Die Zusammenarbeit der beiden Off-Genre-Weirdos bringt das Beste und Schlechteste ihres Songwritings hervor.

Cyberspace (ynk) - Ashnikko hält vom Konzept "Genre" nicht viel. Kaum ein Jahr spielt sie in den größeren Ligen der Internet-Musik mit, trotzdem hat sich die Musikerin schon durch so manche Kategorie geschlagen. 808-Brüll-Rap ("Stupid"), PC-inspirierter Pop ("Hi, It's Me"), polternder Alternative ("Tantrum") - und was auch immer "Working Bitch" war? Dreifacher Check mit rotem Filzstift. Im Gespräch mit laut.de muss sie lachen, fragt man sie nach ihrer musikalischen Selbstbeschreibung. Ihren nächsten Schritt hätte sie sicher nicht vorhergesagt: "Cry" rekrutiert Chef-Indie-Sonderling Grimes für einen Evanescence-Gedächtnis-Banger, angereichert mit ein bisschen Neo-Pop-Rap und Anime-Ästhetik.

Klingt, wie 2020 Musik eben klingen kann: rein mit ein paar Bars über Verrat und Wut, aber acht reichen, weil Sechzehner heute eh keiner mehr hören will und die Hook drängt. Dort schlägt die slicke Sci-Fi-Beatarbeit in einen richtigen Emo-Mahlstrom um. Emotionales Schrei-Singen über Gitarren-Lines, die nach Hot Topic-Haarextensions und grünem Nagellack klingen. Kurzes Interlude von Grimes im vollen "Miss Anthropocene"-Mad-Max-Feenköniginnen-Modus, dann nochmal Hook, kurzes Outro, rausschmeißen.

"Cry" reduziert einen emotionalen Zustand aufs Wesentliche und kommt mit einer Nummer heraus, die popkulturelle Ironie gleitend mit ehrlichem Melodrama vermischt. Das musikalische Sound-Design funktioniert genau, wie wir uns selbst zu "Wake Me Up Inside" verhalten. Ganz dazu bekennen möchte man sich nicht, aber ganz leugnen, dass solche Songs eine tiefe innere Seite ansprechen, kann man genauso wenig. Warum nicht also all-in damit gehen? "Cry" komprimiert Emo-Nostalgie und einen echten Breakdown Zeitgeist-gerecht.

Maßarbeit für TikTok

Dabei liegt natürlich gerade bei Ashnikko immerzu der Verdacht des TikTok-Baits nahe. Kaum ein Künstler bemächtigt sich der Plattform effizienter als Ashnikko, die nun schon zwei Mal darauf viral ging. Logisch, wo nur fünfzehn Sekunden vom Song zählen, gewinnt der, der verlässlich einen schrägen und immersiven Sound bastelt. "Cry" führt fort, was "Stupid", "Working Bitch" und "Tantrum" angefangen haben. Es steht kurz davor, selbst ein Meme zu sein. "Natürlich gehen Leute inzwischen ins Studio und sagen: Lasst uns doch einen Song für TikTok machen", bestätigt Ashnikko dann auch im Gespräch. Sie weiß eben, wie man es interessant macht.

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