laut.de-Biographie
Carl Perkins
Wenn es ein Bild gibt, das wie kein anderes den Rock'n'Roll der 50er Jahre auf den Punkt bringt, dann sind es die Blue Suede Shoes; eine modische Kuriosität. Weniger bekannt als die blauen Wildlederschuhe allerdings, ist einer der sie durch seinen Song unsterblich machte: Carl Perkins. Während seine Kollegen bei Sun Records wie Elvis Presley, Johnny Cash oder Jerry Lee Lewis das junge Label von Sam Phillips zur Hitschmiede par excellence in Sachen Rock'n'Roll machten und in den Starhimmel aufstiegen, blieb Perkins sein Leben lang im Schatten jener großen drei. Bedauert hat Perkins diese Entwicklung nie, denn er blieb sich selbst treu, war immer der bodenständige und sympathische Tennessee Boy. In seinen eigenen Worten: "I just didn't have the luck these guys had. I never had a manager. I said 'I ain't givin' nobody 20¢ out of my dollar.' I was bullheaded, I was green, I was country."
Groß geworden ist Carl Perkins, der am 9. April 1932 in Tiptonville, Tennessee zur Welt kommt, auf der kleinen Farm seiner Eltern. Zusammen mit seinen drei Brüdern hilft er früh bei der Feldarbeit, wo er auch die Musik der schwarzen Arbeiter lieben lernt. Gospel und Blues bilden das Fundament, auf dem Perkins später seine eigenen Songs aufbaut. In den Baumwollfeldern entstehen auf einer selbstgebastelten Gitarre die ersten Songs. Später tritt Perkins, begleitet von seinen beiden Brüdern, in den lokalen Clubs auf. Und vielleicht hätte sich nie etwas im Leben von Carl Perkins geändert, wenn er nicht eines Tages von einem Elvis-Song im Radio elektrisiert gewesen wäre. Er beschließt, zu Sam Phillips nach Memphis zu fahren, schließlich hören sich seine Lieder beinahe wie jener Elvis-Song im Radio an.
Sam Phillips erkennt das Talent von Carl Perkins und nimmt ihn bei Sun Records unter Vertrag. Doch der Sound aus den Clubs ist dem Labelchef noch zu rauh. Also wird so lange geübt bis Phillips zufrieden ist. Dennnoch wird die Single "Let The Juke Box Keep On Playing" nicht zu großen Hit. Der lässt aber nicht lange auf sich warten: 1955 verkauft sich "Blue Suede Shoes" über eine Million Mal und findet sich gleichzeitig in den Country-, Pop-, und R'n'B-Charts wieder. Sam Phillips stellt Perkins aus Dankbarkeit einen neuen Cadillac vors Haus. Nicht zu Unrecht, denn die folgenden Jahre sollten fett werden für Sun Records. Rockabilly ist der Stil der Zeit und Sun Records das Label dazu.
Carl Perkins ist das Glück jedoch nicht so hold wie seinem Labelchef. Auf dem Weg zur Aufzeichnung einer Fernsehshow in New York verunglücken die Perkins-Brüder mit ihrem Auto und sowohl Carl als auch Jay tragen schwerste Verletzungen davon. Während Carl im Krankenhaus an seiner Rehabilitation arbeitet, macht sein Label-Kollege Elvis Presley das große Geschäft: er covert "Blue Suede Shoes" und dieses Mal schlägt der Track ein wie die sprichwörtliche Bombe.
Der Komponist des Tracks gerät indes allmählich in Vergessenheit. Trotz seiner Fingerlähmung, die Perkins als Folge des Unfalls davonträgt, veröffentlicht er auf Sun einige hervorragende Singles wie "Boppin' The Blues", "Matchbox" oder "Everybody's Trying To Be My Baby", die sich später allesamt auf Platten der Beatles wiederfinden. Und auch das rohe "Tennessee", eine Hommage an seine Heimat, darf heute als Rockabilly-Klassiker gelten.
Privat läuft Perkins' Leben zunehmend aus dem Ruder. Er beginnt stark zu trinken, sein Bruder Jay stirbt an Krebs und der einstige Superstar zieht mit seiner Gitarre wie einst durch die Honky Tonks. Einzig eine Tour an der Seite von Chuck Berry 1964 im Vereinigten Königreich, wo Beat die Musik der Stunde ist und die beiden Rock'n'Roll-Urgesteine Wegbereiter gefeiert werden, lassen ihm die lange verwehrte Anerkennung zuteil werden. Cash heuert Perkins schließlich für seine Band an. Am 13. Januar 1968 spielt Carl Perkins, zusammen mit seinem Namensvetter Luther, im Gefängnis von Folsom die Gitarrenparts zu Cashs legendärem "At Folsom Prison"-Album. Überhaupt begleitet Perkins Cash über die nächsten Jahre hinweg stetig und tritt immer wieder in dessen Fernseh-Show auf.
In den 80ern verziehen sich die dunklen Wolken der Vergangenheit endgültig. Perkins schwört dem Alkohol ab und wird endlich in den Starhimmel gehoben. Ein Platz in der Rock'n'Roll-Hall of Fame verwehrt ihm niemand mehr; er ist der Godfather of Rockabilly. Bands wie Brian Setzers Stray Cats entdecken die Musik von Perkins für eine jüngere Generation wieder. 1986 treten die bekennenden Perkins-Fans George Harrison, Ringo Starr und Eric Clapton in der Fernsehshow "Carl Perkins And Friends: A Rockabilly Session" als Backing-Band des Meisters auf.
Am 19. Januar 1998 verliert Carl Perkins in seiner Heimatstadt Jackson den langen Kampf gegen den Krebs. Zu seiner Beerdigung reisen Freunde wie George Harrison oder Jerry Lee Lewis an. Andere, unter ihnen Bob Dylan, Elton John, Paul McCartney oder Eric Clapton erweisen dem "Godfather of Rockabilly" musikalisch die letzte Ehre.
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