laut.de-Kritik
Aus Spaß wird Ernst.
Review von Amelie KöpplWenn eine Band ihr Album "Europa" nennt, erwartet man vielleicht auch eine Art musikalische Reise durch den Kontinent. Vielleicht erwartet man auch eine Fusion diverser europäischer Musikstile von Beat zu Balkan. Die Wahrheit liegt beim dritten Studioalbum der Chiemgauer irgendwo dazwischen.
"Tecno" beispielsweise: Mit munterem Stakkatorhythmus im Hintergrund eröffnen LaBrassBanda das elektronischste Studioalbum ihrer bisherigen Laufbahn. Vor allem im späteren Verlauf der Platte ("Frankreich") stellt sich ein lässig treibender Beat heraus, der eindeutig von Wrages Technohintergrund beherrscht wird. "Jaqueline" dagegen erinnert eher an älteres Material der Bläserbande. Fast schon in Balkanbeats abrutschend, wirkt die Nummer zwei jedoch mehr als Zugpferd für neue Experimente, wie beispielsweise "Holland".
Leiernder Gesang, leise Eröffnungssoli von Dettl an der Trompete und auf Ansage einsetzender Bass überholt "Jaqueline" auf Anhieb und macht Bock auf mehr. Weiter gehts mit "Schweden" im hohen Norden, wo straighte Bassline auf langgezogenes Posaunenspiel trifft. Ziemlich ungewöhnlich quetscht sich hier noch Stefan Dettls leicht verzerrte Stimme dazwischen mit Zeilen wie "Die Sunn scheint, schaus o. Vergiss ois, gehs o." ("Die Sonne scheint, schau sie dir an. Vergiss alles, geh es an.") ein sich fast schon sphärisch erhebendes Gesamtwerk.
Wenn sich gegen Ende alle Ebenen vom Mischpult bis zum Mundstück übereinander schieben, fühlt man sich vielleicht ein bisschen vor den Kopf gestoßen. Aber LaBrassBanda wissen ganz genau, wie sie den Liebhaber des Bewährten wieder für sich begeistern. "Z'spat dro" ("Zu spät dran") stimmt vorne wie hinten. Tanzbare Bläsersounds treffen auf Doublebass und herrlich alltagsnahe Texte.
Noch bevor die Hälfte von "Europa" rum ist, reiht sich ein bereits veröffentlichter Track ein. Mit "Nackert" haben die Chiemgauer nicht nur textlich den Mainstream des Eurovision Vorentscheids verfehlt. Nach anfänglichem Schmuseteil verliert die erste Singleauskopplung leider insgesamt schnell an Biss. Gut, dass in "Sarajevo" ein interessantes Instrumentalintermezzo zur Albummitte zu finden ist.
Auf der zweiten Hälfte sind LaBrassBanda kaum noch wieder zu erkennen. Synthie- und Delayeinlagen sowie früher 90er Disco dominieren "Frankreich". Die Bläserfraktion ist minimiert. In "Russland" spielen die Chiemgauer sich scheinbar über Tundren und Einöden hinweg und stimmen dabei nachdenklich an Stelle von tanzbar. "Western" und "Griechenland" wechseln die musikalischen Einflüsse anschließend wie die Unterhosen. Swing trifft wabernden Bass trifft auf Blechbläser. Und noch geht Dettl, daColl, Wrage, Hofmeir und Winbeck nicht die Puste aus. Lässig bewegen sie sich mit "Vogerl" in Richtung Finale.
In "Opa" scheinen LaBrassBanda erneut zu alter Form zurückgefunden zu haben. Mitsing-Refrains, Einfallreichtum beim Songwriting und ein kräftiger Schub an Blasinstrumenten. Last but not least werden sie sich auch bei "Hymne " scheinbar nicht ganz über ihren Schwerpunkt nicht ganz einig. Klar, ist jedoch, dass die eingeschobenen Textfragmente - wie schon bei "Suniachtn" - sich einem Mantra ähnlich mit Tuba, Trompete und Posaune zu einem Abschiedsgruß der besonderen Art vereinen. Ein letztes Mal wiegt der langsame Takt den Hörer in wohliger Wärme und lässt trotzdem so manche Frage offen.
Das Gesamtbild ist geprägt von elektronischen Beats und zeitweiliger Basslastigkeit; auch von Dettls Gesang. Dabei tritt der Text, der nach wie vor in bayrischer Mundart gehalten ist, hinter die Form. "Europa" bildet so ein Sammelsurium der musikalischen Brillanz der einzelnen Bandmitglieder und wendet sich vom Image der Spaß-Brasscombo ab, die von Auftritt zu Auftritt zieht, um gute Laune zu verbreiten. Gar keine schlechte Idee.
4 Kommentare mit 6 Antworten
Liebe Amelie! Noch einen aus der Wortspielhölle: "... und Ernst ist heute drei Jahre alt".
Dass bei einer Kapelle wie LaBrassBanda die mitgelieferte Lyrik mehr schmückendes Beiwerk als tragende Säule ist, liegt ja auf der Hand. Gar so sackdoof wie in "Jacqueline" müssen die Texte deswegen aber auch nicht gleich geraten. Totalausfall für mich. Überhaupt würde mir das Album nochmal deutlich mehr geben, wenn Dettl das - sogar von ihm - bereits ausgenudelte "weil i di mog" u.ä. aus seinem Vokabular verbannt hätte.
Musikalisch gefällt mir neben Holland und Z'spat dro besonders die zweite, atmosphärische Hälfte richtig gut. (die Art Sound hat sich schon auf dem Debüt bewährt).
Ein dickes Lob auch fürs tolle Artwork - bunt, schick, passend- und Booklet mit allen Songtexten (für den ein oder anderen Nicht-Südstaatler ja sicher nicht ganz unhilfreich )
Fazit: Die erhoffte Steigerung gegenüber dem etwas schwächeren Zweitling, ans überragende Debüt kommts (wie erwartet) nicht ganz ran.
Abschließend noch ein paar warme Worte Richtung Rezi- muss mir meinen anfänglich geplanten Spott, man hätte auch vorab ruhig Haus+Hof auf genau die 4 Punkte verwetten können, leider verkneifen(höhö), weil die Beurteilung der Songs mir aus der Seele spricht - dann wars das auch wieder mit meinem heutigen Logorrhoe-Anfall.
@Alex (« Liebe Amelie! Noch einen aus der Wortspielhölle: "... und Ernst ist heute drei Jahre alt".
»):
gnaaaahhh!
Das Album ist einfach geil
Biste jetzt fertig?
Der trollt doch.
Schleichd's eich, ihr Saubreissn.
den honk JeffLW gibts schon seit jahren. wahrscheinlich war er nur zwischenzeitlich an einem ort ohne internetzugang
JeffLW A Honk bin i, oba koa Mensch
Jetzt mach ich sogar schreibfehler... Oder Craze 2.0, möchtest du dich etwa in JeffLW 2.0 umbenennen?
und jahrelange ohne internetzugang? dann wäre ich längst tot
In Wahrheit bin ich ein 60jähriger Niederbayer, der seit 40 Jahren in Afghanistan lebt und kein Deutsch mehr spricht - obwohl er das noch nie konnte.