärzte und so auch an uns gut. Guck mal die Band. Die machen ihr eigenes Ding. Das finden wir cool.

Die Ärzte halten sich aus solchen Shows und Events auch eher zurück.

Arnim: Ja, die spielen das Game auch nicht.

Gibt es denn Anfragen von so Shows? Oder Einladungen zu Events, die ihr dankend ablehnt?

Peter: Ab und zu kommt das schon vor. Wir gucken uns das alles an und sagen aber auch viel ab.

Viele Künster:innen reizt gerade das, andere Stars/Kolleg:innen zu treffen und gehen deshalb überall hin. MTV Awards oder sowas. Gibt es die eigentlich noch?

Arnim: Da sind wir hingegangen und jetzt gibt es sie auch nicht mehr.

Ach echt. Wann war das?

Arnim: Na, wir haben zwei von diesen Awards mal gewonnen. 2004 und 2006.
Peter: 2007 war das, glaube ich.

Als?

Arnim: Best German Act. Und dann waren wir noch mal Live Best Act oder sowas. Mit in der Kategorie: Ärzte, Toten Hosen, Rammstein, Sportfreunde Stiller und Beatsteaks. Und welche Band hat gewonnen? (grinst) Was hätte noch alles passieren können, wenn wir diesen Weg weitergegangen wären.
Peter: Tja, und jetzt hat MTV zugemacht.
Arnim: Aber wie gesagt, das waren alles so Events, ah, ja. Ok ...
Peter: Mal reingeguckt, ach, so sieht das hier aus. Aber deswegen machen wir das alles nicht. Mir ist das eher immer alles unangenehm, wenn man irgendwohin geht und da ohne Instrumente steht. Natürlich muss man das auch ein bisschen mitmachen und sich präsentieren, aber ich persönlich bin dann immer schnell weg von so Veranstaltungen. Manche Leute leben für die After Show Partys, aber wenn ich raus will, dann sind immer noch genug Shuttles da.

Aber ihr trefft euch schon noch nach dem Konzert auf ein Bierchen und resümiert den Abend?

Peter: Wenn wir auf Tour sind, dann schon.
Arnim: Wenn wir danach nicht mehr zusammen abhängen, dann wäre ein wichtiger Teil weg, klar. Das hat sich aber auch so normalisiert. Das ist unser Job. Wir sind auf jeden Fall nicht wegen der Party unterwegs, sondern weil wir so schöne Konzerte miteinander spielen.
Peter: Man unterhält sich danach ...
Arnim: Die ganze Lagebesprechung. Wir reden ganz oft danach über das, was passiert ist. Was wir wiederholen und was wir lieber bleiben lassen sollen.
Peter: Feiern bis 3, 4 Uhr morgens geht halt nicht, wenn am nächsten Tag das nächste Konzert ansteht. Die Performance ist uns allen wichtig und dass es am nächsten Tag wieder genauso klingt.

Und vor allem ist man ja auch keine 20 mehr. Das ist schon anstrengend so eine Tour. Auch körperlich. Da muss man sich fit halten.

Peter: Auf jeden Fall.

Ihr habt auf Tour, aber auch auf euren Alben immer mal wieder Gast-Musiker:innen. Ich komme wieder auf die Stars zurück. Gibt es da noch Wunschpartner?

Arnim: Das darf man vorher nicht sagen. Das packe ich jetzt nicht aus. Wenn es ein Wunsch ist, dann mache ich es eher kaputt. Da bin ich abergläubisch.

"Ich kann auch keine Band gut finden, wenn die Stimme mich nicht anspricht."

Verstehe. Was war denn eure erste Liebe? Arnim hat es schon verraten ...

Arnim: Holger Biege.
Peter: Bei mir war es Betty aus dem Kinderferienlager, oder meinst du eher musikalisch?

Bei der Frage ist alles erlaubt.

Peter: Später kam dann noch Ramona Hase. Deren Jacke habe ich von Raum zu Raum getragen, damit sie mich bemerkt.

Und hat sie?

Peter: Ja. Schon verrückt. Manchmal erinnert man sich nicht an Leute, die man gestern noch gesprochen hat, aber diese Namen bleiben ewig in Erinnerung.
Arnim: An Sophie Marceau erinnere ich mich auch. La Boum – Die Fete.
Peter: Ja, gut, aber im echten Leben?
Arnim: Im echten Leben kenne ich auch noch die ganzen Vor- und Zunamen. Aber dann gab es halt diese Anhimmelungen. Oh mein Gott, Kim Wilde oder Vanessa Paradis, "Joe le Taxi". Gesang fand ich schon immer bezaubernd und faszinierend.

Bei neuen Bands oder Liedern achtest du dann auch erst mal auf den Gesang?

Arnim: Ich kann ohne Gesang gar nicht. Ich kann auch keine Band gut finden, wenn die Stimme mich nicht anspricht. Mein Zugang ist die Stimme. Selbst beim Hip Hop. Da kann der Beat noch so grooven, wenn der Rapper mich nicht anspricht, geht es nicht. Aber ist halt reine Geschmackssache.
Peter: Früher war das echt anders. Klar, gab es auch, aber ähnlich wie bei dir mit dem Gesang, war für mich die verzerrte Gitarre, die mich mitgerissen hat. Da brauchte ich erst mal keinen Sänger oder konnte ihn sogar ignorieren. Toy Dolls ist jetzt nicht die Musik, die du stundenlang hören willst, weil sie so schön klingt. Im Gegenteil.
Arnim: Das ist die Stärke dabei. Thomas würde genau das über Drum-Sound sagen. Und Bernd kann dir das auch sagen. Der spielt immer von The Cult Songs nach. Original die Akkorde. Er zoomt in den Gitarrensound und wenn ich ihn dann frage, was singt der Sänger im Refrain? Dann sagt er: Keine Ahnung.

Welche Platte oder Kassette habt ihr euch damals als erstes gekauft?

Peter: Auf Platte war das AC/DC "Highway To Hell". Und dann weiß ich noch "Im Schatten der Ärzte", die hat mir mein Vater mitgebracht. Der war Schauspieler und durfte ab und zu in den Westen rein und hatte dort so Gastspiele. Und da hat er mir die mitgebracht. Das war das Doppelalbum, und ich weiß nicht mehr, wie viele Stunden ich mir die angeguckt habe. Da war ja auch noch Sahnie drauf, und da habe ich alles komplett rausgesogen. Ich war ein totaler Fanboy von den Ärzten. Jan (Farin Urlaub) mit seinen hochstehenden Haaren und dem Nietenarmband. Sowas habe ich mir dann selbst gebastelt. Das gab es bei uns nicht. Später gab es dann so Nachpressungen von Singles, "Ist Das Alles" und so. Die habe ich mir dann auch gekauft.

Stimmt, das war in der DDR ja kaum möglich, an Platten aus dem Westen zukommen.

Peter. Ja. Das war halbwegs geschmuggelt. An der Grenze wurdest du auch immer kontrolliert, ob du was dabei hattest. Und die Ärzte-Platte war wahrscheinlich nicht explizit staatsfeindlich genug, um konfisziert zu werden.

Ich kaufe mir immer noch gerne Platten, aber dass man sich stundenlang diese Platte anguckt und anhört - das mache ich auch nicht mehr so intensiv, wie früher.

Peter: Bei uns war das früher das einzige Portal in die Welt. Das klingt so komisch, aber da gab es auch noch kein Internet, kein Handy.
Und heute haste ja kaum noch Zeit dafür.

Man nimmt sich so wenig Zeit dafür.

Arnim: Kannst du dir aber doch nehmen, die Zeit.

Klar, ich versuche das auch wieder mehr. Hinsetzen, Plattenspieler an und einfach nur zuhören. Ohne Handy in der Hand. Aber das muss man üben. Ihr hört wahrscheinlich auch Musik über Spotify? Wie steht ihr dazu?

Arnim: Das Thema ist groß. Das ist eigentlich das Schlimmste, was der Musik passiert ist, aber gleichzeitig ist das jetzt einfach der Transporter, den alle benutzen. Aber natürlich ist klar, wer davon profitiert. Was das für Künstler bedeutet und junge Leute, die Musik machen, wissen wir ja. Aber vielleicht finden sich neue Wege. Man weiß auch nie, was die Jugend so anstellt. Wir sind ja 50-Jährige und jetzt muss die neue Generation sich da was ausdenken. Ich kann nur sagen: Hey, mach mit deinen Freunden was Cooles und sei eine unwiderstehliche Liveband. Dann ist der Weg frei. Dann brauchst du Spotify gar nicht. Man kann erst mal Konzerte spielen, bevor man überhaupt eine Platte macht. Für uns war das nie die Überlegung, wir steigen jetzt ins Musikgeschäft ein. Das ist Teil des Business, aber wie gesagt ein großes Thema. Wir wollten immer Konzerte spielen, und dann auch mal nicht und dann wieder mehr. Dieser direkte Austausch mit den Leuten ist wichtig und immer noch unwiderstehlich. Ob das der DJ ist oder eine Band, du wirst doch immer anhalten und zugucken, was da passiert. Oder nimm Billie Eilish, die mit ihrem Bruder im Schlafzimmer Songs aufnimmt. Sowas verändert die Popwelt. Die haben bestimmt auch nicht über Spotify nachgedacht, sondern wollten Musik machen. Oder die Verlierer aus Berlin. Die haben Bock live zu spielen. Die haben kein Instagram, aber das SO36 Konzert war ausverkauft.

Läuft. Also, immer positiv denken und viel spielen. Das ist doch mal ein gutes Schlusswort. Vielen Dank und viel Spaß auf eurer Tour.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Beatsteaks

"Wie kannst du bei den Beatsteaks ruhig sitzen bleiben?", fragen die Ärzte auf ihrem Hit "Unrockbar". Die geehrte Band besteht aus fünf Mannen, ihrer …

Noch keine Kommentare