laut.de-Kritik
"Jude" ist nicht gleich "Hey Jude".
Review von Anne OhnmachtNach elf Jahren Pause kommt Julian Lennons nunmehr siebtes Album heraus. Das Cover ziert ein Kinderbild von Julian, und der Titel "Jude" spielt auf das für ihn verfasste Lied "Hey Jude" von den Beatles an. Paul McCartney schrieb es 1968 anlässlich der Scheidung von Juliens Eltern, und der Album-Titel liegt in seiner Handschrift vor. Das neue Album versammelt eine Auswahl an Songs der letzten dreißig Jahre: "Der Titel übermittelt die sehr reale Reise meines Lebens, welche diese Tracks repräsentieren", sagt Julian.
Einer der älteren Tracks ist "Every Little Moment", das mit nur wenig Überarbeitung in das Album aufgenommen wurde. Julians Stimme ist, zu Beginn nur von der Gitarre begleitet, sehr intensiv, klingt etwas kratzig und wirklich gut. Nach kurzer Zeit setzten spielerisch Bass und Schlagzeug ein und blubbern im Hintergrund des poppigen Songs. Die Brücke und das darauf folgende Gitarrensolo im zweiten Drittel halten die Spannung oben.
Eigentlich wollte ich versuchen, Julian als eigenständigen Künstler zu betrachten, aber "Love Don't Let Me Down" klingt mit dem Einsatz der Vocals wie ein lang verlorener Song von John Lennon. Ähnlich steht es um "Not One Night".
Erst 2020 änderte der Musiker seinen Namen von John zu Julian Lennon. "Ich war immer John, der andere John. Aber ich wollte ich sein", erklärte er jüngst in einem Interview. Das Lied "Love Don't Let Me Down" lässt einen immer wieder überlegen, warum es einem so bekannt vorkommt. Der Klavier- und Schlagzeugpart setzt es allerdings etwas von den Beatles-Werken ab, und auch der Refrain zeugt von Julians Eigenständigkeit.
Sowohl "Breathe" als auch "Lucky Ones" sind nett anzuhören, aber keine Knaller. Ersteres steigert sich durch immer intensiver werdende Geigenmelodien und die Spannung in Julians Stimme schön zum Refrain hin. Nachdem der dann erreicht ist, passiert aber nicht mehr besonders viel. "Lucky Ones" ist poppiger und klingt nach einem typischen Radio-Song. Nicht schlecht, aber auch nichts außergewöhnliches.
Die Ballade "Stay" fängt träumerisch an, Julians Stimme fügt sich gut in das Klangbild ein. Auch der Refrain berührt, danach wiederholt sich der Ablauf aber fast genau gleich und bietet wenig Abwechslung. Innerlich hat man mit dem Song abgeschlossen, bis es auf einmal zu einem mir unverständlichen und sehr harten elektronischen Bruch kommt. Bis dahin ein schönes Gute-Nacht-Lied packt einen der Song plötzlich an den Schultern und schüttelt einen so richtig durch. Danach geht's zurück zum Refrain, dieses Mal untermalt mit mehr Schlagzeug, was eigentlich gut passt, ein kleiner Schreck sitzt einem aber weiterhin in den Knochen.
Die angenehme, vom Klavier untermalte Stimme der französischen Künstlerin Elissa Lauper bietet einen tollen Start für "Gaia". Das Zusammenspiel klingt wie eine Spieluhr, auf der eine kleine Ballerina tanzt. Julian setzt etwas plötzlich ein und bevor man sich richtig auf ihn einstellen kann, ersetzt ihn bereits wieder Lauper. Paul Buchanan fügt sich passend und etwas drängender ein. Alles zusammen ergibt ein wenig den Eindruck, als erzählten die drei Künstler alle abwechselnd schöne Geschichten, die aber nichts miteinander zu tun haben. Ein schönes Lied, aber irgendetwas verwirrt und passt nicht ganz zusammen.
Viele von Julians Liedern sind sehr stimmig, das Album selbst bietet ebenfalls eine große Bandbreite und verschiedene Genres spielen mit hinein. Insgesamt ist das Album gut gelungen, aber dennoch nichts besonderes.
1 Kommentar
Ich finde dass er ein sehr aussergewöhnlicher Mensch ist und ein toller Künstler. Mir gefallen nicht alle Lieder sehr gut auf Jude, um so mehr die Vorgänger Alben.
Er ist ein sensationeller Fotograf, Komponist und Songschreiber. Überhaupt Texte schreiben ist seins