laut.de-Kritik
Zwischen sentimentaler Zeitreise und Karaoke-Playlist.
Review von Emil DröllVier Jahrzehnte Bühnenkarriere - das muss man erstmal schaffen. Inka Bause feiert ihr 40-jähriges Jubiläum nicht mit einer kleinen Best-of-Playlist, sondern gleich mit einem monumentalen Doppelalbum: "INKA". 40 Songs aus 40 Jahren, eine musikalische Reise von Teenie-Jahren in der DDR bis zur heutigen Entertainerin mit eigenem Label.
Was nach einem nostalgischen Leckerbissen klingt, ist allerdings ein eher durchwachsenes Hörerlebnis - irgendwo zwischen sentimentaler Zeitreise und Karaoke-Playlist. Los geht's mit "Spielverderber", dem echten Highlight des Albums. Der Track groovt charmant und mit hohem Tempo. Das ist echter Schlagermelancholie-Vibe, verpackt in einem eingängigen Arrangement. Bauses Stimme klingt hier präsent und ausdrucksstark, dazu eine gute Produktion - da stimmt einfach das Gesamtpaket. Die nächsten paar Songs machen genauso weiter, zwar eher im langsamen Tempo, doch die 80er-Tracks machen nach wie vor Spaß.
Leider zieht sich der starke Einstieg nicht durchs ganze Album. Vieles auf "INKA" wirkt wie ein mühsamer Versuch, 40 Jahre Musikgeschichte zwanghaft zusammenzufassen. Zahlreiche Songs schwanken in der Qualität, nicht nur kompositorisch, sondern auch gesanglich. In vielen Momenten hat Bauses Gesang mehr Karaoke-Charakter als künstlerische Strahlkraft, vor allem, je aktueller die Tracks werden. Das ist gerade deshalb schade, weil ihre Biografie und ihr musikalisches Fundament eigentlich so viel mehr erwarten lassen.
Besonders tief sinkt das Niveau mit "Florian" - einem Song, der sich textlich in seichten Reimen verliert ("Florian" - "Achterbahn" lässt wirklich die Augenbrauen zucken) und klanglich irgendwo zwischen Karneval und Kinderdisko rangiert. Da der Song 2001 durch die Decke ging, kann man ihn sich aber wenigstens als musikalische Weiterbildung bis zum Ende anhören.
Das Gegenteil vom "Florian"-Reimwahnsinn ist "Mein Herz Bleibt Bei Dir" - ein Song, der tatsächlich eine gewisse Tiefe mitbringt. Bauses Stimme wirkt hier wieder reifer, der Song besser instrumentiert und dadurch greifbarer. "Ferner Mond" überrascht ebenfalls positiv - nicht ganz so offensichtlich kitschig wie viele der anderen Stücke. Der Song bricht ein wenig aus dem typischen Schlager-Trott aus, lässt Luft und Raum und zeigt, dass Bause musikalisch auch mal andere Wege gehen kann, wenn sie will. Auch "Ist Das Liebe" hat mit seinem satten Bassfundament eine gewisse Wucht - ein Ohrwurm mit Tanzflächenpotential, zumindest im Tanztee-Club. Wirklich schwer zu ertragen ist dagegen "Sei Happy" - ein Song, der so zwanghaft fröhlich daherkommt, dass man ihn nur erträgt, wenn man schon gut drauf ist. Andernfalls wirkt er eher wie der akustische Versuch, schlechte Laune zu verdrängen - mit dem subtilen Effekt, dass es einen nur noch schlechter gehen lässt.
Was bleibt also von "INKA"? Eine gut gestaltete musikalische Autobiografie, die durch ein Booklet mit persönlichen Geschichten und Bildern aufgewertet wird. Inhaltlich und musikalisch jedoch ist das Album mehr Masse als Klasse. Natürlich darf man nicht vergessen: Die Songs sind größtenteils alt, viele davon waren einst Hits in einem ganz anderen medialen und gesellschaftlichen Kontext - das darf man nicht völlig ignorieren. Trotzdem: Ein stimmiges, durchgängig überzeugendes Album klingt anders.
Für Hardcore-Fans von Inka Bause - oder solche, die ihre Entwicklung von der Teenie-Ikone zum TV-Star musikalisch nachverfolgen wollen - ist "INKA" eine Fundgrube voller Erinnerungen. Für alle anderen bleibt es eine durchwachsene Sammlung mit Licht- und Schattenmomenten, wobei letztere - vor allem bei den neueren Tracks - leider überwiegen. Zwischen Zeitkapsel und Karaoke - "INKA" ist ein ehrliches, aber musikalisch unausgegorenes Jubiläumsalbum mit ein paar guten Momenten. Doch 40 Songs sind 30 zu viel.
2 Kommentare mit 2 Antworten
Wie schön, dass man sich hier tatsächlich ernsthaft einem solchen Produkt widmet. Inka Bause ist natürlich wirklich weit davon entfernt, eine ernstzunehmende Künstlerin zu sein, ein paar Texte hat sie geschrieben und gesanglich ist sie in ihrer Unperfektheit bestenfalls sympathisch. Aber: Über die vielen Jahre hinweg waren tatsächlich ein paar Highlights dabei, die mich als unfreiwillig mit Schlagerradio Aufgewachsenen überzeugt haben. "Ferner Mond" liegt da weit vorne, ich habe mir damals sogar die Maxi-CD mit wirklich schönen Remixen gekauft. Die Komposition stammt übrigens aus der Feder von ihrem Vater, dem DDR-Hitproduzenten, ein schöner Text wurde dazu neu verfasst. Auch das erwähnte "Mein Herz bleibt bei dir" aus der Jack-White-Zeit hatte etwas. Na ja... Und das war es dann auch schon fast. Trotzdem sympathisch.
Man muss mit der Oberflächlichkeit in dieser Gesellschaft einfach seinen Frieden machen. Dass du zum Beispiel so perfekt deine Gefühle diesbezüglich regulieren kannst, hebt dich natürlich von anderen stark ab. Emotional bist du weit entwickelt, würde ich jetzt mal so aus der Ferne behaupten - als Mann schon mal eine Top Voraussetzung unter all den toxischen Machos, welche auf dem Heiratsmarkt stets den kürzeren Ziehen. Dinge benennen, Zweifel sind erlaubt aber einen versöhnlichen Abschluss finden. Für mich ist es noch ein weiter Weg, sehe ich.
Und dafür wünsche ich dir alles Gute! Auch was den Heiratsmarkt betrifft: Vielleicht findest du ja ein Herz im Stroh und bekommst Sommersprossen auf deiner Seele, dann bist du kein Übrigbleiber mehr ♥
Ganz schlimmer Dreck. Minus tausend Sterne.