laut.de-Kritik
Der Tiefpunkt eines ausgedienten Formats.
Review von Philipp KopkaAuf die Gefahr hin, es mir mit allen Baggie-tragenden Realkeepern zu verscherzen, lege ich hier ein Geständnis ab: Im Zuge des "Raop"-Hypes besuchte ich das Solokonzert eines gewissen Pandas. Ein Panda, der mit dafür verantwortlich ist, dass oben genannte "Früher-war-alles-besser"-Verfechter ihr heiß geliebtes Genre jetzt eben mit pubertierenden Schülerinnen teilen müssen.
Das Publikum des ausverkauften Gigs bestätigte die Befürchtungen: Hauptsächlich unentwegt kreischende Mädels befüllten die Konzerthalle. Neben wochenlangem Tinitus blieb davon vor allem die Erkenntnis: Ein Pop-Star wie Cro hat es heutzutage wirklich nicht schwer. Anstrengen muss sich der dauergutgelaunte Maskenmann auf der Bühne eigentlich nicht, der Großteil der Zuschauermasse ist sowieso viel mehr damit beschäftigt den Record-Button auf dem iPhone zu finden, statt mitzukriegen, was der Panda auf der Bühne veranstaltet.
Cros kometenhafter Aufstieg innerhalb kürzester Zeit hat verhindert, dass der Rapper aus Stuttgart jemals vor weniger als 3000 Leuten spielen musste, geschweige denn in abgeranzten Clubs ein desinteressiertes Grüppchen Besoffener auf seine Seite zu ziehen. Genau diese Erfahrungen sind aber eminent, um aus Musikern die Bühnensau herauszukitzeln, die dann Konzerte vom simplen Runterspulen des Song-Repertoires zu einem unvergesslichen Ereignis macht. In Cros Karriere blieben ihm diese Entwicklungsmöglichkeiten verwehrt, und das wird auch bei seinem MTV-Unplugged-Konzert im altehrwürdigen Scala-Kino deutlich.
Hier und da ein langgezogenes "Stuttgaaart!", das war es dann aber auch schon an Interaktion mit seinem Publikum. Selbst als die Prinzen oder Max Herre auf die Bühne kommen, wird einfach schnell der vereinbarte Part gespielt. Lustige Hintergrundstorys, ein herzlicher Empfang für befreundete Kollegen, gelöste Stimmung? Fehlanzeige. Die gemütliche Wohnzimmeratmosphäre, der bodenständige Esprit eines Unplugged-Konzertes will nie so richtig entstehen. Der Panda wirkt verschüchtert, als ob ihm das alles dann doch ein bisschen zu schnell gehe.
Einen Grund für die fehlende Chemie liefert sicherlich die von seiner Maskerade verursachte Unnahbarkeit. Paul Würdig hat lange vor seinem Unplugged-Konzert den silbernen Totenkopf gegen Brille und Bart getauscht, doch Carlo Waibel weigert sich weiterhin, die Pandamaske ad acta zu legen. Zu wichtig ist ihm die Freiheit, auch künftig unerkannt durch die Straßen seiner Heimatstadt zu schlendern.
Der Stuttgarter verkörpert stattdessen eine Comicfigur ohne Identität, ohne Werte oder Gefühle, die man mit seiner Musik verbinden könnte. Deshalb sucht man während der 77 Minuten Spielzeit, die Chimperator auf die Standard-Version presst, vergebens nach den verheißungsvollen magischen Momenten, die die besondere Unplugged-Atmosphäre eigentlich verspricht.
Die gab es in der Erfolgsgeschichte von MTVs Konzertformat zuhauf. Man könnte an dieser Stelle natürlich meckern, Carlo habe es nicht verdient, in einer Reihe mit Eric Clapton, Nirvana und Kiss zu stehen. Aber sind wir mal ehrlich: Die Unplugged-Reihe hat spätestens seit dem Niedergang des Musiksenders ihren Ruf als Ritterschlag für verdiente Musiker verloren. Mittlerweile haben in den USA Katy Perry, Lil Wayne und Miley Cyrus ausgestöpselte MTV-Konzerte gespielt, hierzulande wurde die Ehre – und das meine ich völlig wertungsfrei - den Sportis, Gentleman oder eben Sido zuteil.
Vor allem mit letzterem muss sich Cro, neben Künstlern wie Max Herre und den Fantas, vergleichen lassen, weil sie nun mal die einzigen sind, die auf der Unplugged-Bühne bisher die Deutschrap-Fahne hochhielten. Doch diesen Vergleich kann der 25-Jährige unmöglich für sich entscheiden, denn die Kollegen Würdig, Herre und Co. blicken auf jahrzehntelange Karrieren zurück. So hatten sie bei der Auswahl der Setlist wahrscheinlich wenig Probleme, reichen die zwei Stunden doch kaum, um Hits aus zwei Dekaden zu spielen. Cros Diskografie hingegen weist gerade einmal zwei Alben vor.
Natürlich spielt er Titel wie "Hi Kids" und "Easy". Auch die Erfolgssingles seiner zweiten Platte finden ihren Platz auf der Setlist. Neben "Bad Chick", "Traum" und "Whatever" stehen aber auch Titel wie "Chillin", "Rennen" oder "Allein" auf dem Programm, die aus der dreijährigen Karriere des Pandas kaum in "Erinnerung" blieben und schon in ihrer Original-Version Lückenfüllern gleich kamen.
Die 22-köpfige Band tut ihr Bestes, der eintönigen musikalischen Palette einen neuen Anstrich zu verpassen. Die Karriere des Stuttgarters bietet aber, trotz unzähliger Gold- und Platin-Auszeichnungen, Bambis und Echos, nicht viel mehr als das immer gleiche Raop-Gedudel.
Carlo ist mit 25 Lenzen der jüngste deutsche Künstler, der jemals ein Unplugged-Konzert spielen durfte. Der Panda wäre gut beraten gewesen, damit noch zu warten. Viel mehr als die verwackelten YouTube-Mitschnitte, die nach seinen Solo-Konzerten auf den Blogs begeisterter 15-Jähriger auftauchen, gibt seine Unplugged-Performance auch nicht her.
21 Kommentare mit 75 Antworten
Hat Sido seinerzeit dafür nicht 4/5 Punkten bekommen?
Sido ist ja auch einer der größten deutschsprachigen Künstler unserer Zeit... ... .
sido ist ein vulgärer straßenrapper. cro hätte die 4/5 verdient.
Ich kann einen Mann mit Maske auf dem Gesicht nicht ernst nehmen. Nicht im Privatleben und nicht als Musiker. Was das?
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
das mit der Maske hat sich nach der ersten Scheibe abgenutzt. Jetzt ist es für mich nur noch lächerlich.
vor allem das herumgedrehte Christus-Kreuz ist echt übel.
opfer
Hi,
kann der Kritik nur teilweise zustimmen. MTV Unplugged ausgedientes Format? Versteh ich nicht ganz. Abgesehen davon das ich mir bisher nur Sido´s und Cro´s Unplugged angeschaut habe würde ich mich tatsächlich über mehr Unplugged Show´s freuen wenn es von Künstlern gemacht wird die in meinem Musik Kosmos auch stattfinden. Hab die ganze Zeit gedacht wie schön so ein Materia Unplugged qohl wäre. Naja was nicht ist kann ja noch werden.
Ich muss der Kritik vollkommen zustimmen was die Live Präsenz von Cro angeht. Da fehlt ihm tatsächlich noch ne ganze Menge. Find ich merkt man am besten bei dem Orson Feature. Wenn die Jungs auf die Bühne kommen hat Meckes sofort das Zäpter in der Hand und bezieht das Publikum bei dem einen Song wesentlich besser mit ein als es Cro bei der ganzen restlichen Show gelingt. Das Video welches er zwischendurch abspielt finde ich ziemlich bescheiden und dieses permanente "ihr seid geil" betrachte ich dann bei so einem gefühlt "Erwachsenem" Format eher als deplatziert. Das die Songauswahl jetzt so kritisch betrachtet wird kann ich nicht ganz verstehen. Klar hat er erst zwei Alben aber bei Siggis Unplugged wurden größtenteils auch nur aktuelle Dinger gespielt. Finde sogar das es sich bei dem Programm ganz ähnlich verhält wie bei dem zu Sidos´s. Paar Alte Dinger "easy", "Hi Kid´s" und sonst halt eher das gerade aktuelle Line- up.
So abschließend möchte ich noch sagen das Hafti nen ziemlich Lustlosen Eindruck gemacht hat und man ihm diesen trotzdem irgendwie nicht übel nehmen kann. Prinzenfeature war auf jedenfall ne Überraschung hat aber gepasst. Orson´s haben Cro bei dem Song so ziemlich die Show gestohlen und bei Dajuan war ich überrascht wie jung der Typ ist. Hatte nachdem ich das Album Melodie gehört hatte eher so mit nem Mitte 40 Typen gerechnet.
Alles in allem gebe ich dem Unplugged 3/5 Sternen.
Achso aber was mir bei dem Cro Unplugged tierisch auf den Geist geht ist wieder die "Marketing Strategie" das Album und die DVD getrennt auf den Markt zu werfen bzw. es bei Amazon als überteuerte Premium Box anzubieten. Gebt mir ähnlich wie bei Sido`s Unplugged beides für 25,- und alles ist gut aber so find ich es einfach ne Frechheit!
"MTV Unplugged ausgedientes Format? Versteh ich nicht ganz. Abgesehen davon das ich mir bisher nur Sido´s und Cro´s Unplugged angeschaut habe würde ich mich tatsächlich über mehr Unplugged Show´s freuen wenn es von Künstlern gemacht wird die in meinem Musik Kosmos auch stattfinden. Hab die ganze Zeit gedacht wie schön so ein Materia Unplugged qohl wäre. Naja was nicht ist kann ja noch werden."
Und genau deswegen ist MTV Unplugged ein ausgedientes Konzept und das wird in der Rezension auch haarklein erklärt. Ein Auftritt bei diesem Format war früher den Großen vorbehalten und nicht jedem Hinz und Kunz wie Sido, Cro oder vielleicht auch bald noch Marteria. Genau diese Bedeutungslosigkeit, in die es abgerutscht ist, wird hier bemängelt.
War heut auf dem Junggesellenabschied von meinem Cousin und als wir da so zwischendurch in nem Biergarten saßen, lief da doch tatsächlich Cro und den Mädels, die dort waren, schien die Musik sehr zu gefallen. Als wir dann weiter durch Hannovers Kneipen zogen, lief sehr oft Helene Fischer, Beatrice Egli usw. und es gingen echt alle Altersklassen gut ab. Schon seltsam, dass die Musik, die hier so vehement abgelehnt wird, allerorten für gute Laune sorgt. Tja, und auf Cro stehen die Mädels nun mal, da könnt ihr behaupten, was ihr wollt und das habe ich auch heute gemerkt. Diese Musik ist das wahre Leben, habe ich festgestellt. Trotzdem bleibe ich natürlich dem Prog treu. Für heiße Sommertage und -nächte geht aber nichts über die oben genannten Interpreten; das wird jesder bestätigen, der regelmäßig feiern geht.
"Für heiße Sommertage und -nächte geht aber nichts über die oben genannten Interpreten; das wird jesder bestätigen, der regelmäßig feiern geht."
Ich weiß ja mittlerweile, dass du nur trollst, aaaber: Auf jemanden, der aus der näheren Umgebung von Hannover kommt, mag das zutreffen. Ich habe zehn Jahre meines Lebens in diesem gottverlassenen Höllenloch verschwendet und so etwas wie eine alternative Szene gibt es da höchstens in Form von abiturientenüberlaufenen Indieschuppen der Marke Faust, Glocksee und Chéz Heinz. Jeder der regelmäßig feiern geht, landet also mit einer 90% Wahrscheinlichkeit im Peripheriegebiet um das Steintor (Rotlichtviertel) herum, wo genau so eine minderbemittelte Scheiße läuft, die Hurensöhne eben anzieht.
Diese Lästereien über Hannover kann ich echt nicht verstehen. Sag doch mal, wo Du jetzt wohnst und wo es anscheinend besser sein soll? Solange in dieses Höllenloch noch Bands wie "Animals As Leaders" kommen, ist für mich übrigens alles in Ordnung. Du hörst Dich übrigens wie meine Ex an, die in Hamburg wohnt und Hannover als "Dorf" bezeichnete. Okay, Hamburg ist schon etwas anderes. Da hat sie ja recht. Hannover interessiert mich eh nicht so, ist nur Mittel zum Zweck. Kennst du das DAX? Da sind meine Kumpels ständig und da laufen wohl auch Helene und Beatrice. Was für Mukke lief denn auf den JGAs, auf denen Du bisher warst? Ich musste mir gestern die Atemlos-Schändung "Arbeitslos durch den Tag" anhören, während wir mit einem Bier-Bike um den Maschsee fuhren. Immer schön warme Plörre im Becher und dazu Mukke aus der Hölle. Ich wohne ja in der Region Hannover und hier im Nachbarsdorf gibt es immer Erntefest. Da kann dann die 2-Mann-Feuerwehr zeigen, was sie so gelernt haben und im Festzelt gehen alle übelst ab. Klingt super, nicht?
Den letzten Kommentar hab ich anscheinend vor 7 Stunden geschrieben. Das war also zwischen 5 und 6 Uhr, ich war besoffen und man sollte mein Wort dann nicht für bare Münze nehmen...
Es sei der Fairness halber gesagt, dass Hannover gegen Burgdorf dann doch schon wieder eine Metropole ist und es in im Radius von 50 km eigentlich keine anderen sinnvollen Optionen gibt. Schön ist die Stadt auch. Viele Grünanlagen, der Maschsee/Maschpark, etc aber man merkt halt, dass die Stadt sehr kompakt ist und das für meinen Geschmack etwas zu sehr. Die Feiermöglichkeiten beschränken sich eben im Wesentlichen auf das genannte Steintorviertel und das Gebiet um den Raschplatz. Ein paar Ausnahmen gibts dann noch in den entfernteren Stadtteilen, die beschränken sich dann aber auf "den einen Club", für den man mit der Straßenbahn zur Endhaltestelle fährt, dann noch ne Viertelstunde laufen muss und dann ist das der einzige Laden da. Und da läuft dann sehr wahrscheinlich auch der Konserven-R'n'B, wie man ihn auch im Phoenix bekommt.
Was mir hier in Köln deutlich besser gefällt ist, dass die Stadt recht breit gefächert ist (dabei aber immer noch überschaubarer als das WIRKLICHE Höllenloch Berlin) und in fast jedem der zentraleren Viertel auch was los ist. Jeder Stadtteil hat so was wie ne eigene kleine City mit Einkaufsstraßen, die Clubs sind abwechslungsreicher, es gibt hier für alles eine gescheite Szene, Bars für die zotteligen Metaller reihen sich an abgeranzte Kulturzentren, wo ich dann bis in die frühen Mittagsstunden Drum'n'Bass, Acid House, Goa und die nötigen Substanzen bekomme, die man braucht, um den Scheiß auszuhalten.
Aber es ist mein Scheiß und ich liebe ihn. ^^
Bierbörse Dax kenn ich. War ich einmal drin und ein zweites Mal stand dann nicht mehr zur Debatte.
Und Feuerwehrfeste sind absolut unantastbar. Kein Mensch kann so viel saufen, wie ein Dorffeuerwehrmann.
Stalking ist strafbar; nur mal zur Info!
Kritik wie des öffteren nicht nachvollziehbar... Es ist und bleibt Pop Musik, Deutsche gut gemachte Pop Musik. In den FußStapfen der Fanta4. Bild und Ton 9/10 gesamt wertung 4,5/5. Macht gute Laune und geht ins Ohr. Kritik an die Kunst Figur Cro übersehe ich einfach mal und bedanke mich an Carlo Waibel und Lillo Scrimali, sowie allen anderen beteildigten für das gelungene MTV Unplugged.
Pop-Musik is nicht ne Entschuldigung für alles, und gute Laune war auch noch nie ein Kriterium für Musik. Verpiss dich.
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
Warum soll er sich verpissen? Weil er eine eigene Meinung hat? Ein Minimum an Respekt und Toleranz sind nie verkehrt.
Okay, Meinung ist differenziert. Ganz nachvollziehbar leider nicht, auch das "Deutsch" hat mich sehr gestört.
Und Unplugged war das ja nicht so richtig. Denn unplugged sollte eigentlich eine Reduktion des Sounds sein, hier hingegen wird ein ganzes Orchester aufgefahren.
Tut marbled, aber deine Meinung ist nun einmal nur oberflächlich und Mainstream, verpackt in intelligente Formulierungen.
Unplugged = Den Stecker der elektrischen Instrumente aus der Steckdose ziehen = Akustische Musik
als fan von unserem lieblingspanda sollte man sich von der scheußlichen bewertung nicht schrecken lassen. man hört auf diesem album deutlich, daß cro ein richtiger künstler ist, der wirklich musizieren kann. nicht nur ein von der industrie künstlich gestellter auf dem reißbrett erdachter deutschrapper.
Recht hast du pandilein. Es gibt ja viele gute MTV-Unplugged Alben, aber Cro hat hier eindeutig das beste rausgebracht!