Porträt

laut.de-Biographie

Fynn Kliemann

Fynn Kliemann zählt sicherlich zu den umtriebigsten Menschen des Landes. Hauptberuflich Webdesigner, kennt man den langen Hansel aus Norddeutschland vor allem über eines seiner tausend Projekte: Als YouTuber auf seinem eigenen Kanal "Heimwerkerking", der NDR-Koproduktion "Kliemannsland", als Autor des Buches "BUCH ÖV AEÖV EUEIJ" (2017), als "Schauspieler" in "Bibi & Tina 4" (2017), als Typ mit den lustigsten Instagram-Storys oder seit 2018 auch als Musiker.

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Dabei war dies alles vollkommen unbeabsichtigt. Als Besitzer eines Hauses in Zeven, irgendwo zwischen Hamburg und Bremen, bastelt sich der Hobbyhandwerker aus einem Rasentrimmer eine Steadycam und filmt den Spaß mit der GoPro. Um das Meisterwerk seinen Freunden zu zeigen, stellt Kliemann den Film auf YouTube. Schnell verbreitet sich der Clip und seine einzigartige Kombination aus norddeutscher Schnauze, Freude am Dilettantismus, kindlicher Begeisterung und herunterfallenden GoPros verschafft ihm eine Zusammenarbeit mit dem NDR.

Im Sommer 2016 baut er einen alten Hof um, nennt ihn Kliemannsland und entwirft damit einen Spielplatz für Kreative aller Art. Er selbst nimmt die Rolle des unangefochtenen Königs dieses Hofstaates (hihi!) ein, während sich Normalsterbliche (also Fans) als Bürger registrieren können.

Parallel dazu arbeitet er schon länger an Musik im heimischen Tonstudio, bringt sogar irgendwann mit einem Kumpel die Platte "Mit Vornam' James" heraus und tourt anschließend im ausgebauten VW-Caddy durch jede verfügbare Fußgängerzone, immer auf der Suche nach Spritgeld. Zu Hause produziert er daraufhin immer wieder neue Snippets, von denen er manche in seinen YouTube-Videos platziert.

Die meisten erblicken aber nie das Licht der Welt. Four Music bekommt Wind von der Sache und bietet Kliemann einen Plattendeal an. Den unterschriftsreifen Vertrag vor sich liegend, entscheidet Fynn im letzten Moment, auf ein Label zu pfeifen und lieber wieder alles selbst zu machen.

Um dennoch an das für die Plattenproduktion nötige Geld zu kommen, überlegt er sich eine ungewöhnliche Methode: Das Album soll exakt so oft produziert werden, wie es auch tatsächlich erwünscht ist. Sprich: Kliemann sammelt Vorbestellungen, um das Interesse genau überblicken zu können und so eine Überproduktion zu vermeiden. Was bringen einem schon Platten, die dann "bei 'nem Discounter in der Grabbelschütte liegen"? Sein Ende September 2018 erscheinendes Debütalbum "Nie" bietet eingängigen Alternative-Pop mit emotionalen Texten.

Kurz vor Veröffentlichung liegen die Vorbestellungen für CDs und LPs bei 70.000 Stück. In den Albumcharts findet man Kliemann trotzdem nicht, da er sein Album "Nie" nicht beim Marktforschungsunternehmen GfK angemeldet hat, das die Verkaufscharts in Deutschland ermittelt. Letztlich setzt Kliemann über 96.000 Alben rein über Vorbestellungen ab, davon 23.450 Fanboxen. Damit hat er das Bushido-Album "Mythos" mit rund 35.000 Käufern in der ersten Veröffentlichungswoche locker überholt.

Den Ablauf hinter den Kulissen dokumentiert er sorgfältig. Zum einen gibt es einen vierteiligen Podcast auf Spotify. Dort spricht Kliemann über die Kosten, seinen künstlerischen Prozess und seine Motivation. Viel umfangreicher fällt aber die filmische Dokumentation des Albums aus.

Den ganzen Aufnahme-Prozess filmt Kliemann und schneidet daraus eine Dokumentation. Diese soll eigentlich am 29. Mai 2020 in den Kinos anlaufen. Deren Schließung im Zuge der Corona-Pandemie macht diesem Vorhaben allerdings einen Strich durch die Rechnung. Ein Alternativplan muss her und ist auch schnell gefunden: Die Doku läuft einfach online, für nur einen Tag am 25. April 2020. Der virtuelle Start ist ein voller Erfolg. Mehr als 120.000 Tickets werden verkauft, ein Viertel der Erlöse fließen an die beteiligten Kinos.

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Der 29. Mai bleibt dennoch nicht Kliemann-frei. Denn an diesem Tag erscheint sein zweites Album "Pop". Eigentlich nicht eingeplant, kann er es aber wohl doch nicht lassen. Im Heim-Studio musiziert er ein Jahr lang vor sich hin und lässt im Januar 2020 eine entsprechende Ankündigung auf die Welt los.

Auch für "Pop" vertraut er seiner inzwischen bewährten Vertriebsstrategie und setzt sogar einen drauf. Ein Euro pro verkaufter Einheit fließt in einen Fond, der Nachwuchsmusiker*innen unterstützt. Welche Talente davon profitieren und einen Plattenvertrag auf Kliemanns eigenem Label erhalten, entscheiden die Käufer*innen des Albums.

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