Das musikalische Programm der Eröffnungsfeier zog alle Register, blutroter Rauch, Pyro und eine kopflose Marie Antoinette inklusive.
Paris (dani) - Show können sie in Frankreich, mit dem Sich-Kurz-Fassen dagegen haben sie es nicht so: Vier Stunden lang zog sich am Freitagabend die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele, die in diesem Jahr bereits zum dritten Mal in Paris stattfinden. Trotz der Überlänge sprengten die aufgebotenen musikalischen Hochkaräter noch das Programm: Frankreichs diesjähriger ESC-Teilnehmer Slimane etwa cancelte zwar extra ein geplantes Konzert, um in Paris seine Edel-Schnulze "Mon Amour" zum Besten geben zu können. Sein Auftritt gehörte jedoch noch nicht einmal zur offiziellen Eröffnungsfeier, er sang "nur" bei einer Art Warm-Up-Veranstaltung in St. Denis. Ein ganz hust dezenter Auftritt:
Als ersten Act des eigentlichen Programms hatten die Verantwortlichen eine engagiert, die die ganz großen Bühnen erwiesenermaßen bravourös bespielt: Lady Gaga hieß willkommen, standesgemäß eingekleidet vom französischen Nobelmodehaus Dior: "Bienvenue à Paris!" Sie gab den Chanson "Mon Truc En Plumes" von Zizi Jeanmaire zum Besten. Ja, das war von der Songauswahl bis zur Garderobe alles sehr stylish und vor allem très français. Wie sie da aber, umschwärmt von einer Schar Tänzer mit Federpuscheln in Barbie-Pink die Île Saint-Louis in eine Showtreppe verwandelte, dürfte im Kopf manchen Loriot-Fans dennoch "Meine Schwester heißt Polyester"-Assoziationen geweckt haben.
Bei aller Liebe und jedem Respekt für Lady Gaga, verstehe ich dennoch nicht, warum über ihren Auftritt überhaupt noch irgendjemand spricht - nach Gojira. Ja, auch Revolution können sie in Frankreich: Deswegen verpflichteten sie für die Eröffnungsfeier eines weltweit beachteten Sportevents nicht nur eine knallharte Metalband, sie gaben ihr auch gleich die zweitgrößte denkbare Bühne: die komplette Fassade der Conciergerie ... und, oh, Gojira nutzten diese Riesenkulisse wahrhaftig aus. Zusammen mit Opernsängerin Marina Viotti coverten sie den Kampfgesang "Ah! Ça Ira", der einst zum Widerstand gegen Adel und Klerus aufstachelte. Nur angemessen also, dass eine kopflose Marie Antoinette den Auftritt eröffnete. Es lässt sich wirklich nur äußerst schwer in Worte fassen, was da so alles vonstatten ging, umrahmt von Pyro und blutrotem Rauch. Muss man gesehen haben:
Die größte Bühne zum würdigen Finale gehörte aber einer Künstlerin, mit der gar nicht mehr unbedingt zu rechnen war: Céline Dion kämpft mit schweren gesundheitlichen Problemen. Seit vier Jahren ist sie nicht mehr live aufgetreten. Mit dem Wissen um ihre Einschränkungen muss man vor ihrer Darbietung auf der Plattform des glitzernd illuminierten Eiffelturms noch ehrfürchtiger auf die Knie sinken als ohnehin schon: Ganz überlebensgroße Diva, schmetterte sie Edith Piafs "L'Hymne À L'Amour", als wolle sie sich und der Welt noch einmal mit aller Macht ins Gedächtnis zurückdonnern, welch großartige Sängerin sie einmal war und in Momenten wie diesen noch immer ist.
Nicht anzunehmen, dass wir noch allzu viele davon erleben werden: Dion gab 2022 bekannt, sie leide am Stiff-Person-Syndrom. Die seltene neurologische Autoimmunerkrankung äußert sich in stark erhöhtem Muskeltonus bis hin zu Krampfanfällen. Wer die erst kürzlich erschienene Dokumentation "I Am Celine Dion" gesehen hat, kann wahrscheinlich trotzdem nur vage erahnen, wieviel ihr dieser Auftritt abverlangt haben mag.
4 Kommentare mit 21 Antworten
Gojira ♥
ich versteh ja wahrlich nix von metal, aber, ALTER! was sind die großartig.
Ein echter Lichtblick im Metal der letzten 10 Jahre. Weder zu frickelig, noch zu kitschig, noch zu oft da gewesen. Dazu noch super sympathische Dudes, denen man diese große Bühne absolut gönnt.
2 mal live gesehen vor 10 Jahren. Spielen alles perfekt runter und sind keine typischen Metaller sondern rundum sympathisch und versiert ohne Ende.
https://www.youtube.com/watch?v=UvumbKmKuXM
Wie sich das Gehirn mit 'nem Bandschleifgerät massieren.
Durch und durch großartig!
"Burst into tears, I feel sad, my dreams aflame
The force is now away
Lie on a stone, drop this load and cry to see
The ocean planet is on burn"
Euch ist doch echt nicht mehr zu helfen.
Hab mich schon gefragt, wann Dein Kommentar kommt
Ja, versuche euch Schrammelheimer ja eigtl zu meiden, aber das ist schon zu wild:
"Wie sich das Gehirn mit 'nem Bandschleifgerät massieren.
Durch und durch großartig!"
"Ja, versuche euch Schrammelheimer ja eigtl zu meiden"
größte lüge des jahrhunderts, ma sagen
Craze sucht die Nähe, da seine buntgelockten tiktoker gerade kein neues Plagiat finden.
"größte lüge des jahrhunderts, ma sagen"
Wie kannst Du denn meinen Versuch bewerten? Ich habe ja nirgends gesagt, wie gut oder schlecht mir das gelingt.
Auf jeden Fall wird offenkundig stets und gerne dein Besuch verwertet
Ja klar. Ich weiß ja, dass bei Usern wie zB unserem Wingo das Herz einen Sprung der Freude macht, jedes Mal wenn sie einen meiner wertvollen Posts erspähen.
Der Drachenlord hat ja auch ein Gojira Schörd
@Hai
Ich bin ja bezogen auf Hip-Hop meist voll bei deiner Meinung und mag was du so schreibst, deswegen völlig ernstgemeinte und nicht schnippisch gemeinte Frage: Ist das für dich ein absolutes Ding der Unmöglichkeit, dass ne Metalband (die dazu noch die meisten Klischees vermeidet) gute Musik macht?
Ich bleibe ja normalerweise gern in der Muppet Rolle und die würde darauf latürnich mit "JA!" antworten, aber:
Ein Großteil meines engsten Freundeskreises sind seit jeher Meddl-Loide und von daher bin ich damit schon seit Jahrzehnten zwangsweise regelmäßig konfrontiert und weiß dementsprechend auch, dass es da zT auch nicen Stuff gibt, was ich da aber nice finde bleibt mein Geheimnis, sollte klar sein.
Was sich aber für mich aus dieser anekdotischen Evidenz und dem Verhalten der üblichen Verdächtigen hier glasklar und 100% als Fakt ableiten lässt ist, dass Klampfenbrüder sich und ihre Mucke, die zum Großteil endlos scheisse und cringe ist für viel zu wichtig und überlegen halten.
Ja fühl ich irgendwo. Gibt nach wie vor vereinzelte Bands, die ich sehr feier, aber zum WOA würden mich keine 10 Pferde kriegen. Bin dank älterer Geschwister selbst eher mit Meddl sozialisiert worden, aber der Hang des Genres zum pompösen Kitsch und nervige Gatekeeper, die einen für weniger männlich halten, wenn man mehr als ein Nirvana Album besitzt und selbst einen Kendrick nicht für "richtige Musik" befinden, haben schnell dafür gesorgt, dass ich mich genremäßig anderweitig umgesehen habe. Finde es super ärgerlich, dass diese Vögel auch nicht checken, dass ihr Verhalten potenziell an der Musik Interessierte eher abschreckt einen Zugang zu der Szene überhaupt zu suchen.
Aber Trottel, die sich und ihre vermeintliche Überlegenheit auf ihr Spartengenre reduzieren, hast dunach meiner Erfahrung in jeder Szene.
Hai hört insgeheim mäddl? Meine Weltsicht bricht zusammen!
War schon immer ein schweißgebadeter Kuttenzausel
Ich habe nie aus Eigenantrieb Meddl gepumpt. Es gibt Songs, die - wenn ich sie mal notgedrungen hören muss - nicht instant harten Brechreiz bei mir auslösen.
Alles langweilig, abgesehen von Gojira
Danke, Redaktion!
Ein Beitrag über Olympia, Symbolik und sonstige Mächte in der Unterhaltungsindustrie?
Ein Beitrag über beschissene Fake-Accounts wäre deutlich zielführender.
kann man wohl nicht erwarten.
Insgesamt natürlich eine Verhöhnungsangelegenheit; Ziel insgesamt weiter Öl ins Feuer gießen.