Der Einstieg in ihr drittes Album ist ein mutiger, biographischer Storyteller.
Leipzig (ynk) - Sie hätte es so einfach haben können: Katja Krasavice gehört gerade zu den Deutschrappern, die einfach nur einen einigermaßen griffigen Pop-Song machen müssten, und der Chart-Erfolg wäre ihr sicher. Nichts an ihrem Rollout verlangt von ihr, persönlich zu werden, ambitioniertere Songs zu produzieren oder wirklich Gedanken und Energie in ein neues Album zu investieren. Deswegen sollte man schon einmal anerkennen, dass sie es trotzdem macht. Das "Intro" zu ihrer dritten Platte - on brand mit den Namen "Pussy Power" - ist ein überraschend ehrlicher, schonungsloser und roher Hip Hop-Song, in dem sie von Kindheit an ihren bisherigen Werdegang nacherzählt.
Und selbst, wenn man ihre Musik normalerweise nicht fantastisch findet, kann man hiervor eine Menge Respekt haben. Denn "Intro" macht es sich auch nicht leicht, die klassische Girlboss-Geschichte so simpel und abgeschmackt nachzuerzählen, wie ein kommerzielles Release es wohl besser verdauen könnte. Im Gegenteil: Katja rappt fast vier Minuten durch, in denen sie den Leidensweg und das Aufopfern ihrer Mutter würdigt, mit ihrem nachlässigen und gewalttätigen Vater abrechnet, eine Migrationsgeschichte erzählt und nachvollziehbar macht. Sie erzählt von der Zeit ihres Aufwachsens und davon, für ihre Art, ihr Erscheinungsbild und (vor allem) ihr Geschlecht von Lehrern bis zu Geschäftspartnern nie ganz ernst genommen zu werden. Im Grunde erzählt sie die Geschichte, die sie schon sympathisch und nahbar (glaubt uns) in ihrem Buch "Die Bitch Bibel" zu Papier gebracht hat - plastisch in 3D noch einmal.
Natürlich gibt es Stellen, an denen sie arg mit dem Pathos kokettiert, und es gibt auch Einzeiler, die nicht die epochalen Mic Drop-Momente sind, die sie vielleicht sein wollen. Eine Zeile wie "und der Lehrer, der mich fragt, warum mein Klamottenstil so offen ist / wenn er nur wüsste, dass ich innerlich verschlossen bin" wird keinen Musik-Snob aus den Latschen hauen, ist aber vielleicht doch ein Gedanke, von dem sich viele Teenagerinnen sehr gut verstanden fühlen könnten. Und diese Art von Represent kann man gar nicht hoch genug anerkennen. Vor allem ist es aber die Intensität und die Delivery, mit der Katja auf "Intro" rappt. Der Beat ist minimal, ihre Stimme steht kahl im Fokus und ihr Rap und ihr Storytelling halten die Aufmerksamkeit der Laufzeit mit Leichtigkeit. Wenn das ihr erster Schritt ins neue Projekt ist, dann könnte "Pussy Power" vielleicht ein ganz wesentlicher Schritt nach vorne in ihrer künstlerischen Entwicklung werden.
14 Kommentare mit 35 Antworten
...und dabei gibt's genug Musikerinnen da draußen, die man mit einem Beitrag würdigen könnte.
Sie ist derzeit aber eine der angesagtesten und kreativsten Musikerin in Deutschland.
Angesagt bestimmt; kreativ und Musikerin? Diskutabel.
nope...
indiskutabel...
Heißt das Album nun "Pussy Patrol" oder "Pussy Power"?
Ja.
Danke.
Warum heißt es nicht "Pussy rasiert"? So spricht ihre Klientel doch ...
oder in eminem‘s worten: „muschi pussy“...
Haha, schon mal dran gedacht dass dieser „mutige“ Biographiemove genauso kalkuliert ist wie ein 08/15 Pophit? So verprellt man die yt-Fangemeinde nicht und holt sogar noch die ynks des Landes mit ins Boot.
"Haha, schon mal dran gedacht dass dieser „mutige“ Biographiemove genauso kalkuliert ist wie ein 08/15 Pophit?"
omg, nicht möglich. Ernsthaft, nenne mir einen (insbesondere weiblichen) Popstar der letzten 15 Jahre, der nach "kontroversem" Karrierbeginn nicht die "Ich-bin-jetzt-deep-und-nachdenklich"-Schiene hat folgen lassen.
Lasst den Yannik in Ruhe!
Ich möchte zu Protokoll geben, dass ich den guten Yannik gern hab. Ändert aber leider nichts an den regelmäßigen Geschmacksbruchlandungen, die er hier an die Leserschaft zu verhökern versucht.
geschmacks-bruchlandung klingt geilo...
der liebe yannik kann ja auch nichts dafür, dass er von der laut.de-geschäftsleitung dazu auserwählt wurde, derjenige zu sein, der die sparte „musik für musik-nicht-liebhaber“ bedienen muss...
Top song, emitionen kommen rüber. Sido referenz, alles toppi.
Eigentlich okayer Song, der dann sicherlich vom Album durch aufeinandergetürmte Belanglosigkeiten konterkariert wird. Nicht, dass ich ihr die Thematik nicht abnehmen würde, aber solch eine Rückschau bieten und boten doch viele Rapper:innen an, weil das nunmal auch gut ankommt. Yannik interpretiert da'n bisschen viel hinein.
Wenn man sich die Kommentare auf YT anschaut scheint besonders die Line "und der Lehrer, der mich fragt, warum mein Klamottenstil so offen ist / wenn er nur wüsste, dass ich innerlich verschlossen bin" bei den Fans gut anzukommen. Finde das sagt alles ^^
Zielgruppe erkannt und bedient. Road to bitches...äh...riches
"wenn er nur wüsste, dass ich innerlich verschlossen bin"
Hat er natürlich nicht gewusst. Allein die Annahme, freizügige Teenies ringen mit ihren Emotionen...vollkommen abwegig.