laut.de-Biographie
John Maus
"I've always struggled with sleep and motivation and crazy feelings and emotions that just seem overwhelming. So I tried to share a little bit of that cruel insanity with people." (John Maus, Pitchfork, 2012).
Der amerikanische Musiker und Komponist John Maus hat schon immer Schlafprobleme und leidet an damit einhergehender innerer Unruhe und emotionaler Überforderung. In dieser Phase schreibt er den Song "Mental Breakdown" (2004). Wer an Schlaflosigkeit leidet kann nachvollziehen, was dieser Mangel mit dem Körper anstellt. In den Lyrics heißt es: "What the f*ck is going in my mind / Rising ... First call / They call it mental breakdown / Oh, oh."
Maus ist bekannt für seine extravaganten Live-Auftritte. Wie ein getriebenes Tier rennt er hin und her, rauft sich die Haare und schlägt sich selbst mit dem Mikro. Seine intensiven Gefühlsausbrüche auf der Bühne betonen die experimentelle Synth-Pop-Klangwelt und reflektieren seine innere Zerrissenheit. Persönliche Krisen pflastern seinen Weg und fordern ihn immer wieder heraus.
John Maus kommt am 23. Februar 1980 in Austin, Minnesota zur Welt. Nach seinem musikalischen Studium für experimentelle Musik folgt ein PhD in Politikwissenschaften an der University of Hawaii. In den 1990ern experimentiert er bevorzugt mit alten Synthesizern und es entstehen erste Lofi-Demos. Das erste offizielle Album "Songs" erscheint 2006. Seine Musik und seine Worte stecken voller Leidenschaft, seine tiefe Stimme durchbricht manisch den kühlen Elektronik-Sound. Maus neigt auch zur Übertreibung. Neben der Musik schreibt er eine ausführliche Dissertation über Kommunikationstechnologien als Mechanismen sozialer Kontrolle.
Immer wieder schwankt der Musiker und Philosoph zwischen Müdigkeit und kreativer Blockade. 2007 erscheint das zweite Album "Love Is Real", nach "We Must Become The Pitiless Censors Of Ourselves" von 2011 legt er eine VÖ-Pause ein. Erst sechs Jahre später taucht Maus mit "Screen Memories" wieder in den Plattenregalen auf. Fans und Kritiker sind begeistert. 2017 nutzt er die euphorische Zeit auch um zu heiraten. Im Folgejahr geht er dann zum ersten Mal mit Band auf Tour. Sein Bruder Joe begleitet ihn dabei am Bass und mit Live-Schlagzeug und Keyboards erhalten die Songs noch einmal eine ganz andere Dimension von Avantgarde-Pop.
Obwohl seine Auftritte gerne dramatisch ausfallen, könnte es Maus zu dieser Zeit nicht besser gehen. Die Liebe seines Lebens an seiner Seite betourt er Europa und findet stets ein zufriedenem Publikum vor. Leider hält die gute Stimmung nicht lange an. Während der Konzertreise stirbt sein Bruder Joe an einer seltenen Herzerkrankung. Kurze Zeit später auch noch sein Onkel, der wie ein zweiter Vater für John war und daraufhin auch noch seine Tante. Mit diesen Verlusten und der Trauer kommt Maus nicht zurecht. Sein gesamtes Umfeld leidet und auch seine Beziehung droht daran zu scheitern. Trost findet er im Glauben, in der Spiritualität und so kehrt er zurück zu seinen katholischen Wurzeln. Der Gang zum Gottesdienst wird zum regelmäßigen Ritual.
Am 6. Januar 2021 begleitet John Maus die Regisseurin Alex Moyer nach Washington D.C., wo sie die "Stop The Steal"-Proteste am Kapitol filmen will. Der amtierende US-Präsident Donald Trump hatte die Präsidentschaftswahl gegen Joe Biden verloren und mobilisierte seine Wähler, vor dem Parlamentsgebäude aufzulaufen. An jenem Tag kommt es zum historischen Sturm auf das US-Kapitol, einem beispiellosen Angriff auf die Demokratie, bei dem fünf Menschen sterben. Viele Videos kursieren danach online und in einem ist auch Maus inmitten von Demonstranten zu sehen. Genauso sein Musikerkollege Ariel Pink, der sich anschließend als Trump-Anhänger bekennt. Große Teile der weißen Indie-Bubble sind entsetzt und fordern den Boykott der Musik von Pink und Maus. Bei Pink reagiert etwa das Label Mexican Summer schnell und beendet die Zusammenarbeit.
Auch Maus muss sich als Faschist beschimpfen lassen, was ihn offenbar derart trifft, dass er jeden Kommentar zu seiner Anwesenheit am 6. Januar 2021 verweigert. Das macht es seinen Fans selbstverständlich nicht leichter, die genauen Motive zu verstehen. Erst 2024 erklärt der Musiker seine Anwesenheit in der Landeshauptstadt mit seinem Berufstermin mit Regisseurin Moyer. Zudem sei es "hinlänglich bekannt, dass Johns politische Ansichten eher links liegen und es versteht sich von selbst, dass er keine hasserfüllten oder spaltenden Anliegen unterstützt", schiebt sein Label nach.
2025 kehrt Maus mit dem Album "Later Than You Think" zurück. Erneut präsentiert er minimalistischen Synth-Sound und mischt diesen mit religiösen, aber auch politischen Gedanken. Ein Musiker zwischen Manie und Melancholie. Eine Kunstfigur, die sich nicht immer allzu ernst nimmt und seine Wave-Elektronik auch gerne mal in Weltmusik taucht und mit gregorianischem Gesang versetzt. Zum Jahresende 2025 lässt er sich auch mal wieder auf Europas Bühnen blicken.

